Alle Artikel mit dem Schlagwort: MfS

Der Physiker und Mikroelektronik-Pionier Werner Hartmann im Jahr 1968. Foto: Hans Becker, Technische Sammlungen Dresden

60 Jahre Mikroelektronik in Dresden „Eine der erstaunlichsten Erfolgsgeschichten der Wiedervereinigung“

Am 2. Oktober 1961 legte der Physiker Werner Hartmann den Grundstein für Europas größtes Chip-Cluster Dresden, 2. Oktober 2021: Das Archivbild aus den frühen Tagen der ostdeutschen Mikroelektronik spricht Bände: Ein Mann im weißen Laborkittel stürmt schnellen Schrittes über eine Brache, SED-Parteifunktionäre stolpern unbeholfen hinter ihm her. Ihre Gesichter kann man nicht klar erkennen, doch man ahnt: Ihnen, den sonst so Mächtigen, passt es nicht so recht, hinter diesem Parteilosen herzuhetzen. Der Eilende auf diesem Bild war der Dresdner Physik-Professor Werner Hartmann (1912-1988), der hier vermutlich gerade das Areal inspiziert, auf dem er eine kleine Chipfabrik, das „Blaue Haus“, errichten wollte. Genau 60 Jahre ist es nun her, dass der Visionär Hartmann am 2. Oktober 1961 die AME in Dresden offiziell in Betrieb nahm. Er legte damit den ideellen Grundstein für den größten Mikroelektronik-Standort in Europa legte, der heute direkt und indirekt rund 80.000 Menschen beschäftigt. Mitstreiter, Historiker, Elektronikforscher und viele andere haben diese Pioniertat und ihre Folgen heute auf Einladung des Fraunhofer-Photonikinstituts IPMS mit einem Symposium „60 Jahre Mikroelektronik in Dresden“ in den Technischen …

Begehbares Computermodell einer "Fuchsbau"-Haftzelle. In solche Zellen pferchten sowjetische Geheimdienst-Offiziere zumeist politische Gefangene. Bildschirmfoto (hw) aus: rundgang.stasihaft-dresden.de

Virtuelle Haft im Geheimdienst-Knast

Dresdner Gedenkstätte bietet im Internet einen 3D-Rundgang durch den sowjetischen „Fuchsbau“ und die Stasi-U-Haft an Dresden, 20. Mai 2021. „Die Luft in diesen Zellen war einfach unerträglich…“ Wer ansatzweise Gefühl dafür bekommen will, wie sich Häftlinge des sowjetischen Geheimdienstes oder der DDR-Stasi gefühlt haben, kann ab sofort einen virtuellen Rundgang durch die Zellentrakte in der früheren MfS-Bezirksverwaltung Dresden unternehmen. Ulrike Gärtner, Franz-Joseph Hille und Uljana Sieber von der „Gedenkstätte Bautzner Straße Dresden“ haben dafür gemeinsam mit der Agentur „Ravir film“ einige Abschnitte des sogenannten „Fuchsbaus“ und der Stasi-U-Haft als 3D-Modell nachgebaut und mit Tonaufnahmen von Zeitzeugen angereichert.

Der Willersbau der TU Dresden wird einer von 15 Stationen im App-Projekt "Geheim!" sein. Hier ist auf dem Smartphones ein historisches Foto aus den Stasi-Akten zu sehen. Foto: Felix Möhwald für den BStU

Erweiterte Realität zeigt Stasi-Spitzelei an TU Dresden

Junge Computergrafiker entwickeln AR-App, die den „Big Brother 1.0“ auf dem Uni-Campus zu DDR-Zeiten sichtbar macht Dresden, 25. April 2021. Wer auf dem Dresdner TU-Campus unterwegs ist, soll künftig durch sein Smartphone per „Augmentierter Realität“ (AR) die einstigen Machenschaften der Stasi an der Universität sehen können. Dafür entwickeln die Stasi-Unterlagenbehörde in Dresden sowie ein Team um Professor Stefan Gumhold vom Lehrstuhl für Computergrafik- und Visualisierung nun eine App mit dem Codenamen „Geheim!“. Das haben die TU und die Dresdner Außenstelle des Bundesbeauftragte für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der DDR (BStU) angekündigt. Sie wollen mit einer erweiterten Realität und anderen modernen Technologien die Geschichte und Geschichten von Überwachung, Spitzelei und Studentenleben vor der Wende erzählen.

