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135 Millionen Euro vom Bund für Dresdner Zukunftsprojekte

Laserzentren sollen aus Titan und anderen Hightech-Wwerkstoffen künftig schier unmögliche Bauteile billig und materialsparend herstellen können. Foto: IWS Dresden

Laserzentren sollen aus Titan und anderen Hightech-Wwerkstoffen künftig schier unmögliche Bauteile billig und materialsparend herstellen können. Foto: IWS Dresden

Halbe Milliarde aus „Zwanzig20“-Programm – die Hälfte geht an sächsische Vorhaben

Dresden/Berlin, 18. Juli 2013. Bundesforschungsministerin Johanna Wanka (CDU) hat gestern in Berlin eine knappe halbe Milliarde Euro für industrienahe Spitzenforschungsprojekte in Ostdeutschland bewilligt. Die Hälfte der zehn Konsortien, die einen Zuschlag im Rahmen des Programms „Zwanzig20 – Partnerschaft für Innovation“ bekamen, sind sächsische Vorhaben. Allein 135 Millionen Euro gehen an drei Dresdner Projekte.

Lebensrettende Autoelektronik

Das Konsortium „FAST“ (Fast Actuators Sensors and Transceivers“ = „echtzeitfähige vernetzte Sensor- und Aktorsysteme“) zum Beispiel hat das Ziel, elektronische Systeme deutlich reaktionsfreudiger zu machen und schneller zu vernetzen – und letztlich Menschenleben zu retten. Das Projekt ist mit insgesamt 75 Millionen Euro dotiert, davon kommen 45 Millionen vom Bund. Den Rest bringen die knapp 50 Projektpartner aus Wirtschaft und Wissenschaft selbst auf.

 

Superschnelle Elektronik soll die Reaktionszeiten von Fahrerassistenz-Systemen drastisch senken und nso Unfälle verhindern. Abb.: FAST, TUD

Superschnelle Elektronik soll die Reaktionszeiten von Fahrerassistenz-Systemen drastisch senken und nso Unfälle verhindern. Abb.: FAST, TUD

„Wir wollen Elektronik wirklich echtzeitfähig machen, so dass zum Beispiel künftige Fahrerassistenz-Systeme fähig sein werden, durch schnellen Datenaustausch zwischen Autos Unfälle zu vermeiden“, erklärte FAST-Projektkoordinator Prof. Frank Ellinger von der TU Dresden. „Dabei verfolgen wir einen ganzheitlichen Ansatz und packen das Problem von allen Seiten an: Hardware, Software, Funkprotokolle, Standards…Denken Sie etwa an einen Wagen, der mit 100 Stundenkilometern unterwegs ist: Der legt in der berühmten Schrecksekunde des Fahrers rund 30 Meter zurück – oft zuviel, um einen Unfall noch zu vermeiden“, beschreibt der Schaltungstechnik-Experte die Vision von FAST. „Wir wollen die Reaktionszeiten elektronisch vernetzter Systeme auf unter eine Millisekunde drücken. In der Zeit würde sich das selbe Auto nur 30 Zentimeter weit bewegen und ein automatischer Fahrerassistent könnte noch rechtzeitig eingreifen.“

Superfeste Brücken aus Karbonbeton

Weitere 45 Millionen Euro gehen an „C3“, das vom Dresdner TU-Institut für Massivbau geleitet wird. Insgesamt 79 Partner, die zum Gesamtetat noch einmal 23 Millionen Euro dazugeben, wollen in diesem Projekt „Carbon Concrete Composite“ in Zukunft Stahlbeton durch kohlenstoffverstärkten Leichtbaubeton ersetzen. Dadurch sollen ganz neue, filigranere Bauweisen ermöglicht, außerdem die Haltbarkeit zum Beispiel von Autobahnbrücken drastisch erhöht werden.

„Dritte Industrielle Revolution“

Mit gleicher Summe gefördert wird auch das Projekt „Additiv-Generative Fertigung“ unter der Federführung des Dresdner Fraunhofer-Instituts für Werkstoff und Strahltechnik (IWS). Dort möchten 40 Firmen und Institute durch ein noch junges Fertigungsverfahren eine „Dritte Industrielle Revolution“ auslösen. Dabei werden selbst komplizierteste Bauteile nur am Computer entworfen und dann ohne weitere Zwischenschritte direkt an eine Laser- oder Elektronenstrahl-Maschine geschickt, die dann die Form durch schichtweisen Materialauftrag erzeugt – das Konzept ähnelt einem 3D-Laserdrucker im professionellen Maßstab, der aber nicht nur einfach Bauteile, sondern auch Hightech-Komponenten aus Titan oder Keramik erzeugen soll.

Wie aus dem 3D-Laserdrucker – nur besser

„Mit der additiv-generativen Fertigung können Produkte hergestellt werden, die mittels herkömmlicher Fertigungstechnik gar nicht oder nur mit unbezahlbarem Aufwand produziert werden können“, erläuterte Projektkoordinator Prof. Christoph Leyens. Dies könne der Industrie in den Neuen Bundesländern einen entscheidenden Wettbewerbsvorteil verschaffen. Die Zeit dränge aber, denn auch in den USA, in Großbritannien und China seien gerade entsprechende Initiativen im Gange.

Enorme Materialersparnis erwartet

Nicht zu unterschätzen seien auch die Kosten- und Umweltvorteile: Die Anlagen werden zwar teuer in der Anschaffung sein, aber sparsam mit dem Material umgehen: „In der Luftfahrt gibt es heute teilweise Bauteile mit 98 Prozent Zerspanungsanteil“, erklärte Leyens. „Das heißt, Sie kaufen 100 Kilogramm teures Metall und fräsen und bohren solange daran, bis zwei Kilo gewünschte Form bleiben. Unsere Methode dagegen kommt mit minimalem Nachbearbeitungsaufwand aus, da das Material aus einem Pulver oder Draht abgeschmolzen und direkt zum Formaufbau eingesetzt wird.“

„Die hohe Erfolgsquote sächsischer Konsortialführer ist ein großer Erfolg“, kommentierte Sachsens Forschungsministerin Sabine von Schorlemer (parteilos) den Fördergeldfluss in den Freistaat. „Unser Ziel ist es, dass Sachsen bis zum Jahr 2020 zu den wissenschaftlich und wirtschaftlich führenden Regionen Europas zu gehören. Zuletzt lagen die Aufwendungen von Staat und Wirtschaft im Freistaat bei 2,92 Prozent des Bruttoinlandsprodukts. Damit haben wir fast die europäische Zielmarke von drei Prozent erreicht und liegen im Bundesvergleich an fünfter Stelle hinter Baden-Württemberg, Berlin, Bayern und Hessen.“ Heiko Weckbrodt

Repro: Oiger, Original: Madeleine Arndt

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