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„Versagtes Vertrauen: Wie die Stasi und ihre Komplizen DDR-Wissenschaftler kalt ausgebootet haben

Neues Werk von Reinhard Buthmann skizziert an vielen Beispielen, wie sehr der ostdeutsche Geheimdienst „bürgerlichen“ Forschern misstraute Wie die Staatssicherheit einst „bürgerliche“ Wissenschaftler argwöhnisch beobachtete, oft auch drangsalierte oder gar kalt stellte, hat der Zeithistoriker und ehemalige Kosmosforscher Reinhard Buthmann recherchiert und in seinem Buch „Versagtes Vertrauen. Wissenschaftler der DDR im Visier der Staatssicherheit“ dargestellt. Auf knapp 1200 Seiten spannt er in diesem – im wahrsten Sinne des Wortes – gewichtigen Werk einen weiten Bogen. Der beginnt mit „Wissenschaft von der Tradition zur Moderne“ (Kapitel 3) und erstreckt sich über die Erwartungen und Anmutungen der Staatspartei SED hinweg bis zu der wachsenden Rolle des Geheimdienstes. Letztere analysiert der Autor akribisch am Beispiel der Hochtechnologien Mikroelektronik, Raumforschung, Kerntechnik und Flugzeugbau (Kapitel 4).

Der provokative Habitus und der anarchistische Gestus der Punker (hier eine spätere, undatiertre Aufnahme einer Punkerin) galt vielen Stasi-Offizieren als einzige Provokation. Foto: Gegenalles, Jay Neill, Wikipedia, CC2-Lizenz

Dekadenter Abfall

Die Stasi wollte den Punk in der DDR zersetzen – und scheiterte letztlich Dresden, 18. Februar 2016. „Auf der Wiese steht die Kuh“, grölt die Punker-Stimme von der Orwo-Kassette. Immer und immer wieder. „Auf der Wiese steht die Kuh.“ Ein anderer Punk-Musikus schreit sich in tiefstem Sächsisch Frust und Lust über „Scheiße, Dreck und Schmutz“ und „totes stumpfes Menschenmeer“ in Leipzig heraus. Nein, so einen „dekadent-feindlichen“ „Abfall“ (so die Einstufungen in den MfS-Akten) wollten die Stasi-Offiziere nicht hören und schon gar nicht der ostdeutschen Jugend zumuten: Wo immer sich in den 1980er Jahren in der DDR Punk-Bands gründeten und gegen Nazis, Staatsmacht und Umweltzerstörung und für die Anarchie sangen, setzte der ostdeutsche Geheimdienst alle Hebel in Bewegung, um diese Unmusik auszumerzen und die Gruppen zu „zersetzen“.