In der Sci-Fi-Satire „Iron Sky“ ist der Krieg etwas anders zu Ende gegangen: 1945 setzen sich die Nazis mit Reichsflugscheiben zum Mond ab. Unbeobachtet errichten sie in den folgenden Jahrzehnten auf der Rückseite unseres Trabanten eine Basis, bauen Weltraum-Zeppeline und andere Kriegsschiffe – bis im Jahr 2018 eine bemannte US-Sonde in ihrer Nähe landet, befehligt auch noch von einem „Neger“. Überstürzt ordnet der abgetakelte Mond-Führer Kortzfleisch (Udo Kier) eine Erkundungsmission gen Erde an und schickt seine besten Leute: Nachwuchs-Führer Adler (Götz Otto) und die gleichermaßen scharfe wie idealistische Blondine Renate Richter (Julia Dietze). Ihre Hauptmissionen: Den Meteor-Blitzkrieg gegen die USA vorbereiten und einen Computer für die V-Waffe „Götterdämmerung“ besorgen.
Finnen nehmen das Genre auf die Schippe
Bevor die ersten PC-Vertreter empört loszetern: Der Finne Timo Vuorensola hat „Iron Sky“ nicht „300“-mäßig ernst genommen, sondern als comic-artige Groteske inszeniert und mit vielen ironischen Anspielungen auf die Filmgeschichte (Dr. Seltsam, Mars Attacks etc.) gespickt (weshalb der Filmtitel in der Szene teils als „Ironski“ ausgesprochen wird). Sonst hätte das Spektakel auch wohl kaum Chancen gehabt, am 5. April 2012 auch in den deutschen Kinos zu starten…
Zudem lässt der Finne keinen Zweifel daran, wer die Bösen sind – nämlich alle außer den Finnen. Denn die verbohrten Weltraum-Nazis nehmen sich nicht viel mit den hehren Führern der „freien Welt“.
Wir sind Amerikaner – wir halten nie unsere Versprechen
Als der UN-Sicherheitsrat über die Strategie der Erde gegen den Mondnazi-Angriff debattiert, räumt die US-Präsidentin – die Sarah Palin von der erzkonservativen „Tea Party“ ähnlich sieht – zum Beispiel ein, dass die Vereinigten Staaten heimlich ein Kriegsraumschiff gebaut haben („Aber Sie haben versprochen, den Weltraum nicht zu militarisieren!“ „Ich bitte Sie – wir sind Amerikaner!“) und schließlich gibt ein Staat nach dem anderen zu, ähnliche Schlachtschiffe gebaut zu haben – nur Finnland steht am Ende dumm da, als der Krieg der Industrieländer untereinander um die Energiereserven der Mondnazis beginnt.
Noch deutlicher werden diese Spitzen gegen die USA, als Frau Palin – pardon: die US-Präsidentin in ihren Wahlkampfreden die Propaganda der extraterrestrischen Nationalsozialisten übernimmt.
Kofinanziert und inspiriert durch Internet-FansÂ
Ein Teil der 7,5 Millionen Euro Produktionskosten wurden durch „Crowd Funding“ finanziert: Fans konnten sich ab 1000 Euro aufwärts beteiligen, durften dafür ihre Ideen einbringen – und haben eben alles hineingepackt, was der Netz-Mob mag: Verschwörungstheorien, Reichsflugscheiben, Weltraum-Zeppeline und zeitweise dürftig bekleidete Blondinen. Vor allem Nerds kommen immer wieder auf ihre Kosten, das beginnt bei der Steam-Punk-Technologie der Weltraum-Nazis und geht bis hin zum eroberten iPad, das über den Invasions-Verlauf entscheidet.
Köstlich – aber skurrile Fabuliertlust hält sich leider nicht bis zum Ende
Das alles ist über weite Strecken wirklich köstlich geschmacklos in Szene gesetzt und ist schön unverschämt. Leider verlässt die Finnen gegen Ende hin etwas der Mut zum skurillen Fabulieren: Es geht im letzten Drittel dann doch etwas vorhersehbar zu. Wie hübsch wäre es doch gewesen, wenn man zum Beispiel die in ihrem verblendeten Missionarseifer („We come in Peace!“) gefangenen „Lieben“ unter den Mondnazis hätte gewinnen lassen… Heiko Weckbrodt
„Iron Sky“ (Blind Spot Pict./Polyband), Sci-Fi-Satire, Finnland/D/Australien 2012, R.: Timo Vuorensola, 93 min. Kinostart: 5. April 2012Ihre Unterstützung für Oiger.de!
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