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Lego-Roboter retten Flutopfer

Justus Kullmann, Jordan und Maximilian Kotz (von links) bereiten im Dresdner Jugendhaus "Insel" ihren Roboter auf den Lego-Wettbewerb vor. Foto: Heiko Weckbrodt

Justus Kullmann, Tobis Jordan und Maximilian Kotz (von links) bereiten im Dresdner Jugendhaus „Insel“ ihren Roboter auf den Lego-Wettbewerb vor. Foto: Heiko Weckbrodt

Dänischer Spielzeugkonzern mobilisiert mit seinen Roboter-Wettbewerb jährlich Zehntausende Kinder fürs Tüfteln

Dresden, 30. Oktober 2013. Eine Tsunami-ähnliche Flutwelle rast durchs Elbtal, schließt Menschen in ihren Häusern ein, schneidet Versorgungslaster von der Straße ab. Doch siehe, Hilfe naht: Ein haushoher Rettungsroboter rollt an, transportiert mit Gigantenstärke Menschen, Lebensmittel und Kraftstoffe in die Evakuierungszone… Ein neuer Katastrophenfilm von Herrn Emmerich? Weit gefehlt: Die Rede ist vom Wettbewerbsbeitrag der Roboter-AG aus dem Dresdner Kinder- und Jugendhaus „Insel“ für die „First Lego League“, deren Regionalausscheid im November in Dresden ansteht. „Den wollen wir natürlich gewinnen“, sagt der 14-jährige Jungrobotiker Maximilian Kotz selbstbewusst.

20.000 junge Team weltweit am Start

Der dänische Spielzeughersteller Lego versteht es, immer mehr Kinder weltweit für seine Roboter-Wettbewerbe zu begeistern. Grafik: Hands on Technology

Der dänische Spielzeughersteller Lego versteht es, immer mehr Kinder weltweit für seine Roboter-Wettbewerbe zu begeistern. Grafik: Hands on Technology

Er und seine Mittüftler sind nur eines von mehr als 20.000 jungen Robotikteams aus über 50 Ländern, die weltweit jedes Jahr an den Kinder- und Jugendwettbewerben der „First Lego League“ teilnehmen.

In der Altersklasse der Zehn- bis 16-Jährigen sind es allein in Zentraleuropa in diesem Jahr 811 programmier- und bastelfreudige Kollektive, die miteinander um die raffiniertesten Roboter wetteifern. Das Thema in diesem Jahr: Naturkatastrophen.

Spielzeugwerbung und Jungforscher-Förderung in Einem

Ihnen allen gemein ist, dass sie auf den Roboter-Baukasten „Mindstorms NXT“ von Lego setzen, den das dänische Spielzeug-Unternehmen mit diesem Wettbewerb selbstredend bewerben will. Der ist mit Preisen ab etwa 330 Euro aufwärts zwar alles andere als billig, aber unter Robotik-Einsteigern weltweit extrem beliebt. Vorteil: Man kommt rasch zu Ergebnissen – sprich: autonom agierenden Robotern -, muss aber kein C++ zu beherrschen, um die Roboter auf Trab zu bringen.

Video von den Testfahrten:

Ikonische Programmiersprache senkt Einstiegshürden

Die ikonisch-grafische Programmiersprache von Lego fordert indes Logik und ähnliche Entscheidungsketten wie echte Hochsprachen: Was soll der Robot tun, wenn der Drucksensor anschlägt? Ausweichen. Was, wenn der Photosensor eine Linie auf dem gedruckten Boden findet? Folgen… Und natürlich müssen die jungen Eleven auch besondere Hardware-Lösungen erbasteln, um sich in den jährlichen Wettbewerben gegen die Konkurrenz durchsetzen – selbstredend nur mit Lego-Bausteinen.