„Versagtes Vertrauen: Wie die Stasi und ihre Komplizen DDR-Wissenschaftler kalt ausgebootet haben

Neues Werk von Reinhard Buthmann skizziert an vielen Beispielen, wie sehr der ostdeutsche Geheimdienst „bürgerlichen“ Forschern misstraute Wie die Staatssicherheit einst „bürgerliche“ Wissenschaftler argwöhnisch beobachtete, oft auch drangsalierte oder gar kalt stellte, hat der Zeithistoriker und ehemalige Kosmosforscher Reinhard Buthmann recherchiert und in seinem Buch „Versagtes Vertrauen. Wissenschaftler der DDR im Visier der Staatssicherheit“ dargestellt. Auf knapp 1200 Seiten spannt er in diesem – im wahrsten Sinne des Wortes – gewichtigen Werk einen weiten Bogen. Der beginnt mit „Wissenschaft von der Tradition zur Moderne“ (Kapitel 3) und erstreckt sich über die Erwartungen und Anmutungen der Staatspartei SED hinweg bis zu der wachsenden Rolle des Geheimdienstes. Letztere analysiert der Autor akribisch am Beispiel der Hochtechnologien Mikroelektronik, Raumforschung, Kerntechnik und Flugzeugbau (Kapitel 4).

Der Politikwissenschaftler Henry Krause ist seit Sommer 2020 Vorsitzender im Trägerverein der Gedenkstätte in der ehemaligen MfS-Bezirksverwaltung Dresden. Foto: Pawel Sosnowski für den Trägerverein

Neue Spitze für Gedenkstätte in Ex-Stasi-Zentrale Dresden

Der Politologe Krause folgt auf Ex-OB Wagner Dresden, 14. Juli 2020. Der Politologe Henry Krause ist neuer Vorsitzender im Trägerverein der Gedenkstätte Bautzner Straße Dresden. Das hat der Verein „Erkenntnis durch Erinnerung“ mitgeteilt. Krause löst den ehemaligen Dresdner Oberbürgermeister Herbert Wagner ab, der nicht mehr kandidieren wollte.

Die "Svalbard"-Radaranlage aus dem "Eiscat"-Programm, für das sich schon in den 1980er Jahren die Stasi interessierte. Foto: Togr, Wikimedia, CC3-Lizenz, creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0/deed.en

Die Spione, die aus dem Norden kamen

Der finnischer Historiker Kimmo Elo hat mit moderner Datenanalyse alte Netzwerke der Stasi in Skandinavien rekonstruiert – und die Ergebnisse in Dresden vorgestellt. Dresden, 27. Februar 2020. Den ostdeutschen Genossen dabei helfen, den forschungsmäßigen Anschluss ans Westniveau zu finden? Klar: Als ihn dieser DDR-Kollege mit dem Decknamen „Rudolf“ von der Uni Jena 1982 danach fragte, war das für Dr. Onni Mäkinen* eine Frage der Ehre. Und vielleicht, so hoffte der finnische Kommunist und Physiker, würde ihm die legendäre „Hauptverwaltung Aufklärung“ (HVA) sogar dabei helfen, manch reaktionäres Element an seiner Uni zu neutralisieren, das seiner akadamischen Karriere schon seit Jahren im Wege stand. So kam es, dass der Stasi-Abgesandte wenig Mühe hatten, Mäkinen eines Abends alkoholisch abzufüllen und ihn zur Kooperation mit dem ostdeutschen Geheimdienst zu verpflichten. Selbst als der frischgebackene „IM Larsen“ aus seinem Rausch aufwachte, widerrief er die Verpflichtungserklärung nicht – und lieferte fortan bis kurz vor dem Zusammenbruch der DDR allerlei wichtige wie unwichtige Informationen nach Ostberlin… Pekka, Lanze und Larsen spionierten für Ostberlin Der finnische Forscher Dr. Kimmo Elo von der Universität …

Das rekonstruierte Dienstzimmer von Stasi-General Horst Böhm in der Gedenkstätte Bautzner Straße in Dresden. Foto: Heiko Weckbrodt

Rollenspiele in der Zonenstadt Raststatt

Trägerverein will die Gedenkstätte Bautzner Straße modernisieren und vom allzu engen Themenkreis „Stasi“ lösen Dresden, 2. Oktober 2018. Wie lange wird es wohl noch dauern, bis auch der letzte Ostdeutsche die Nase gestrichen voll hat von der eigenen Vergangenheit, das Kürzel „DDR“ nicht mehr hören kann? Bis jeder Schüler nur noch die Augen verdreht, wenn der Lehrer verkündet: „Und heute gehen wir in den Stasi-Knast“? Herbert Wagner und Uljana Sieber von der „Gedenkstätte Bautzner Straße“ sehen diesen Tag schon kommen. Nachdem sie zuletzt ihre Energie darauf konzentriert hatten, die ehemalige Stasi-Bezirksverwaltung als Museum umzubauen und zu sanieren, steht daher nun eine inhaltliche Modernisierung auf ihrer Agenda.

