Alle Artikel mit dem Schlagwort: Stasi

Rund zehn laufende Kilometer Stasi-Akten verwahrt die Dresdner BStU-Außenstelle. Foto: Heiko Weckbrodt

Interesse an Stasi-Akten wächst in Ostsachsen wieder

Außenstelle Dresden bekam ein Viertel mehr Anträge auf Akteneinsicht – Spitzenwert unter allen BStU-Außenstellen Dresden/Leipzig, 15. Januar 2015: Entgegen allen Erwartungen schrumpft das Interesse an den Stasi-Akten ein Vierteljahrhundert nach der politischen Wende nicht etwa in Ostsachsen, sondern steigt sogar wieder: Im Jahr 2014 hat die Dresdner Außenstelle der Stasi-Unterlagenbehörde rund 6800 Anträge auf Akteneinsicht bekommen, etwa 1300 beziehungsweise ein Viertel mehr als im Vorjahr. „Damit hatten wir die meisten Anträge unter allen Außenstellen“, sagte der Dresdner Außenstellen-Leiter Konrad Felber auf Oiger-Anfrage. In Chemnitz gingen beispielsweise 5600 Anträge ein.

Frauen waren bei der Stasi meist nur in untergeordneten Positionen tätig - hier eine Sekretärin Hauptabteilung Personenschutz (1980). Repro: BStU

Stasi blieb ein Männerverein

Nur 15,7 Prozent Frauenanteil im MfS – neue Ausstellung in Dresden Dresden/Berlin, 14. Januar 2015: Als Quelle von Geheimnissen waren Sekretärinnen im Westen unter den Schlapphüten um den DDR-Oberspion Markus Wolf einst ein beliebtes Ziel – derweil war es aber innerhalb des ostdeutschen Ministeriums für Staatssicherheit (MfS) mit der Integration und Gleichberechtigung der Frauen nicht allzu weit her. „Gegen Ende der DDR lag der Frauenanteil im MfS bei nur 15,7 Prozent – und nur ganz wenige Frauen waren in Führungspositionen tätig“, hat der Berliner Historiker Dr. Philipp Springer im Oiger-Gespräch eingeschätzt. Der wissenschaftliche Mitarbeiter des Stasiunterlagen-Beauftragten Roland Jahn hat dafür zahlreiche Akten aus dem Stasi-Bestand ausgewertet – heute Abend wird er in Dresden über seine Befunde unter dem Titel „Kampfgefährtin, Mutter, Frau“ referieren.

Am Nachmittag des 5. dezember 1989 trudelten nach und nach immer mehr Demonstranten vor der Stasi-Bezirkszentrale in Dresden ein, um eine vermutete Aktenvernichtung zu stoppen. Foto: Stephan Reichel

Da knisterte Revolution in der Luft

Vor 25 Jahren besetzen Dresdner die Stasi-Bezirkszentrale Dresden, 4. Dezember 2014: Morgen ist es genau 25 Jahre her, dass die Dresdner die MfS-Bezirksverwaltung an der Bautzner Straße besetzten. Was heute wie ein Ereignis unter vielen in der friedlichen Revolution klingen mag, war tatsächlich aber ein mutiger und wichtiger Etappensieg der Bürger – stellten sie sich doch erstmals in direkter Konfrontation der gefürchteten Stasi. „Das hatte etwas von echter Revolution“, erinnert sich der heute 50-jährige Dresdner Informatiker Stephan Reichel, der seinerzeit dabei war. „Da lag ein Knistern in der Luft.“

Die Schauvitrine zeigt die Infrarot-Detektoren, die einst die Stasi-Zentrale an der Bautzner Straße sicherten, Foto; Heiko Weckbrodt

Umbau in Dresdner Stasi-Zentrale teurer als gedacht

Gedenkstätten-Sanierung kostet über 2,7 Millionen Euro Dresden, 30. November 2014: Die Sanierung und der Umbau der ehemaligen Dresdner Stasi-Bezirkszentrale an der Bautzner Straße wird teurer als geplant: Statt 2,3 Millionen hat das Projekt über 2,7 Millionen Euro gekostet. Das hat eine Neukalkulation des Finanzdezernats im Rathaus ergeben. Am Montag wird der Finanzausschuss in erster Lesung darüber beraten, woher die fehlenden 430.000 Euro kommen sollen.

Zu DDR-Zeiten entwickelten und fertigten zahlreiche VEBs in und um Dresden Rüstungsprodukte: Feuerleitrechner, Sturmgewehre und dergleichen mehr. Montage: Heiko Weckbrodt

Special: Die geheimen DDR-Rüstungsschmieden in Dresden

Besonders in den 1980ern stiegen auf Druck der Russen viele VEBs im Raum Dresden in die „spezielle Produktion“ ein Dresden, 2. November 2014: Dresden und Sachsen gehörten zwar nie zu den ganz großen deutschen Rüstungs-Hochburgen wie etwa die Panzerstahlschmieden im Ruhrpott oder die U-Boot-Werften an der Nordsee. Aber auch hier gab es seit jeher wichtige Produktionskerne für die Kriegsmaschinerie, die sich bis in die Kaiserzeit zurückverfolgen lassen – man denke etwa an die Kamerawerke von Ernemann (später: Pentacon) oder das Sachsenwerk. Die feinmechanischen, optischen, elektronischen und anderen Technologieindustrien, die im Raum Dresden konzentriert waren, lieferten sowohl im I. wie auch im II. Weltkrieg für Heer, Marine und Luftwaffe Komponenten zu. Und was vielen Sachsen auch heute, 25 Jahre nach der politischen Wende, nicht bewusst ist: Unter strenger Geheimhaltung wurde diese Tradition auch unter SED-Regie fortgesetzt.

