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Kein Grund für deutsche Angst

Dr. Ghoerghe Cojoc ist ein Einwanderer - und wird als Forscher von seinen Kollegen sehr geschätzt. Foto: Christian Juppe

Dr. Ghoerghe Cojoc ist ein Einwanderer – und wird als Forscher von seinen Kollegen sehr geschätzt. Foto: Christian Juppe

Rumänischer Forscher Cojoc: Bundesrepublik profitiert von Einwanderung – und ist viel zu organisiert für Trickser

Dresden, 2. Februar 2014: Geboren ist Dr. Ghoerghe Cojoc in Bacău im Nordosten Rumäniens. Seit über drei Jahren lebt und arbeitet er mit seiner Frau Monika in Dresden. Seitdem analysiert der Optoelektronik-Ingenieur am Max-Planck-Institut für molekulare Zellbiologie und Genetik in der Johannstadt die wunderbare Welt der Zellen – wie sie sich teilen, wie sie untereinander Informationen austauschen, um nicht zu degenerieren, welche kleinen Reproduktionsfehler verantwortlich dafür sind, dass Krebs zu wuchern beginnt, welche mechanischen Kräfte im Grundkraftwerk der Natur wirken. Darauf versteht sich der 32-Jährige gut. Was er nicht so recht versteht, ist die jüngst entflammte deutsche Angst, die Bundesrepublik könne von rumänischen und bulgarischen Armen überflutet werden. „Das deutsche Sozialsystem ist derart solide und durchorganisiert – da hätte kaum ein Einwanderer eine Chance, es auszutricksen“, ist Ghoerghe Cojoc überzeugt. „Kurze Zeit mag das gehen, aber nicht auf Dauer.“

Das Zentrum wird an das Max-Planck-Institut für molekulare Zellbiologe und Genetik angedockt, in dem alles unter dem Zeichen der DNA steht - bis hin zum Treppenhaus in Doppelhelix-Optik. Abb.: hw

Das Helix-Symbol zieht sich durch das gesamte Max-Planck-Institut für molekulare Zellbiologe und Genetik. Foto: hw

Das beste Beispiel sei seine Gattin, die mit ihm nach Dresden kam: „Wir wären nie auf die Idee gekommen, meine Chefin, die mich hier ans Institut geholt hat, zu fragen, ob sie denn auch einen Job für meine Frau besorgen könnte – das hätte in Rumänien oder in Italien, wo ich vorher an einer Uni gearbeitet habe, den Geruch von Korruption gehabt.“ Und so ging die Pharmazeutin wie alle anderen brav zum Arbeitsamt, besuchte Integrationskurse, lernte binnen acht Monaten besser Deutsch als ihr Gatte – und suchte sich selbst eine Arbeit im „Oncoray“-Institut des Uniklinikums. Erst viel später erfuhren die Cojocs von den ganz besonderen Rundumsorglos-Paketen, die das Planck-Institut für internationale Gastwissenschaftler schnürt – zu dem auch Hilfe bei der Jobsuche für den Partner gehört.

Zahlen Steuern und Rentenbeiträge wir alle anderen

„Viele, viele meiner Landsleute, mit denen ich hier in Dresden per Facebook vernetzt bin, gehen anspruchsvollen Tätigkeiten nach, arbeiten in anderen Planck-Instituten, in den vielen Mikroelektronik-Unternehmen im Silicon Saxony, einer ist Kontrabassist in der Philharmonie“, widerspricht er Stammtisch-Szenarien, laut denen Südosteuropäer in Scharen nach Deutschland kämen, um hier auf Staatskosten auf der faulen Haut zu liegen. „Wir entrichten Steuern und zahlen in die Rentenkasse ein und tragen damit bei, dass der 70-jährige Deutsche heute ein Auskommen hat. Dabei bin ich mir nicht mal sicher, ob das jemand für mich tun wird, wenn ich mal 70 bin.“

„So läuft nun mal Globalisierung“

Die Furcht mancher Deutscher vor Einwanderung hält der Forscher ohnehin für Don-Quichotterie: Deutschland sei längst ein Einwanderungsland und profitiere davon. „In der Forschung würden wir auf der Stelle treten, gäbe es keinen internationalen Austausch. Einwanderer lindern für die Industrie den Fachkräftemangel und sind für die ganze Gesellschaft eine Bereicherung“, ist Cojoc überzeugt. „So läuft nun mal Globalisierung. Dies könnte man gar nicht zurückdrehen, selbst wenn man wollte.“ Autor: Heiko Weckbrodt

Repro: Oiger, Original: Madeleine Arndt

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