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Chinas „böse“ Solarindustrie hilft Deutschland bei Energiewende

Modulfertigung bei Solarworld - das Unternehmen mit Hauptproduktions-Standort in Freiberg gehört zu den wenigen deutschen Firmen, die wie später die Chinesen die ganze Wertschöpfungskette vom Silizium bis zum Endprodukt integriert haben. Abb.: Solarworld

Modulfertigung bei Solarworld - das Unternehmen mit Hauptproduktions-Standort in Freiberg gehört zu den wenigen deutschen Firmen, die wie später die Chinesen die ganze Wertschöpfungskette vom Silizium bis zum Endprodukt integriert haben. Abb.: Solarworld

AE Photonics: Viele deutsche Solarfirmen haben Schritt von Manufaktur zu Fabrik einfach verschlafen

Dresden, 30.3.2012: Während deutsche Solarzellen-Hersteller auf die subventionierte Konkurrenz in Asien schimpft, Solarworld gar eine Anti-Dumping-Klage in den USA anstrengt, warnen andere Photovoltaik-Unternehmen – die am anderen Ende der Wertschöpfungskette agieren – vor anti-chinesischer Hysterie: Letztlich helfen die Chinesen, die viel beschworene Energiewende hin zu erneuerbaren Stromquellen überhaupt bezahlbar zu machen, meint Mike Renner, Manager bei der Dresdner Firma „AE Photonics“ (AEP).

Renner: Erst die Chinesen erfüllen das Hauptanliegen des EEG

Mike Renner. Abb.: AEP

Mike Renner. Abb.: AEP

„Ohne die Chinesen, die Solarzellen und -module in großen Mengen auf den Markt geworfen haben, wäre Photovoltaik-Technik heute nicht so billig wie sie ist“, betont Renner. „Damit erfüllen sie im Grunde das Hauptanliegen der deutschen Energieeinspeise-Gesetze.“

Modulpreis pro Kilowatt auf unter 2000 Euro gesunken

Noch 2009/10 waren deutsche Solarmodule etwa 50 bis 60 Prozent teurer als chinesische Produkte, erzählt Renner. „Heute liegt die Preisdifferenz nur noch bei 15 bis 20 Prozent.“ Folge: Statt über 3000 Euro pro Kilowatt installierter Solarstromleistung (entspricht etwa acht Quadratmetern Fläche) bezahlt der Kunde heute unter 2000 Euro – da macht „Öko“ gleich mehr Spaß.

„Chinesische Module sind heute deutschen ebenbürtig“

Auch qualitativ habe das Reich der Mitte enorm zugelegt, meint der AEP-Manager. Das alte Argument, die billigeren chinesischen Module hätten eben auch viel niedrigere Ausbeute und eine kürzere Lebensdauer als die deutsche Qualitätsware, gelte längst nicht mehr: „Die Zellen und Module der führenden chinesischen Hersteller sind den deutschen heute technologisch ebenbürtig“, sagt Renner. Daher setze AEP – das eben keine eigene Zellen herstellt, sondern fertige Module vertreibe, zu Komplettlösungen wie Sonnenkraftwerken montiere oder zu Endprodukten wie eben Solarpumpen kombiniere – inzwischen auch zu 70 Prozent chinesische Technik ein, der Rest entfällt auf deutsche Module.

Großzügige Kredite – aber keine Direktsubventionen

Nicht bestätigen mag Renner auch das viel beschworene Argument, die chinesische Regierung subventionierte ihre Solarfabriken massiv, um die westliche Photovoltaik-Branche aus den Weltmärkten zu drängen. Richtig sei, dass chinesische Banken inländischen Solarfabriken auf politischen Druck großzügige Kreditlinien eingeräumt haben. Dies ist zwar auch eine indirekte Form der Subvention – das deutsche EEG geht da mit seinen vom Endverbraucher gestützten Ökostrom-Preisen aber viel weiter. „Die Chinesen haben sogar einen betriebswirtschaftlichen Nachteil, da sie keine Mitarbeiter entlassen dürfen, selbst wenn die Nachfrage drastisch sinkt“, berichtet Renner. Auch der Lohnunterschied zum Westen beginne zu schrumpfen.

Ganze Ketten vom Silizium bis zum Endprodukt integriert

„Die Chinesen haben einfach klüger agiert als viele Solarfirmen gerade in Mitteldeutschland, die den Sprung von der Manufakturherstellung zum großindustriellen Maßstab verschlafen haben“, glaubt Renner. Vor allem die konsequente Massenfertigung, die Integration ganzer Wertschöpfungsketten vom Silizium bis zum fertigen Modul – um unabhängiger von Rohstoffpreisen zu sein – und der Einkauf modernster westlicher Technik habe die chinesische Photovoltaik an die Spitze des Weltmarktes katapultiert, ist der AEP-Manager überzeugt.

„Da wird viel kaputt gemacht“

Dies ändere freilich nichts an seiner Kritik am aktuellen Polit-Theater in Deutschland um die Solarstromförderung: „Die Vergütungen müssen bezahlbar bleiben, sogar sinken, denn letztlich löhnt dafür der Bürger“, sagt Renner. Innerhalb weniger Monate jedoch alle Vergütungs-Pläne über den Haufen zu werfen, wie es die Bundesregierung derzeit tue, das verschrecke jeden Investor und jeden Bauherrn. „Da wird viel kaputt gemacht, was Deutschland in vielen Jahren mit Steuergeldern und Stromangaben aufgebaut hat.“ Heiko Weckbrodt

-> Zum Weiterlesen:

„Deutsche Solarpumpen lassen Marokkos Wüsten blühen“

Repro: Oiger, Original: Madeleine Arndt

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