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Eine interaktive Zeitreise-Karte soll künftig im Internet wichtige Stätten zeigen, an denen in Dresden Mikroelektronik-Geschichte geschrieben wurde. Montage und Fotos: Heiko Weckbrodt

Zeitreise-Portal in Dresdens Chip-Vergangenheit

Mikroelektronik-Alumni planen interaktive Stadtkarte, wollen Zeitzeugen befragen und historische Hightech einsammeln Dresden, 7. Mai 2023. Um die über 60-jährigen Mikroelektronik-Traditionen in Sachsen aufzubereiten, will ein Kreis von Senior-Halbleiterexperten eine interaktive Stadtkarte mit wichtigen Stätten der Dresdner Halbleiter-Geschichte erstellen. Das haben Andreas Kalz und Thomas Haase von dieser Alumni-Expertengruppe angekündigt. Vorbild ist hier der bereits existierende Internet-Stadtplan über wichtige historische Stätten der Kameraproduktion in Dresden. Außerdem auf der Agenda der Alumni: Sie wollen historische Hightech-Geräte der einheimischen Chipproduktion in den Technischen Sammlungen Dresden zusammentragen und bisher wenig bekannte Entwicklungsprojekte der sächsischen Mikroelektronik in Form von Zeitzeugenberichten dokumentieren.

Abb.: Stiftung Aufarbeitung / Uni Bonn

250 Gulag-Interview digitalisiert

Stiftung Aufarbeitung bekommt elektronisches Zeitzeugenarchiv Berlin/Bonn, 13. Oktober 2015. Vor allem seit Alexander Solschenizyns Werk „Der Archipel Gulag“ gilt das Gulag-Lagersystem als das Symbol schlechthin für den stalinistischen Terror: Die kommunistischen Machthaber der Sowjetunion sperrten in diesen rund 20 Millionen Menschen ein und viele kehrten nie zurück. Der Historiker Dr. Meinhard Stark hat seit 1989 insgesamt 250 ehemaliger Lager-Häftlinge und ihre Angehörigen interviewt. Dieses einzigartige Zeitzeugen-Archiv hat die Uni Bonn nun digitalisiert. Dr. Stark und weitere Forscher wollen diese elektronischen Unterlagen Ende Oktober an die „Bundesstiftung Aufarbeitung der SED-Diktatur“ in Berlin übergeben.

Stadtarchiv-Direktor Thomas Kübler (l.) und Kulturbürgermeister Ralf Lunau sichten die eingereichten Zeitzeugen-Berichte. Foto: Heiko Weckbrodt

Feuer, Bombendonner und Angst

235 Zeitzeugen-Berichte über Zerstörung Dresdens 1945 kommen ins Stadtarchiv Dresden, 25. März 2015: Damit die Erinnerungen an die Schrecken des Krieges und die Zerstörung Dresdens nicht aus dem kollektiven Gedächtnis der Stadt verschwinden, wenn die letzten Überlebenden gestorben sind, hat das Stadtarchiv Dresden heute Berichte, Tagebücher, Fotos und andere Materialien von 235 Zeitzeugen in seinen Bestand übernommen.

Die Aufnahme aus dem Jahr 1945 zeigt den Blick vom rathausturm auf das zerstörte Dresden. Foto: Beyer, ADN, Bundesarchiv, Wikipedia, CC-Lizenz

Nach den russischen Vergewaltigern kamen die deutschen Plünderer

Was gegen Kriegsende in Reichenberg bei Dresden Nachbarn Nachbarn antaten Der 7. Mai 1945 war ein lauer Frühsommer-Tag. Das Reich fiel in Scherben, der Führer hatte sich eine Kugel durch den Kopf gejagt, die letzten SS-Panzer flüchteten aus dem Raum Dresden gen Erzgebirge und blieben im Müglitztal stecken – und Heinz Stapen* ging zur Arbeit. Wie es sich für einen pflichtbewussten deutschen Kraftfahrzeugführer gehört, steuerte er seinen Linienbus pünktlich wie jeden Tag von Meißen nach Dresden, damit die Leute in die wenigen unzerstörten Fabriken und Büros in der zertrümmerten Gauhauptstadt kamen, während gleich hinter ihm auf der Straße die Rote Armee einmarschierte. Nach Schichtende parkte Stapel seinen Bus ordnungsgemäß an der Endstation auf dem Wiener Platz und lief die drei Stunden zu Fuß nach Hause gen Reichenberg. Schon als er sich seinem etwas abseits an einem Feldweg gelegenen Haus näherte, muss er gemerkt haben, das etwas nicht stimmte. Als er die Tür öffnete, fand er seine Frau vergewaltigt, den Haushalt verwüstet und geplündert.

Frank Richter, Direktor der sächsischen Landeszentrale für politische Bildung. Foto: Heiko Weckbrodt

Zeitzeugen-Streit: Wir brauchen Geschichten wie Essen

Dresden, 3. März 2014: „Der größte Feind des Historikers ist der Zeitzeuge“. Dieser Scherz wird gern und oft in den Geschichtswissenschaften weitergetragen und hat im jüngsten Disput um die Zeitzeugen-Arbeit der sächsischen Landeszentrale für politische Bildung neue Brisanz gewonnen. Unser Gastautor Frank Richter, Direktor der sächsischen Landeszentrale für politische Bildung, meint: „Wir brauchen Geschichten wie ein Lebensmittel“, warnt aber auch davor, Zeitzeugen allein die Deutungshohheit über Geschichte zu überlassen: