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Junge Dresdner falten Minifabriken gegen Krebs

Tüfteln noch wie die Wilden im Nano-Labor: Dilyana Kirova (vorn) und Gisela Gabernet Garriga. Foto: Hans-Georg Braun

Tüfteln noch wie die Wilden im Nano-Labor: Dilyana Kirova (vorn) und Gisela Gabernet Garriga. Foto: Hans-Georg Braun

TU-Studenten beteiligen sich mit „schlauen“ Nano-Kapseln an Wettbewerb in den USA

Während andere junge Menschen in sogenannten „Casting Shows“ herummodeln, stellen sich elf Dresdner TU-Studenten einer etwas komplizierteren Herausforderung: Sie haben mikroskopisch kleine Medizinfabriken konstruiert, die in Zukunft vielleicht einmal helfen könnten, Krebs zu heilen. Anfang November reisen sie nach Boston und stellen ihre raffinierten Nanokapseln in einem internationalen Studenten-Wettbewerb der Harvard-Universität vor.

Internationaler Studenten-Kontest der Harvard-Universität

„Wir sind schon ziemlich aufgeregt“, räumt Nachwuchs-Physiker Frederic Berndt aus dem studentischen Projektteam ein. „Aber ich freue mich auch sehr auf die USA – ich bin das erste Mal dort.“ Immerhin messen sich die „Dresden Nanormous“ (aus „Nano“ und „enorm“ gefügt) beim „BIOMOD“-Wettbewerb in den USA mit studentischen Spitzenteams von 29 Institutionen aus aller Welt und müssen mit ihrer Präsentation eine Jury aus erfahrenen Wissenschaftlern überzeugen.

Der Polymerpanzer (ila) schtüzt die Enzymfabrik im Innern. Die mit DNA-Origami gefalteten Tunnel (rot) lassen nur ausgewählte Moleküle passieren. Die Antikörper außen (blau) locken die kranken Zielzellen an. Abb.: Dresden Nanormous

Der Polymerpanzer (ila) schtüzt die Enzymfabrik im Innern. Die mit DNA-Origami gefalteten Tunnel (rot) lassen nur ausgewählte Moleküle passieren. Die Antikörper außen (blau) locken die kranken Zielzellen an. Abb.: Dresden Nanormous

DNA-Origami faltet Nanotunnel

Für ihre Arbeit haben sich die Bio-Nanotech-Studenten die japanische Faltkunst „Origami“ zum Vorbild genommen, wie Projektbetreuer Dr. Hans-Georg Braun vom Dresdner Leibniz-Institut für Polymerforschung (IPF) erklärt. Sie setzen „DNA-Origami“ ein, um aus bloßen Kapseln Mini-Pharmafabriken zu machen. Dabei bringen sie lange Kohlenstoff-Wasserstoff-Moleküle (Polymere) in Wasser mit speziell programmierten Gen-Code-Ketten zusammen, wie sie ähnlich auch im menschlichen Erbgut vorkommen.

Diese Atomketten haben ein paar wohl präparierte Besonderheiten: Die Polymere sind an beiden Enden wasserlöslich, so dass sich die Moleküle im Wasser an bestimmten Stellen aneinanderketten und so nach und nach Kunststoff-Kugeln mit gerade mal 200 Nanometer (Millionstel Millimeter) Durchmesser bilden. Diese Kapseln ähneln normalen biologischen Zellen, wie Dr. Braun betont, nur sind sie eben besser gepanzert.

Die DNA-Halbstränge wiederum haben ein paar absichtlich platzierte Fehlstellen, an denen sich keine Gegenstücke anheften können. Dort entstehen mikroskopisch kleine Schlaufen, an die sich andere Helix-Moleküle ketten, so dass nach und nach die gewünschte dreidimensionale Struktur entsteht – nämlich Tunnel.

Antikörper locken kranke Zellen an

Die Nanofabrik-Genese unterm Elektronenmikroskop. Foto: TUD

Die Nanofabrik-Genese unterm Elektronenmikroskop. Foto: IPF

Am Ende stehen Kapseln, in die Enzyme oder anderen Wirkstoffe eingeschlossen werden können. Die DNA-Origamis haben derweil kleine Tunnel in der Kapselwand gefaltet, die nur fünf Nanometer dünn sind, dass nur ausgewählte Moleküle durchpassen. Und der Außenpanzer der Kapseln ist mit Antikörpern beschichtet, die sich nur an kranke Zellen anheften.

Sinn dieses Konzeptes: Auf diese Weise könnten Mediziner in Zukunft vielleicht einmal in Patienten eine Art intelligente Suchsysteme injizieren, die sich zum Beispiel gezielt an Krebszellen anheften und diese vernichten, ohne gesunde Zellen ringsum zu schädigen. Allerdings werde es wohl noch Jahre dauern, so Braun, bis aus diesem Ansatz ein Praxiseinsatz erwachsen könne.

Das "Dresden Nanormous"-Team. Foto. Dresden Nanormous

Das „Dresden Nanormous“-Team. Foto: Dresden Nanormous

Die Kapsel-Idee kam den elf Studenten im Mai. „Ich war sofort begeistert, da mitzumachen“ erzählt Berndt. Vor allem der interdisziplinäre Ansatz habe ihn gereizt: „Da sind Leute aus der Biologie dabei, aus den Materialwissenschaften, ich selbst bin Physiker – da hat jeder ganz besondere Kenntnisse und Methoden eingebracht.“ Zudem sind auch gleich sechs Nationen im Team vertreten. Studenten, die aus ihrer Heimat an das Biotechnologische Zentrum der TU Dresden gekommen waren.

Interdisziplinäres und internationales Studenten-Team

Und: „Wir waren auch sehr fasziniert, wie sehr uns Professoren von allen möglichen Institutionen sofort geholfen haben“, sagt Berndt. So stellten TU-Labore, Forscher des IPF, des Forschungszentrums Rossendorf und aus Basel ihre Gerätschaften und Expertise zur Verfügung. „Dieses Projekt ist ein exzellentes Beispiel dafür, wie gut der hiesige Forscherverbund ,dresden concept’ über Institutsgrenzen hinweg funktioniert“, meint Dr. Braun. Heiko Weckbrodt

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Repro: Oiger, Original: Madeleine Arndt

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