Wirtschaft
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Weltweit größter Teststand für Karbonflugzeuge in Dresden

Der Airbus A 380 im Testhangar der IMA. Abb.: IMA

Der Airbus A 380 im Testhangar der IMA. Abb.: IMA

Dresden, 17.8.2011: Als der DDR-Ministerrat im März 1961 die Luftfahrtindustrie auflöste, baute auf diesen Resten nicht nur die Dresdner Mikroelektronik auf, sondern entstand auch ein wichtiges Leichtbau-Institut, das nach der Wende in die IMA mündete. Zum Jubiläum hat sich die Flugzeugtest-Firma ein ehrgeiziges Projekt vorgenommen: Sie installiert den weltweit größten Teststand für Kohlenfaserstoff-Flugzeuge. Die IMA-Ingenieure wollen ihren Wissensvorsprung um den Leichtwerkstoff auch im neuen Trend zum Kohlenfaserstoff-Auto einsetzen.

Vor 50 Jahren stampfte DDR-Regierung Flugzeugbau ein

Belastungstests an einer "152" im Wassertank

Belastungstests an einer "152" im Wassertank

Der Traum von der Flugzeug-Nation DDR währte nur sieben Jahre, gab aber bis zu 25.000 Menschen Lohn und Brot und wirkt trotz des grandiosen Scheiterns bis heute nach: 1954 beschloss der Ministerrat in Berlin, eine ostdeutsche Luftfahrtindustrie mit Zentrum in Dresden-Klotzsche aufzubauen. Aufbruchstimmung herrschte, Tausende Menschen wurden qualifiziert, große ingenieurtechnische Leistungen vollbracht, um das erste deutsche Zivilflugzeug mit Strahltriebwerken zu entwickeln. Das Jet-Fieber steckte das ganze Land an, selbst die einzige Comic-Zeitschrift der DDR, die Mosaik, schickte ihre „Digedags“ in einer Ausgabe zu den Dresdner Flugzeugkonstrukteuren. Doch am 4. März 1959 geschah das Unfassbare, die „152″ stürzte nahe Dresden bei einem Testflug ab. Wie sich jetzt herausgestellt hatte, waren damals vor allem Konstruktionsmängel, aber auch Pilotenfehler schuld. Ein Jahr später stampfte der Ministerrat entnervt die gesamte Flugzeugindustrie ein.

Belastungstest einer 152. Auf den Pfiff des Meisters hin mussten alle angestrengt auf Dutzende Manometer starren. Abb.: IMA

Belastungstest einer 152. Auf den Pfiff des Meisters hin mussten alle angestrengt auf Dutzende Manometer starren. Abb.: IMA

Statt Jets kamen fortan Trabbis und Wartburgs in die Kältekammer

 

Der ehemalige „152″-Chefkonstrukteur Brunolf Baade gründete daraufhin am 1. Juli 1961 das „Institut für Leichtbau und ökonomische Verwendung von Werkstoffe“ (IfL), das mit den Kältekammern und Versuchsständen der früheren Luftfahrtindustrie fortan Trabbis und Wartburgs unter Kaltstart-Bedingungen und auf holprigen ostdeutschen Plflasterstraßen untersuchte, Bahnwaggons und Brücken testete und auch die Schwingungsuntersuchungen am Dresdner Fernsehturm vornahm. Mit ihren Bob-Konstruktionen trugen sie wesentlich zu den Wintersport-Erfolgen der DDR bei, bis diese Aufgabe aus Geheimhaltungsgründen samt Windkanal 1982 an das Militärtechologie-Kombinat VEB Spezialtechnik Dresden abgegeben werden musste.

Belastungstests für Airbus & Co.
Vor der Wende testete das Institut für Leichtbau zum Beispiel, wie lange Trabbis und Wartburgs die Holperpisten der DDR überleben konnten, bis zur welchen Minusgraden sie noch starteten. Nach dem Wiedereinstieg in die Luftfahrtindustrie stehen für den Nachfolger IMA heute auch wieder Leichtbauautos wieder auf der Agenda. Foto: IMA
Vor der Wende testete das Institut für Leichtbau zum Beispiel, wie lange Trabbis und Wartburgs die Holperpisten der DDR überleben konnten, bis zur welchen Minusgraden sie noch starteten. Abb : IMA

Nach der politischen Wende wagten mehrere Ingenieure – darunter auch der heutige Geschäftsführer Wilhlem Hanel – mit 90 Kollegen unter dem neuen Namen „IMA Materialforschung und Anwendungstechnik“ einen Neuanfang. Mit einem ersten Testauftrag für den Schweizer Aeroplan „Pilatus PC-12″ gelang bald der Wiedereinstieg in den Flugzeugbau. Es folgten Aufträge von Airbus (unter anderem Belastungstests am A 380) und anderen namhaften Kunden. Inzwischen hat die IMA 174 Mitarbeiter und als Mitgesellschafter ein ganzes Netz von Partnerfirmen. Im vergangenen Jahr machte die GmbH 27 Millionen Euro Umsatz, 17,4 Prozent mehr als im Vorjahr.

 

Elektroautos auf Karbon-Basis im Kommen

Vor allem die Materialerfahrungen, die die Dresdner Ingenieure mit dem superleichten Werkstoff „Kohlenfaserstoff“ (CFK) bei Flugzeugtests machten, bescheren der IMA nun interessante Perspektiven: „Wir wollen nun in neue Märkte einsteigen, zum Beispiel in Indien, China und Brasilien“, kündigte Ko-Geschäftsführer Thomas Fleischer an. Außerdem gewinne die IMA mehr und mehr Kunden aus der Automobilindustrie, die CFK nun für die Konstruktion leichter Elektroautos nutzen wollen – erst kürzlich hatte BMW in Leipzig derartiges für den „i3″ angekündigt.

Großtestaggregat für CFK-Rumpf des A 350

Auch testet die IMA längst nicht mehr nur, sondern entwickelt und produziert mit Partnern auch Karbonteile zum Beispiel für den Militär-Airbus „A 400 M“. Und die Testaufträge für den „A 350″ und von führenden Bahnherstellern sind so umfangreich, dass die IMA derzeit kräftig investiert: So flossen rund sieben Millionen Euro in eine Testhalle im Industriegelände Dresden-Nord. Im Bau ist derzeit ein Teststand für Belastungs- und Bruchuntersuchungen an Karbon-Flugzeugrümpfen. Laut IMA handelt es sich um den weltweit größten Teststand dieser Art. „Das ist auch noch einmal eine Millionen-Investition“, so Fleischer. Heiko Weckbrodt

www.ima-dresden.de/

 

Repro: Oiger, Original: Madeleine Arndt

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