Der Zusammenbruch der DDR verhinderte letztlich eine Massenproduktion in Ostdeutschland: Die "Wieger 940" wurde im Erzgebirge für den Westexport entwickelt - frei von sowjetischen Lizenzrechten, damit die DDR damit Devisen verdienen konnte, so der Plan. Foto: Tom Raulien, Wikipedia, Public Domain

DDR-Rüstung gegen Reagans Sternenkrieg

Erzgebirgler entwickelten Sturmgewehr „Wieger“ für Westexport Dresden, 2. November 2014: Wenn Sie heute im Internet mal über Werbung für das automatische Sturmgewehr „Wieger 940“ stolpern, schauen Sie mal etwas genauer hin: Nicht, um sich zu bewaffnen, sondern weil dieses tödliche Instrument zwar in Bulgarien gefertigt und in den USA bis heute für 200 bis 250 Dollar vertickt wird. Aber entwickelt wurde es von der erzgebirgischen Rüstungsschmiede VEB Geräte- und Werkzeugbau Wiesa (daher auch „Wieger“, zusammengesetzt aus „Wiesa“ und „Germany“), einem Betrieb des Kombinats Spezialtechnik Dresden.

Er liebte uns alle: Erich Mielke, von 1957 bis 1989 Stasi-Minister. Abb.: R. Mittelstädt, BA, Wikipedia

„Zur politisch-operativen Sicherung der Geheimnisträger befehle ich“

DDR-Rüstungsproduktion wurde von Stasi streng abgeschirmt Dresden, 31. Oktober 2014: Die Rüstungssparten („Spezielle Produktion“) in DDR-VEBs unterlag strengster Geheimhaltung. Den äußeren Wachschutz übernahmen oft spezielle Volkspolizei-Betriebswachen, die innere Absicherung die Stasi-Bezirksverwaltung, die solche Betriebe massiv mit IM, GMS und anderen Zuträgern unterwanderte.

Junge Sprayer haben im Zuge einer digitalen Schatzsuche in Stasi-Akten ein Graffiti auf eine Drewag-Garage an der wiener Straße in Dresden gesprüht. Die dunklen Stasi-Schwergen in der Mitte wurden übrigens von "NDK" gestaltet. Foto: Heiko Weckbrodt

Finstere Schergen und Robocop-Vopos

Digitale Schatzsuche in der Vergangenheit: Junge Dresdner sprühen Freiheits-Graffiti auf Drewag-Garage Dresden, 29. Juli 2014: Im Rückblick sind die Stasi-Schergen von 1989 zu schwarzen Greifern mutiert. Die Volkspolizisten, die Demonstranten vor dem Hauptbahnhof verhaften, ähneln „Robocops“ aus dystopischen Filmen, Darüber fordern fette bunte Lettern: „Mut zur Freiheit“. Die „Untold Stories“, also „unerzählten“ und vergessenen Geschichten der Wende-Zeit, die da neun junge Dresdner und ein Sprayer-Veteran nun als großformatiges Graffiti verarbeitet haben, spiegeln eine ganz eigene Perspektive auf den Wendeherbst vor 25 Jahren. Und das ist auch Absicht: Das neue Wandbild an einer Drewag-Garage an der Wiener Straße ist kein spontanes Graffiti, sondern auf Initiative der Stasi-Unterlagenbehörde BStU entstanden.

Er liebte uns alle: Erich Mielke, von 1957 bis 1989 Stasi-Minister. Abb.: R. Mittelstädt, BA, Wikipedia

Ein Stasi-Mann auf 60 Bürger: DDR war durchherrscht wie kaum ein anderes Land

Dresdner HAIT-Institutschef Heydemann sieht noch viel Forschungsbedarf in DDR-Geschichte Dresden, 29. Juli 2014: In den 25 Jahre nach der Wende ist schon viel über die DDR öffentlich erzählt, verfilmt und geschrieben worden – für manchen bis hin zum Überdruss. Doch ausreichend erforscht sind der ostdeutsche Partei-Staat und dessen gesellschaftliche und wirtschaftliche Besonderheiten noch nicht, stellt Günther Heydemann fest, der Direktor des Dresdner Hannah-Arendt-Instituts für Totalitarismusforschung (HAIT). „Viele mögen glauben, dass zur DDR alles gesagt sei – doch das ist ein Trugschluss“, meint Heydemann.

