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Das Anti-Guttenberg-Prinzip oder: Wie zitiere ich richtig aus Wiki & Co.?

Wie zitiere ich richtig? Abb.: hw

Wie zitiere ich richtig? Abb.: hw

Karl-Theodor zu Guttenberg hat es vorgemacht, wie man’s nicht tun sollte: Der einstige Kriegsminister stolperte über die „Copy-and-Paste“-Mentalität in seiner Doktorarbeit. Textpassagen anderer ohne ausreichende Quellenangabe zu nutzen, ist eben nicht nur unfair, sondern kann auch zivilrechtliche, manchmal gar strafrechtliche Konsequenzen haben. Wie aber zitiere ich richtig im Internet-Zeitalter?

Zunächst mal: Grundsätzlich ist gegen das elektronische „Kopieren und Einfügen“ (Copy & Past) nichts einzuwenden. Das minimiert zum Beispiel bei der Übernahme wörtlicher Zitate oder ungewöhnlicher Namen die Fehlerquellen – freilich lernt man nix dabei und muss aufpassen, dass man Fehler des Originaltexts nicht reproduziert (kommt oft vor!). Und: Schon wenn die schwarze Markierung mehr als einen Halbsatz erfasst, sollte die „Quellenangabe!“-Alarmglocke schellen.

Die Information ist frei – nicht ihre Form!

http://de.wikipedia.org/wiki/Datei:Wikipedia-logo-v2-de.svg

Abb.: Wikipedia

Copy&Past-Klassiker im Internet-Zeitalter sind die Wikipedia und Blogs, aber auch digitalisierte Bücher. Dabei gilt der Grundsatz: Die Information als solche ist frei, nicht aber ihre Ausformung. Das heißt: Das Gelesene mit eigenen Worten im eigenen Text knapp wiederzugeben, ist rechtens, ebenso das „Kleinzitat„. Die Gerichte haben das „Kleinzitat“ bisher unterschiedlich definiert, aber man kann zum Beispiel davon ausgehen, dass es okay ist, mindestens einen einzelnen, prägnanten Satz aus einem Artikel mit Quellenangabe zu übernehmen. In einer Buchrezension sind mehrere Sätze angemessen.

Jenseits der Notwendigkeit, Quellen anzugeben, gibt es zwar keine feste Regel über den legitimen Anteil übernommener Sätze. Aber man sollte immer überlegen, wie hoch der Anteil des Übernommenen und des eigeninvestierten Gehirnschmalzes ist – tendiert letzterer gegen Null, sollte man ernsthaft überlegen, ob mann seinen eigenen Namen unter den neuen Text setzt, oder sich nir mit den Quellenangaben begnügt.

Bei Rezensionen wird es in der Regel statthaft sein, mehrere Sätze wörtlich anzuführen und zum Beispiel das Buch-Cover und/oder ein Bild aus dem Buch zu reproduzieren (natürlich auch mit Quellenangabe) – nicht aber aus einem Bildband eine Fotostrecke aus zehn, 20 Bildern!

Zur Zitierweise:

Für „Wipedia“- und Blog-Artikel zum Beispiel gibt es mehrere praktizierte Varianten:

Wissenschaftlich gilt die Regelmatrix für die Quellenangabe: Name: Titel, (evtl. Verlag), Erscheinungsort und -zeit, Seitenangabe.

Beispiel: Prof. Klaus Müller: Das Geschlechtsleben der Amöben, Minitier-Verlag, Hammerstal 2001, S. 731

Zitiert man aus einem Blog-Artikel, lässt sich diese Autor-Titel-Regel meist anwenden. In der Wikipedia hat man da ein Problem, da viele Artikel von mehreren Autoren geschrieben und überarbeitet wurden. In jedem Fall lohnt sich hier der Blick auf die Lasche „Versionsgeschichte“: Da lässt sich oft der Ursprungsautor (meist in Pseudonym-Form) finden. Danach muss bei wissenschaftlicher Zitierweise der volle Permanentlink und das Abrufdatum beigefügt werden.