Ein Barkss - mutmaßlich ein Gefangenentransporter - bei der Einfahrt in die Bezirksverwaltung Dresden des MfS. Das Bild wurde für Stasi-Schulungszwecke gestellt. Abb. aus: Heiko Neumann: Und die hatten dann irgendwie meinen Willen gebrochen

Stasi-U-Haft Dresden: Suizidversuch mit dem Plaste-Messer

Historiker beleuchtet in Buch den Gefängnis-Alltag an der Bautzner Straße Ein bedrückendes Kapitel Dresdner Diktatur-Geschichte hat der Historiker Heiko Neumann als Master-Abschlussarbeit an der TU Dresden aufgearbeitet: Anhand bisher unveröffentlichter Interviews mit Häftlingen, aber auch mit Hilfe von Stasi-Akten hat er das Haftregime und die Vernehmungspraxis in der Dresdner Untersuchungs-Haftanstalt der Stasi untersucht. Unter dem Titel „Und die hatten dann irgendwie meinen Willen gebrochen“ hat er die Ergebnisse nun als Publikation der „Gedenkstätte Bautzner Straße“ veröffentlicht.

Von wegen, das gibts nur im Agentenfilm: Eine Maschinenpistole im Geigenkasten. Foto: Heiko Weckbrodt

Maschinenpistole im Geigenkasten

Sonderausstellung über Spionage in Ost und West im Militärhistorischen Museum Dresden Dresden,. 23. Oktober 2016. Maschinenpistolen im Geigenkasten, giftschießende Regenschirme oder Lippenstifte, die sich in tödliche Krallen verwandeln… Wer dachte, dies seien lediglich Hirngespinste phantasievoller Agentenfilm-Regisseure, der irrt: Tatsächlich gehörten solche bizarren Ausrüstungen zum Repertoire des Kalten Krieges, wurden teils auch von Spionen eingesetzt. Allerlei pittoreske Zeugnisse des (meist) unsichtbaren Geheimdienstkrieges zwischen Ost und West zeigt bis zum 29. November 2016 das Militärhistorische Museum Dresden in der Sonderausstellung „Achtung Spione!“.

Der provokative Habitus und der anarchistische Gestus der Punker (hier eine spätere, undatiertre Aufnahme einer Punkerin) galt vielen Stasi-Offizieren als einzige Provokation. Foto: Gegenalles, Jay Neill, Wikipedia, CC2-Lizenz

Dekadenter Abfall

Die Stasi wollte den Punk in der DDR zersetzen – und scheiterte letztlich Dresden, 18. Februar 2016. „Auf der Wiese steht die Kuh“, grölt die Punker-Stimme von der Orwo-Kassette. Immer und immer wieder. „Auf der Wiese steht die Kuh.“ Ein anderer Punk-Musikus schreit sich in tiefstem Sächsisch Frust und Lust über „Scheiße, Dreck und Schmutz“ und „totes stumpfes Menschenmeer“ in Leipzig heraus. Nein, so einen „dekadent-feindlichen“ „Abfall“ (so die Einstufungen in den MfS-Akten) wollten die Stasi-Offiziere nicht hören und schon gar nicht der ostdeutschen Jugend zumuten: Wo immer sich in den 1980er Jahren in der DDR Punk-Bands gründeten und gegen Nazis, Staatsmacht und Umweltzerstörung und für die Anarchie sangen, setzte der ostdeutsche Geheimdienst alle Hebel in Bewegung, um diese Unmusik auszumerzen und die Gruppen zu „zersetzen“.

Justin Wolfram (links) als Stasi-Offizier Wolf und Mike Imre als verhafteter Bergmann im Kammerspiel "Das Verhör", das gestern Abend im Stasi-Hafthaus an der Bautzner Straße in Dresden premiere hatte. Foto (bearbeitet): Heiko Weckbrodt

Staatsfeind oder Stasi-Mann

Projekt „Angeeckt“: Dresdner Schüler verarbeiten ihre zeitgeschichtlichen Recherchen zu Kammerspiel, Film, Hörbüchern und Zeichnungen Dresden, 18. Dezember 2015. In einem Theaterstück, einem Kurzfilm, Zeichnungen und Zeitzeugen-Interviews haben über 40 junge Dresdner ihre zeitgeschichtlichen Recherchen in der ehemaligen Stasi-Bezirkszentrale verarbeitet. Die Ergebnisse ihres dreimonatigen Projektes „Angeeckt“ haben die 13- bis 18-Jährigen gestern Abend in der Gedenkstätte an der Bautzner Straße in Dresden präsentiert…