Der Dresdner Stasi-General Horst Böhm bei einer Schul-Weihung. Repro: Heiko Weckbrodt

Parteisoldat durch und durch

Der rasche Aufstieg und tiefe Fall des Dresdner Stasi-Chefs Horst Böhm Dresden, 11. Juli 2014: Vor 33 Jahren, Anfang Juli 1981, übernahm der damalige Oberst Horst Böhm das Kommando über die Dresdner MfS-Bezirksverwaltung – und unter seine Ägide verfolgte die hiesige Stasi Regimegegner stärker denn je. „In seiner Amtszeit wurden nachweisbar mehr Oppositionelle und ,Republikflüchtlinge’ verhaftet“, schätzt Dr. Thomas Widera vom Dresdner „Hannah-Arendt-Institut für Totalitarismusforschung“ ein, der sich anhand von Quellenmaterial mit der Biografie zahlreicher Stasi-Offiziere vergleichend beschäftigt.

Der Dresdner Stasi-General Horst Böhm bei einer Schul-Weihung. Repro: Heiko Weckbrodt

Der Stasi-Reißwolf schlummert

Dresdner „Gedenkstätte Bautzner Straße“ öffnet nach Umbau Dresden, 7. Mai 2014: Nach einem 2,35 Millionen Euro teuren Um- und Ausbau und mit einem halben Jahr Verzögerung öffnet am 9. Mai 2014 die „Gedenkstätte Bautzner Straße“ wieder. In der früheren Stasi-Bezirkszentrale können die Besucher nun zum Beispiel auch Stasi-Technik, das Büro des letzten Dresdner Geheimdienst-Generals und ein Fluchtflugzeug besichtigen.

Das Stasi U-Hafthaus an der Bautzner Straße soll Teil des Dresdner "Campus' der Demokratie" werden. Abb.: hw

Dresdner Stasi-Zentrale wird als Gedenkstätte ausgebaut

Restaurierung im Mai fertig – Umbau dauerte halbes Jahr länger als geplant Dresden, 14. März 2014: Mit mehrmonatiger Verzögerung wird die sanierte und umgebaute Gedenkstätte in der ehemaligen Stasi-Bezirkszentrale an der Bautzner Straße im Mai wiedereröffnet – 25 Jahre nach den gefälschten DDR-Kommunalwahlen. Das hat Herbert Wagner, der Vorsitzende des Trägervereins „Erkenntnis durch Erinnerung“, angekündigt. Die Gedenkstätte ist durch die 2,35 Millionen Euro teure Sanierung deutlich repräsentativer geworden und kann DDR-Unrecht nun aus Opfer- wie Täterperspektive zeigen.

Außen Bronze, innen Kunststoff: Büste von Feliks Dzierżyński. Foto: Heiko Weckbrodt

Terror-Feliks, Stasi-LPs und ein verschollenes Flugzeug

Ein Vierteljahrhundert nach der Wende sind originale Stasi-Devotionalien in Dresden rar geworden Dresden, 22. Januar 2014: Nach einem Generalumbau und mehreren Verzögerungen wird die erneuerte Gedenkstätte „Bautzner Straße“ in der ehemaligen Dresdner Stasi-Bezirksverwaltung voraussichtlich im Mai wiedereröffnet, wie Herbert Wagner – Dresdner Ex-Oberbürgermeister und nun Vorsitzender des Trägervereins der Gedenkstätte, auf Anfrage bestärigte. Doch sein Plan, dort neben der „Opferperspektive“ im Hafthaus nun auch die „Täterperspektive“ zu zeigen, hakt noch. Denn 25 Jahre nach der Erstürmung der Dresdner MfS-Bezirksverwaltung sind Stasi-Devotionalien und -Equipment beliebte Ausstellungs-Exponate – allerdings auch rar geworden: Die Stücke aus dem stasi-eigenem Traditionskabinett an der Fischhausstraße sind auf mysteriöse Weise verschollen. Auch ein Aufruf der Gedenkstätte „Bautzner Straße“ an ehemalige Demonstranten, mitgenommene MfS-„Souvenirs“ im Museum abzuliefern, verhallte weitgehend ohne Erfolg. Die verbliebenen Stücke aus dem Stasi-Fundus hütet Konrad Felber, der Dresdner Außenstellenleiter der Stasi-Unterlagenbehörde BStU, nun wie seinen Aufapfel.

Interesse an Stasiakten lässt nach

Ein Viertel weniger Anträge auf Akteneinsicht Berlin, 8. Januar 2014: Das Interesse an Stasi-Akten hat auch bundesweit nachgelassen: Statt 88.231 Anträge auf Akteneinsicht wie im Jahr 2012 gingen beim Bundesbeauftragten für die Stasi-Unterlagen (BStU) Roland Jahn im vergangenen Jahr nur noch 64.246 ein. Dies entspricht einem Rückgang um mehr als ein Viertel, wie aus einer heute veröffentlichten Mitteilung der Behörde hervorgeht. Über eine ähnliche Entwicklung hatte erst kürzlich bereits die Dresdner BStU-Außenstelle berichtet. Allerdings rechnen viele Experten in diesem Jahr mit einem Aufschwung der Aktennachfrage, da sich 2014 die friedliche Revolution in der DDR zum 25. Mal jähren.