Dresden, 20.12.2011: In Sachsen und ganz Ostdeutschland wird sich der Wirtschaftsaufschwung im kommenden Jahr deutlich verlangsamen. Das geht aus der neuen Konjunkturprognose des Wirtschaftsforschungsinstituts „ifo“ hervor. Laut Berechnung vorn „ifo Dresden“ ist das Bruttoinlandprodukt (BIP) im Freistaat in diesem Jahr im 2,7 Prozent geklettert, 2012 ist jedoch nur noch ein Plus von 0,4 zu erwarten. In ganz Ostdeutschland betrug das BIP-Wachstum in diesem Jahr 2,5 Prozent, für 2012 werden plus 0,5 Prozent vorausgesagt.
„Das Wachstum ist stärker ausgefallen, als wir noch zu Jahresbeginn erwartet hatten“, räumte Dr. Joachim Ragnitz ein, der Vizedirektor von „ifo Dresden“. Doch Eurokrise und andere Schwächeerscheinungen der Weltwirtschaft hätten Deutschland und auch Sachsen bisher kaum getroffen.
Prognose: Auslandsnachfrage bricht ein
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Dies werde sich aber 2012 wohl ändern: Vor allem im ersten Halbjahr werde sich die bislang große Auslandsnachfrage nach deutschen Investitions- und Konsumgütern – darunter eben auch Computerchips aus Dresden, Autos aus Leipzig und Zwickau oder Maschinen aus Chemnitz – spürbar abschwächen. Hatte die vergleichsweise stark industriell geprägte und exportorientierte sächsische Wirtschaft im Jahr 2011 noch einen Vorteil gegenüber der eher binnenmarktorientierten Unternehmensstruktur in den anderen ostdeutschen Ländern gehabt, werde sich dieser Vorteil 2012 in einen Nachteil verwandeln: Was dann noch an Wachstum möglich sei, werde am Tropf der Binnennachfrage hängen. Eine Rezession sei jedoch nicht zu erwarten.
Arbeitslosigkeit sinkt dennoch weiter
Obgleich also nur noch geringes Wachstum zu erwarten sei, rechne man nicht mit gravierenden Auswirkungen für den Arbeitsmarkt, betonte Ragnitz: „Die Arbeitslosigkeit wird sich wohl weiter reduzieren.“ Zwar werde die Zahl der Erwerbstätigen 2012 in Sachsen nur noch geringfügig um 0,1 Prozent erhöhen (2011: 0,5 Prozent) erhöhen, wegen der demografischen Entwicklung – außer in Großstädten wie Dresden und Leipzig sinkt die Zahl der Sachsen – werde aber eine geringere Zahl Arbeitssuchender auf dem Stellenmarkt unterwegs sein.
Absturz trifft vor allem die exportorientierte Industrie
Ganz unmittelbare Auftragseinbußen erwarten die ifo-Forscher vor allem für den sächsischen Maschinen- und Automobilbau, da hier die Nachfrage zum Beispiel aus den Euro-Krisenländern Griechenland, Italien und Spanien, aber auch aus bisher wachstumstreibenden Schwellenländern wie China, Indien oder Brasilien schwächeln wird. Die Aussichten der Dresdner Mikroelektronik wagte Ragnitz hingegen nicht zu prognostizieren: „Diese Industrie ist zu volatil*, um sichere Voraussagen zu machen“, sagte Ragnitz.
Insgesamt werde der Einbruch in der Industrie im Vergleich zu anderen Wirtschaftssektoren besonders drastisch sein: Statt einem Plus von 9,4 Prozent im Jahr 2011 ist laut „ifo“-Prognose hier im kommenden Jahr nur noch ein Wachstum um 1,5 Prozent absehbar. Heiko Weckbrodt
* flüchtig, schnell beweglich