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Digitaler Todesstoß für Zettelwirtschaft

Die Jung-Mathematiker Jacob Focke, Florian Berninger und René Phan (v. l.) sind die Gründer von TimesThreeApps und wollen mit ihrer App "Arundo" mit der Zettelwirtschaft im Hörsaal Schluss machen. Foto: TimesThreeApps

Die Jung-Mathematiker Jacob Focke, Florian Berninger und René Phan (v. l.) sind die Gründer von TimesThreeApps und wollen mit ihrer App „Arundo“ mit der Zettelwirtschaft im Hörsaal Schluss machen. Foto: TimesThreeApps

Dresdner Stundentenfirma „TimesThreeApps“ stopft Schreibtische per App ins iPad

Dresden, 26. Juli 2013: Drei junge TU-Mathematiker aus Dresden wollen der Zettelwirtschaft in Hörsälen den Garaus machen und Uni-Vorlesungen ins Tablet-Zeitalter katapultieren: Sie haben die Firma „TimesThreeApps“ gegründet, um im Herbst das Programm „Arundo“ zu veröffentlichen. Damit können dann Studenten auf Tablettrechnern (Tablets) Vorlesungen digital mitschreiben, sie mit allerlei Studienunterlagen auf einem virtuellen Schreibtisch verknüpfen und per iPad für Prüfungen pauken.

Welcher Kreativling kennt das nicht: Der große Schreibtisch ist übersät mit Notizzetteln, handschriftlichen Aufzeichnungen, Büchern, nicht zu vergessen die elektronischen Unterlagen, die alle zu einem sinnvollen Ganzen gefügt werden wollen. Chaos-Alarm! Doch wie heißt es so schön im Tablet-Zeitalter? Dafür gibt’s eine App – ein Miniprogramm für mobile Rechner.

App „Arunda“ organisiert Vorlesungsnotizen auf virtuellen Tischen

Die Oberfläche der App "Arundo" ist in virtuellen Schreibtischen organisiert. Foto: TimesThreeApps

Die Oberfläche der App „Arundo“ ist in virtuellen Schreibtischen organisiert. Foto: TimesThreeApps

An der programmieren derzeit die „TimesThreeApps“-Gründer René Phen, Florian Berninger und Jacob Focke noch fleißig herum. Denn „Arunda“ soll bald dafür sorgen, dass jeder Nachwuchsakademiker gleich mehrere fein sortierte Schreibtische virtuell mit sich herumtragen und mit in den Hörsaal schleppen kann – und dies im Format eines A4-Papierblocks.

„Als Mathe-Studenten haben wir von der Tafel abgeschrieben, was uns dort der Professor aufgeschrieben hat. Wenn man diese Papiermitschriften mit Kommilitonen teilen oder sich auf Prüfungen vorbereiten wollte, wurde es schnell kompliziert“, erzählt Phan über die Wurzeln des jungen Unternehmens, das seinen Sitz noch im Willersbau der TU hat. „Die Idee war: Heutzutage haben ohnehin viele Studenten ein iPad oder ein anderes Tablet. Darauf kann man doch einen ganzen Schreibtisch oder gleich mehrere abbilden.“

Die Entwicklung einer iPad-App sei durchaus recht aufwändig und langwierig, betont Berninger: Man benötigt dafür das Apple-Programm „Xcode“, das auch nur auf Apple-Geräten lauffähig ist. Allerdings rücke zunehmend auch das Windows-Entwicklungsprogramm „Xamarin“ für den App-Entwurf in den Fokus der Entwickler. Weitere Hürde: Bevor eine App den Weg ins App-Store schafft, bedingt sich Apple einen Monat Prüfzeit aus. Was der US-Elektronikkonzern dabei alles „prüft“, ist nicht bis zum Letzten bekannt. Es dürfte sich aber um Kompatibilitäts-Fragen, Urheberrecht und Verstöße gegen den Apple-Kodex (Beispiel: kein Sex) handeln.

Gedankenwolke vernüpft gesammelte Infos

Zumindest vor dem „Schweinkram-Test“ dürfte „Arundo“ wohl keine Sorgen haben, handelt es sich doch um ein Programm von Wissenschaftlern für Wissenschaftler. Dabei ist die App allerdings mehr als nur ein Programm für handschriftliche Notizen, von denen es für das iPad schon einige gibt. Die App zählt eher zur Sparte „Wissensmanagement“, verknüpft Ideen, Notizen, Abbildungen und andere Dokumente zu einer „Mindmap“. Dabei handelt es sich um eine Art „Gedankenwolke“ auf dem oberen Teil des Tablet-Bildschirms, die wie ein Blasennetz Argumentationsstränge zum Beispiel für eine geplante wissenschaftliche Abhandlung sammelt. Und jeder Fakt in der Kette ist mit beweiskräftigen Dokumenten verknüpft, die der Student gesammelt hat und die er fortan per Fingergeste immer wieder aufrufen kann, seien es nun Vorlesungsnotizen, Internetseiten, eBuch-Passagen oder Fotos.

Werbevideo (TimesThreeApps):

Besonders stolz sind die Jung-Mathematiker auf ihren elektronischen Notizblock für Digitalstifte, den sie so programmiert haben, dass auch Formelzeichnungen und Winzig-Mitschriften kein Problem mehr sein sollen. Des weiteren lässt „Arundo“ den Austausch von Vorlesungsnotizen mit anderen Studenten per Cloud (Internet-Rechnerwolken wie „Dropbox“) zu. Zudem wandelt „Arundo“ auf Wunsch Vorlesungsnotizen in digitale Karteikarten um und fragt den Nutzer damit vor Prüfungen ab. Auch Taschenrechner und andere Hilfsmittel des akademischen Alltags sind an Bord – all das eben, was man auch auf einem klassischen Schreibtisch findet, nur dass der eben in keinen Hörsaal passen würde.

1. Preis im Stundentenwettbewerb „Exit Prime Cup“

René Phan und Florian Berninger sind mit ihrem Test-iPad auf dem TU-Campus unterwegs. Foto: Heiko Weckbrodt

René Phan (l.) und Florian Berninger sind mit ihrem Test-iPad auf dem TU-Campus unterwegs. Foto: Heiko Weckbrodt

„Unsere Zielgruppe sind vor allem Studenten der Naturwissenschaften“, sagt Phan. „Aber wir hoffen natürlich, dass unsere App auch für andere Anwender interessant ist.“ Einen ersten Preis im bundesweiten Wettbewerb „Exit Prime Cup“ hat das Konzept bereits gewonnen, im Mai 2012 folgte die Firmengründung und nun arbeitet sich das Trio zur Marktreife vor.

Im Oktober oder November soll die iPad-App in einer Gratis- und in einer Bezahlversion in Apples App-Laden im Internet stehen, eine Variante für Android-Tablettrechner später folgen. Von ihrem Konzept sind die Macher überzeugt: „Wir haben kein Konkurrenzprodukt gefunden, das Ähnliches bietet“, meint Phan. Heiko Weckbrodt

Zum Weiterlesen:

Dresdner Antwort auf Prism und Google

Repro: Oiger, Original: Madeleine Arndt

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