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Highvolt: „Wir lassen es blitzen und krachen“

Highvolt-Monteure justieren die Elektroden an einer Hochspannungsprüfanlage in der Dresdner Werkhalle. Die Prpftechnik wird demnächst nach Südkorea geliefert und testet dort Trafos mit einer Million Volt durch. Foto: Heiko Weckbrodt

Highvolt-Monteure justieren die Elektroden an einer Hochspannungsprüfanlage in der Dresdner Werkhalle. Die Prüftechnik wird demnächst nach Südkorea geliefert und testet dort Trafos mit einer Million Volt durch. Foto: Heiko Weckbrodt

Prüftechnik aus Dresden ist weltweit begehrt – und beschert „Highvolt“ Umsatzrekorde

Dresden, 4. März 2014: Russen, Amerikaner und viele andere finden futuristische Prüftechnik aus Dresden hochspannend – und haben der Firma „Highvolt“ einen Wachstumsschub beschert: Rund 61 Millionen Euro setzte das an der Marie-Curie-Straße ansässige Unternehmen im vergangenen Jahr weltweit mit seinen Trafo- und Kabelprüfanlagen um, 27 Prozent mehr als im Vorjahr. „Das ist für uns ein neuer Umsatzrekord“, sagte Geschäftsführer Ralf Bergmann. Für diesen Jahr rechnet er mit 62 Millionen Euro.

„Ingenieurbüro mit angeschlossener Produktion“

Bereits 2008/09 hatte das Unternehmen in Übigau rund 7,5 Millionen in einen Ausbau der Produktion gesteckt und glaubte sich damit auf Jahre gerüstet. Doch wegen der guten Auftragslage hat „Highvolt“ kürzlich neun Millionen Euro in einen weiteren Ausbau investiert und seit 2012 rund 65 neue Jobs geschaffen. Knapp 250 Mitarbeiter – inklusive sechs Azubis – hat die Firma nun, die Hälfte davon Ingenieure. „Wir verstehen uns als innovatives Ingenieurbüro mit angeschlossener Produktion.“ 2014 stehen eher kleinere Investitionen von zirka einer Viertelmillion Euro ein – unter anderem soll eine Werkhalle so ausgebaut werden, dass sie luftkissenfähig ist. Heißt: Selbst ein Kind könnte dann die tonnenschweren Geräte auf kleinen Luftpolstern durch die Halle schieben.

Video (Heiko Weckbrodt):

Prüftechnik jagt eine Million Volt durch Trafos

Spezialisiert ist „Highvolt“ auf raffinierte und recht futuristisch wirkende Prüf- und Messanlagen, die wie übergroße metallische Pilze aussehen. Die saugen sich mit Energie voll, bis sie gespannt sind wie ein Blitz – mit Tausenden, oft sogar Millionen Volt.

Qualitätssicherung wird Kunden immer wichtiger

Diese Spannung wird dann beim Kunden durch Trafos, Überland-Leitungen oder andere Energietechnik gejagt. Die künstlichen Blitze sollen kleinste Wickelfehler in den Spulen und Kabeln oder andere Mängel ausmachen, bevor die Anlagen in richtig Betrieb gehen. Das Unternehmen baut auch fahrbare Anlagen, die dann wie Pilz-Laster beispielsweise an Meeresküsten stehen, um die Stromkabel von Offshore-Windparks durchzutesten.  „Unsere Prüftechnik ist entscheidend für die Qualitätssicherung und die wird den Kunden immer wichtiger“, betont Bergmann.

Negativbeispiel: Blackout in Schanghai

Was geschieht, wenn solche Tests nicht ernst genommen werden, hat erst jüngst ein „Blackout“ in Schanghai gezeigt: Da schmorte plötzlich das Verbindungsstück in einem zentralen Stromkabel durch – und auf einen Schlag gingen viele Lichter der chinesischen Metropole aus, blieben U-Bahnen stehen.

US-Konkurrenz ausgebootet

Highvolt-Geschäftsführer Ralf Bergmann. Foto: Heiko weckbrodt

Highvolt-Geschäftsführer Ralf Bergmann. Foto: Heiko Weckbrodt

Und wer so etwas vermeiden will, greift gerne zu „Highvolt“-Prüftechnik, denn die gilt als besonders hochwertig. Dank dieses Rufs konnten die Dresdner ihrer amerikanischen Konkurrenz in deren eigenen „Vorgarten“ jüngst einen fetten Auftrag wegschnappen: Für 13 Millionen Euro rüsteten sie ein Trafowerk von Mitsubishi in den USA mit Prüftechnik aus und setzten sich damit gegen den Mitbewerber vor Ort durch.

90 % gehen in den Export

Dieser internationale Erfolg ist kein Einzelfall: 90 Prozent der Produktion gehen in den Export. Ihren weltweiten Marktanteil beziffern die Highvolter auf 35 Prozent. Im Moment stellen sie eine Gleichstromprüfanlage für einen südkoreanischen Kunden fertig. Die sieht aus wie ein drei Stockwerke großer Pilzwald aus Stahl und Alu und wird bald mit einer Million Volt Spezial-Trafos in Fernost durchtesten.

E-Industrie ist mehr als stinkende Kraftwerke und hässliche Stromleitungen

„Viele verbinden ,Elektroindustrie’ mit schmutzigen Kraftwerken und hässlichen Stromleitungen“, weiß Bergmann. „Wir machen bei der Industrienacht mit, um zu zeigen, wie hochtechnologisch es bei uns zugeht, wie breit die Aufgaben sind, die wir lösen müssen. Vielleicht animiert das den Einen oder Anderen, Elektrotechnik zu studieren oder bei uns anzufangen.“

Trend geht zur Industrie 4.0 – Informatiker gefragt

Und im Unternehmen sind längst nicht mehr nur Elektroningenieure und Monteure gefragt, sondern auch Kaufleute mit technischem Verständnis, sogar Informatiker. Denn Highvolt hat inzwischen eine eigene Software-Abteilung aufgebaut: Weil immer mehr Kunden hochautomatisierte, vernetzte Prüfanlagen wollen, die Datenprotokolle und Statistiken ganz allein erstellen können. „Wir leisten da einen Beitrag zum Trend ,Industrie 4.0’, zur vernetzten Fabrik“, meint Bergmann. Der Besuch zur Industrienacht werde sich für die Neugierigen jedenfalls lohnen: „Wir lassen es richtig blitzen und krachen.“ Autor: Heiko Weckbrodt

-> Anmeldungen zur Langen Dresdner Industrienacht (24. Juni 2014) sind ab 24. März im Internet hier möglich. Da die Plätze limitiert sind, entscheidet bei Überbuchung das Los.

 

Aus der Historie:

Foto: Highvolt

Foto: Highvolt

– 1904 wird das Elektrounternehmen „Koch & Sterzel“ gegründet.

– 1948 entstand daraus der VEB Transformatoren- und Röntgenwerk (TuR).

– 1990/91 übernahm Siemens das TuR, gliederte aber außer der Trafo-Fertigung nach und nach die anderen Betriebsteile aus oder schloss sie.

– 1995 gründeten ehemalige TuR-Prüftechniker „Highvolt“, spezialisiert auf Hochspannungs-Prüf- und Messtechnik.

– 2002 übernahm die Reinhausen-Gruppe die „Highvolt“.

– Seitdem hat sich die Belegschaft von 75 auf nun knapp 250 Mitarbeiter erhöht.

Repro: Oiger, Original: Madeleine Arndt

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