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Infineon investiert in Dresdner Chipfabriken

Raik Brettschneider ist einer der beiden Geschäftsführer von Infineon Dresden. Foto: Infineon

Raik Brettschneider ist einer der beiden Geschäftsführer von Infineon Dresden. Foto: Infineon

Neuer Geschäftsführer Brettschneider verspricht im DNN-Interview 300 neue Jobs

Dresden, 16. April 2018. Infineon plant, in den nächsten Jahren einen dreistelligen Millionenbetrag in den Standort Dresden zu investieren und will 300 neue Jobs schaffen. Ein Teil der Gelder fließt in Roboter und neue Automatisierungs-Ausrüstungen, ein anderer Teil in die ehemalige Qimonda-Fabrik: Anfang der 2020er Jahre wird dieses Chipwerk mit der Produktion von Leistungs-Mikroelektronik voll ausgelastet sein, verspricht Raik Brettschneider. Der gebürtige Sachse ist seit Oktober 2017 kaufmännischer Geschäftsführer von Infineon Dresden und Vizepräsident des sächsischen Hightech-Verbandes „Silicon Saxony“ – und hat in beiden Funktionen Helmut Warnecke beerbt. Oiger-Reporter Heiko Weckbrodt hat ihn über seine Pläne ausgefragt: ob die Roboter die Menschen verdrängen, wie der neue Chef die 300-mm-Fabrik auszulasten gedenkt und wie er über die Bosch-Ansiedlung denkt.

Wo sehen Sie den Infineon-Standort innerhalb des Konzerns und im internationalen Vergleich?

Raik Brettschneider: Wir haben hier eine sehr effiziente Fertigung, die sehr wettbewerbsfähig ist und gut ausgelastet. Ich sehe Infineon Dresden als einen starken und zukunftssicheren Standort.

Zwei ihrer drei Fabrik-Module arbeiten mit 200 Millimeter großen Siliziumscheiben statt der heute üblichen 300-Millimeter-Wafer. Auch den Wettlauf um immer kleinere Chipstrukturen macht Infineon Dresden schon seit einigen Jahren nicht mehr mit. Ist nicht längst eine grundlegende Neuausrüstung fällig?!

Raik Brettschneider: Nein, das sehe ich nicht so. Wir grenzen uns durch Spezialtechnologien von den Wettbewerbern ab. Wir haben in den vergangenen Jahren viel in unsere 200-Milimeter-Module investiert. Das hat unter anderem dazu geführt, dass diese Linien jetzt einen Automatisierungsgrad von 90 Prozent haben. Damit sind sie ähnlich hochautomatisiert wie ein neues 300-Millimeter-Werk. Und deshalb arbeiten sie bis heute sehr konkurrenzfähig. Übrigens waren wir mit dieser Strategie ein Vorreiter in der Branche.

HAP und Ortner Dresden, die inzwischen zur Fabmatics verschmolzen sind, haben auch InfineonChipwerke mit Robotern und anderer technik nachautomatisiert. Foto: Infineon/ Fabmatics

HAP und Ortner Dresden, die inzwischen zur Fabmatics verschmolzen sind, haben die Infineon-Chipwerke mit Robotern und anderer Technik nachautomatisiert. Foto: Infineon/ Fabmatics

Automatisierung bedeutet normalerweise: Maschinen, Roboter, machen die Arbeit, die vorher Menschen verrichtet haben. Müssen ihre Leute um ihre Jobs bangen?

Raik Brettschneider: Im Gegenteil: Wir stellen signifikant ein. Derzeit arbeiten bei uns 2200 Menschen, davon sind 95 Prozent feste Mitarbeiter. Etwa 100 Stellen sind momentan offen, wir suchen Fachkräfte. In den nächsten drei Jahren wollen wir auf zirka 2500 Beschäftigte kommen.

In den Dresdner Chipfabriken von Infineon werden viele „Industrie 4.0“-Prinzipien schon heute erprobt – auch das Miteinander von Roboter und Mensch

Wie ist ihre 300-Millimeter-Fabrik für Leistungshalbleiter ausgelastet? Als Infineon den ehemaligen Qimonda-Reinraum 2011 übernommen hat, war die Rede davon, dort etwa 250 Millionen Euro in den Aufbau der Leistungshalbleiter-Produktion zu investieren und bis 2014 etwa 250 neue Jobs zu schaffen. Tatsächlich hat sich der Ausbau ziemlich hingeschleppt…

Raik Brettschneider: Ja, der Markt hat sich langsamer entwickelt als wir gedacht hatten. Aber die Investitions- und Arbeitsplatz-Versprechen haben wir erfüllt. Jetzt zieht die Nachfrage für Leistungshalbleiter wirklich an. Derzeit ist die 300-Millimeter-Fabrik zu 30 Prozent ausgebaut. Anfang der 2020er Jahre wird sie komplett ausgebaut und voll ausgelastet sein.

Woher sollen die Nachfrageimpulse kommen, um die Fabrik entsprechend auszulasten?

Raik Brettschneider: Die ganz großen Treiber hinter der Nachfrage für unsere Schaltkreise sind der demografische Wandel, der Klimawandel und die digitale Transformation der Gesellschaft. Denken Sie beispielsweise an die Entwicklung hin zum automatischen und zum autonom fahrenden Auto: Je mehr Fahrerassistenzsysteme eingebaut werden, um so mehr Elektronik steckt in den Autos – und ein Teil davon kommt von Infineon Dresden. Die Leistungshalbleiter aus Dresden stecken schon heute weltweit in Kühlschränken und Smartphones, in Solaranlagen und Zügen.

Wie sehen Ihre Investitionspläne aus?

Raik Brettschneider: Seit 2009 haben wir hier am Standort rund 800 Millionen Euro investiert: etwa eine halbe Milliarde in das 300-Millimeter-Werk und die restlichen 300 Millionen in die 200-Millimeter-Linien. Und wir werden diesen Kurs fortsetzen. Zum Beispiel wollen wir weitere Anlagen, die heute noch Aluminium-Leiterbahnen erzeugen, auf Kupfer umrüsten, um schnellere Schaltkreise zu ermöglichen. Wir möchten unsere Linien unter anderem für Radarelektronik fürs autonome Fahren ertüchtigen. Und wir wollen die Fabrik weiter automatisieren und freifahrende Roboter für den Wafertransport erproben.

Wieviel investiert das Unternehmen?

Raik Brettschneider: Das kann ich Ihnen noch nicht genau sagen. Aber wir gehen von einem dreistelligen Millionenbetrag in den nächsten Jahren aus.

Ist die Ansiedlung der Bosch-Fabrik, die ja auch Elektronik für die Autoindustrie fertigen soll – und dies auf 300-Millimeter-Scheiben – eher ein Vorteil oder ein Nachteil für Infineon Dresden? Zudem werden sie wohl auch um Fachkräfte konkurrieren?!

Raik Brettschneider: Wir sehen keine Überschneidungen mit Bosch und sind überzeugt, genügend Absolventen davon überzeugen zu können, bei uns anzufangen. Ich kann die Ansiedlung von Bosch nur begrüßen: Dadurch wächst Silicon Saxony, das stärkt den Mikroelektronik-Standort Dresden – und das ist auch gut für Infineon.

Autor: Heiko Weckbrodt

Repro: Oiger, Original: Madeleine Arndt

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