30 Punkte für den Laster, vier für den Kanister

Wie weit der Anspruch geht, all dies ausschließlich in Lego-„Technologie“ zu realisieren, zeigt der nächste Testlauf der jungen Dresdner: Die haben ihr Flut-Szenario auf einem großen Tisch ausgebreitet, der der Speisetafel eines ganzen Familienclans alle Ehre machen würde: Hier wartet ein Flugzeug auf den Start, da ein Krankenwagen auf den Rettungseinsatz, dazwischen hat das „Hochwasser“ Öltanks und Lebensmitteldepots verstreut. Alles in Lego-Bausteinen natürlich: Die Menschen, die zu bergenden Benzinkanister und natürlich der Roboter selbst. Der muss im Kontest dann binnen zweieinhalb Minuten soviel retten wie möglich: „Für einen Laster, der in der Zielzone landet, gibt die Jury 30 Punkte, für einen Generator, Kanister oder andere Gegenstände gibt es jeweils vier Punkte“, erzählt der 15-jährige Justus Kullmann von der Dresdner Robotik-AG.

Akkugetrieben und programmgesteuert setzt sich der Robot auf zwei Rädern in Bewegung – und stößt erst mal den Mast um, von dem aus eigentlich das Lego-Flugzeug in die Evakuierungszone starten sollte. „Zu wacklig“, befindet Kotz und arretiert den Mast mit einer Schraubzwinge neu – natürlich auch aus Lego-Bausteinen gebastelt.

Weitgehend mädchenfreie Zone

Auch humanoide Roboter lassen sich mit den Mindstorms-Baukästen bauen - ganz billig sind sie jedoch nicht. Abb.: Lego

Auch humanoide Roboter lassen sich mit den Mindstorms-Baukästen bauen – ganz billig sind sie jedoch nicht. Abb.: Lego

„Ich hatte vorher schon mit dem Vorgänger-Bausatz RCX bei mir zu Hause gearbeitet und als ich vor sechs Jahren zur ,Insel‘ kam, entstand daraus die Idee, eine Roboter-AG zu gründen“, erzählt Maximilian, der „alte Hase“ im Team. Seitdem haben sich die vier Jungs – Mädchen haben sich bisher noch nicht für die Roboter-AG erwärmen können, weltweit liegt ihr Anteil bei gerade mal 21 Prozent – mehrfach erfolgreich in Lego-Wettbewerben geschlagen. Stolz zeigen sie auf mindestens ein halbes Dutzend Urkunden und Trophäen auf der Fensterbank, die beweisen, dass das Insel-Team „green SAPmarine“mit seinen originellen Roboter-Designs nicht nur in lokalen, sondern auch in länderübergreifenden Ausscheiden reüssierte.

Und diese Erfolgskette wollen die Teenager am 23. November fortsetzen, wenn in Dresden der diesjährige Regionalausscheid ansteht – die erste Stufe im internationalen Wettbewerb. Wie zur Aufmunterung rammelt ihr Robot beim nächsten Testlauf den Mast diesmal nicht um – sondern betätigt brav den Starthebel für den Flieger, der gen Zielzone startet, um dort Flutopfer zu bergen.

Im Kontest gilt: Gucken, nicht anfassen!

Während allerdings Max, Justus und Co. auf ihrem Übungsgelende dem KI-Kollegen noch den einen oder anderen Stups in die richtige Richtung geben können, gilt in drei Wochen, im richtigen Wettbewerb, das Prinzip „Gucken, nicht anfassen“: Für jeden menschlich-manuellen Eingriff ins Katastrophengebiet drohen Strafpunkte. Dann müssen sich die Jungs ganz darauf verlassen, dass alle Motoren rund laufen, dass sie die Künstliche Intelligenz (KI) schlau genug programmiert haben, um selbstständig auf Malheure zu reagieren. Und ein bisschen Zeit fürs „Fein-Tuning“ ist ja noch… Autor: Heiko Weckbrodt

Junior-Roboterwettbewerb „First Lego Leage“, 23. November 2013, 9-16.30 Uhr, Fakultät für Informatik der TU Dresden, Nöthnitzer Str. 46, mehr Infos hier
Repro: Oiger, Original: Madeleine Arndt

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