Das ehemalige Dienstzimmer von General Böhm wurde komplett entkernt und das Hellerau-Interieur in die Gedenkstätte verlagert. Foto: Peter Weckbrodt

Stasi-Zentrale Dresden mutiert zur Wohnanlage

Schwaben bauen MfS-Komplex an Bautzner Straße um Dresden, 19. März 2015: Wo bis zum Herbst 1989 Stasioffiziere über noch erfolgreichere Lauschangriffe grübelten, wo sie sich in der noch vorhandenen Turnhalle für den Kampf mit Sinnesgenossen des Klassenfeindes fit machten, dort wird schon bald stinknormales gutbürgerliches Leben Einzug halten: Die Böblinger Ventar Immobilien AG baut große Teile der ehemaligen Stasi-Bezirksverwaltung an der Bautzner Straße in Dresden in einen Wohnungskomplex mit einem Aufwand von 18 Millionen Euro um.

Semperoper Dresden heute. Foto: Heiko Weckbrodt

Stasi-Aktion „Semperoper“: Am Mittwoch wird gezündet!

Vor 30 Jahren weihte Honecker die wiederaufgebaute Semperoper in Dresden ein – und im Vorfeld kam der Geheimdienst schwer ins Rotieren Dresden, 13. Februar 1985. Abgeschirmt von Tausenden Stasi-Leuten, Polizisten und Paramilitärs weihte der Staatsratsvorsitzende und SED-Parteichef Erich Honecker vor 30 Jahren, am 13. Februar 1985, die damals gerade neuerbaute Semperoper in Dresden ein. Rund 265 Millionen Mark hatte sich die DDR den Wiederaufbau der kriegszerstörten Oper kosten lassen und nun wollte sich Honecker in diesem Aufbauerfolg vor den ausländischen Gästen sonnen – ungestört von Misstönen durch Ausreisewillige, unzufriedene DDR-Bürger oder Systemkritiker. Auch das Datum für die Wiedereröffnung war mit Bedacht gewählt. Genau 40 Jahre zuvor war das prachtvolle Opernhaus während des alliierten Luftangriffs auf Dresden zerstört worden. Durch „angloamerikanische Terror-Bomber“, wie man damals zumindest SED-intern als Seitenhieb auf den „Klassenfeind“ noch gern formulierte.

Frauen waren bei der Stasi meist nur in untergeordneten Positionen tätig - hier eine Sekretärin Hauptabteilung Personenschutz (1980). Repro: BStU

Stasi blieb ein Männerverein

Nur 15,7 Prozent Frauenanteil im MfS – neue Ausstellung in Dresden Dresden/Berlin, 14. Januar 2015: Als Quelle von Geheimnissen waren Sekretärinnen im Westen unter den Schlapphüten um den DDR-Oberspion Markus Wolf einst ein beliebtes Ziel – derweil war es aber innerhalb des ostdeutschen Ministeriums für Staatssicherheit (MfS) mit der Integration und Gleichberechtigung der Frauen nicht allzu weit her. „Gegen Ende der DDR lag der Frauenanteil im MfS bei nur 15,7 Prozent – und nur ganz wenige Frauen waren in Führungspositionen tätig“, hat der Berliner Historiker Dr. Philipp Springer im Oiger-Gespräch eingeschätzt. Der wissenschaftliche Mitarbeiter des Stasiunterlagen-Beauftragten Roland Jahn hat dafür zahlreiche Akten aus dem Stasi-Bestand ausgewertet – heute Abend wird er in Dresden über seine Befunde unter dem Titel „Kampfgefährtin, Mutter, Frau“ referieren.

Am Nachmittag des 5. dezember 1989 trudelten nach und nach immer mehr Demonstranten vor der Stasi-Bezirkszentrale in Dresden ein, um eine vermutete Aktenvernichtung zu stoppen. Foto: Stephan Reichel

Da knisterte Revolution in der Luft

Vor 25 Jahren besetzen Dresdner die Stasi-Bezirkszentrale Dresden, 4. Dezember 2014: Morgen ist es genau 25 Jahre her, dass die Dresdner die MfS-Bezirksverwaltung an der Bautzner Straße besetzten. Was heute wie ein Ereignis unter vielen in der friedlichen Revolution klingen mag, war tatsächlich aber ein mutiger und wichtiger Etappensieg der Bürger – stellten sie sich doch erstmals in direkter Konfrontation der gefürchteten Stasi. „Das hatte etwas von echter Revolution“, erinnert sich der heute 50-jährige Dresdner Informatiker Stephan Reichel, der seinerzeit dabei war. „Da lag ein Knistern in der Luft.“