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Ein Stück Silizium verändert die Welt – der Mikroprozessor wird 40

Blick in einen neueren Vierkern-Prozessor von Intel. Abb.: Intel

Blick in einen neueren Vierkern-Prozessor von Intel. Abb.: Intel

Santa Clara, 15.11.2011: Ein Stückchen Silizium, das die Welt veränderte, Jobs fraß und schuf, ganz neue Industrien entstehen ließ und andere zum Untergang verdammte, kommt ins „Oldie“-Alter: Heute vor genau 40 Jahren präsentierte Intel den „4004“, den ersten serienmäßig gebauten Mikroprozessor der Welt.

Der Vater fast aller heutigen Prozessoren: der "4004". Abb.: Intel

Der Vater fast aller heutigen Prozessoren: der "4004". Abb.: Intel

Die Miniaturisierung schrankwandgroßer Computer auf die Größe eines Daumennagels löste eine Revolution in der Wirtschaft aus und ermöglichte Produkte, Dienste und Fortschritte, die uns heute selbstverständlich erscheinen: Das Internet wäre in einer Welt aus sauteuren Elektronenröhrenrechnern niemals ein Massenphänomen geworden, Handys sind ohne Mikroelektronik undenkbar, Werkzeugmaschinen arbeiten heute dank Prozessorsteuerung ultrapräzise, ganz zu schweigen von den omnipräsenten PCs, die unser Arbeitsleben so nachhaltig verändert haben – die Reihe ließe sich weit fortsetzen.

Prozessoren und Computer gab es natürlich auch schon vor dem 15. November 1971, doch waren die so groß und teuer, dass sie nur für Unis und das Militär wirklich verfügbar waren. Mit der Erfindung des Bipolar-Transistors 1947 und des integrierten Schaltkreises (IC) 1958 begann ein zunächst evolutionärer Prozess der Miniaturisierung in der Elektronik. Nahezu zeitgleich kamen Texas Instruments und Intel 1970/71 auf den Trichter, Rechenwerke, Register und andere bisher getrennte Komponenten einer zentralen Verarbeitungseinheit auf einem Schaltkreis zu vereinigen, der dann wie ein Steckbaustein auf einer Hauptplatine mit verschiedenen Konfigurationen von Arbeitsspeicher, Massenspeicher und peripheren Geräten wie Bildschirm, Drucker oder Tastatur recht preisgünstig kombiniert werden konnte.

Zur Zeit der Erfindung dieser Technologie war der Prozessormarkt noch breit gestreut. Dutzende Architekturen und Hersteller, die jeweils eigens geschriebene Programme erforderten, konkurrierten miteinander. Noch bis in die 1980er Jahre hinein hielt diese Vielfalt an. Das führte übrigens auch im Ostblock zu konkurrierenden Standards: Während die Russen zum Beispiel Intel-Prozessoren nachbauten, war der DDR-Standardprozessor, der U 880, ein verbesserter Klon des Zilog-Prozessors Z 80, beim Projekt 32-Bit-Rechner setzten die ostdeutschen Ingenieure dann auf eine DEC-Architektur.

Heute gibt es kaum noch eine Handvoll Prozessorschmieden von globaler Bedeutung: Intel, AMD und Via, die auf Intels x86-Architektur setzen sowie die britische Firma ARM. Noch vor ein paar Jahren mischten Cyrix, IBM, Transmeta, DEC, Motorola und ein paar andere Firmen auf dem Markt mit, sie haben sich aber inzwischen aus dem Geschäft zurückgezogen, sind pleite gegangen oder wurden übernommen.

Dass sich ausgerechnet Intel als Markt- und Technologieführer durchsetzte, kam auch durch eine marktbeherrschende Allianz zustande: Als IBM vor 30 Jahren, am 18. August 1981, seinen ersten PC vorstellte, baute der Konzern als Prozessor einen „8088“ von Intel ein, der durch das Betriebssystem „MS DOS“ von Microsoft verwaltet wurde. Diese Architektur wurde und wird seitdem millionenfach nachgebaut und verfestigte in der Folge die inoffizielle „Wintel“-Allianz (zusammengezogen aus Intel und Windows).

Bis heute beherrscht Intels x86-Prozessorarchitektur den Weltmarkt für PCs, Notebooks und – mit Abstrichen – Rechenzentren. In den derzeit expandierenden Märkten für Smartphones (Computertelefone) und Tablettcomputer (Beispiel iPad) hat Intel allerdings den Anschluss verloren, hier dominieren jetzt die Stromspar-Architekturen von ARM.

Benannt ist die x86-Architektur übrigens nach Intels 1979 vorgestelltem 16-Bit-Prozessor „8086“, dessen abgespeckte Variante 8088 im IBM-PC millionenfach verbaut wurde. Zwischen dem 4004 aus dem Jahr 1971 und Intels aktuellem Flaggschiff, dem Core-i7, liegt technologisch eine rasante Entwicklung: Hatte der 4004 gerade mal 2003 Transistoren, 740 Kilohertz Taktfrequenz und konnte nur vier Bit auf einmal laden, sind im Core-i7 mit seinen 64 Bit Verarbeitungsbreite fast eine Milliarde Transistoren integriert, getaktet ist er mit bis zu 3,6 Gigahertz – 5000 Mal soviel wie der „4004“. Trotzdem: herzlichen Glückwunsch, Du Veteran!

Zum Weiterlesen:

-> Geburtstagsgrübeleien: Der Prozessor, das unbekannte Wesen

-> Wie ein Chip produziert wird, wird hier erzählt

Repro: Oiger, Original: Madeleine Arndt

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