Beispiel: Riptor u. a.: „Amöbe“, aus: Wikipedia, http://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Am%C3%B6be&oldid=93359642, abgerufen am 14.9.2011

Wikipedia-Vorschlag: Die Wikipedia selbst schlägt das ähnlich vor (siehe zum Beispiel hier), betont aber besonders die Notwendigkeit, statt des bloßen Artikelnamens (der sich wegen der dynamischen Wiki-Prinzipien ändern kann), einen Permanentlink zu verwenden. Dieser wird bei jedem Artikel in der linken Spalte unter „Werkzeuge“ -> „permanenter Link“ bereitgestellt. Der macht die Quellenangabe allerdings ziemlich lang. Deshalb gibt es – zum Beispiel für den journalistischen Gebrauch – vereinfachte Lösungen, die aber nicht standardisiert sind:

Die verkürzte Variante kann etwa der Matrix folgen: (Autor): Artikelname, in: Generalquelle

Beispiel: …ist im Artikel „Amöbe“ von „Riptor“ in der deutschen Wikipedia nachzulesen“

Entscheidend sind bei einer Verkürzung zwei Prinzipien:

1.) Wir respektieren den Urheberschutz und das Recht an der individuellen oder gemeinsamen geistigen Leistung, indem wir den Urheber nennen.

2.) Unsere Argumentation soll für den Leser nachprüfbar sein, d. h.: Die Quellenangabe muss in einer Form erfolgen, dass der Leser die zitierte Stelle mit vertretbarem Aufwand finden kann. Hat er zum Beispiel den Artikelnamen und die Quelle „Wikipedia.de“ (auch das ist schon eine Verkürzung), ist dies gegeben.

Die Online-Variante sollte einer ähnlichen Form folgen. Man ist aber auf der sicheren Seite, indem der Artikelname noch mit dem „Permanentlink“ verknüpft wird.

Beispiel: …ist im Artikel „Amöbe“ von „Riptor“ in Wikipedia.de nachzulesen“

Internet ist kein Selbstbedienungsladen für Fotos – doch es gibt in der Praxis legitime Quellen

Die Frage, ob und wie Bilder aus dem Netz übernommen werden dürfen, ist eigentlich einen eigenen Artikel wert, daher hier nur die Grundsätze: Die Antwort lautet: Nein, außer, man ermittelt den Rechteinhaber und fragt ihn um Erlaubnis.

Ausnahmen:

Für private, journalistische, aber nichtkommerzielle Nutzungen gelten ein paar Vereinfachungen. So dürfen die meisten Wikipedia-Bilder weiterverwendet werden, die entsprechenden Lizenzangaben findet man nach dem ersten Klick auf das Bild weiter unten bei „Genehmigung“ bzw. „Lizenz“. Hier ist auch der Autorenname zu finden. Außerdem besteht Wikipedia darauf, dass man die entsprechende Lizenz mit angibt und verlinkt – wie praktikabel das im Alltagsgeschäft ist, sei mal dahingestellt.

Wenn Ihr zum Beispiel über Produkt-Neuerscheinungen schreibt, offizielle Firmen-Veröffentlichungen verwertet und dort Bildmaterial angeboten wird, könnt Ihr in der Regel davon ausgehen, dass die Unternehmen bzw. Behörden mit der kostenlosen Weiterverwendung (nicht aber Verfremdung) der Fotos im konkreten Kontext einverstanden sind, soweit nichts anderes angegeben ist. Aber Vorsicht: Manche Firmen sind etwas etepetete und wollen nicht, dass man die Bilder später in anderen Zusammenhängen verwendet – solche Klauseln müssen aber laut Usus ausdrücklich beim Download angegeben sein. Und auch bei PR-Bildern gebietet die Fairness, den Fotografen anzugeben, soweit er identifizierbar ist.

Ähnliches gilt, wenn ihr zum Beispiel über eine Musikgruppe schreibt: Unterhält diese Band eine offizielle Internetseite, auf der Bilder zum Download angeboten werden, kann man für die private Nutzung und aktuelle Berichterstattung davon ausgehen, dass die Nutzung erlaubt ist, soweit nichts anderes angegeben ist.

Heiko Weckbrodt

Hinweis: Ich bin Journalist und Historiker, aber kein Jurist. Dieser Artikel ist nicht zwingend als rechtlich abgesichert zu betrachten, sondern ist eine Zusammenfassung des üblichen Procederes.
Repro: Oiger, Original: Madeleine Arndt

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