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FAST-Cluster Dresden: Die Maschine fühlen

Norman Franchi koordiniert das Teilprojekt "FAST Realtime" im Cluster FAST, das von der TU Dresden korrdiniert wird. Foto: Heiko Weckbrodt

Norman Franchi koordiniert das Teilprojekt „FAST Realtime“ im Cluster FAST, das von der TU Dresden korrdiniert wird. Foto: Heiko Weckbrodt

Ingenieure der TU Dresden bringen zusammen mit Industriepartnern Autos und Robotern bei, in „Echtzeit“ zu antworten

Dresden, 27. März 2018. Die Zukunft gehört den Echtzeit-Maschinen: Robotern, die ohne spürbare Verzögerung auf Befehle reagieren (und sie hoffentlich auch ausführen), Autos, die binnen Mikrosekunden automatisch auf die Bremse latschen, wenn ein Unfall droht, und virtuellen Welten, die sich kaum noch von realen Welten unterscheiden lassen. Davon sind jedenfalls die Ingenieure und Industriepartner der TU Dresden überzeugt, die sich im bundesfinanzierten Forschungs-Cluster „FAST“ („Fast actuators, sensors and transceivers“ = schnelle Regler, Sensoren und Sender) zusammengeschlossen haben. Heute trafen sie sich in Dresden für eine Zwischenbilanz.

Die Hälfte ist geschafft

„Die Hälfte ist geschafft“, schätzte Dr. Norman Franchi, Koordinator für das Teilprojekt „Fast Realtime“ (Schnelle Echtzeit) ein. Ursprünglich war das Projekt 2015 als Teil des „Zwanzig20“-Programms des Bundes gestartet, sollte also 2020 enden. Inzwischen haben Die TUD-Professoren Prof. Frank Ellinger, Inhaber der Professur für Schaltungstechnik und Netzwerktheorie, und Prof. Gerhard Fettweis, Inhaber der Vodafone Stiftungsprofessur für Mobile Nachrichtensysteme, die das Gesamtprojekt koordinieren, aber vom Bundesforschungsministerium eine Verlängerung im ein Jahr bekommen, informiert Franchi. Einige Teilprojekte werden demnach bereits 2018 abgeschlossen, andere bis 2021. „Für einige Forschungsergebnisse und Prototypen bereiten wir jetzt die kommerzielle Verwertung vor.“

Bergleute werden zu Drohnenpiloten

Dazu gehört beispielsweise ein elektrisch verstärkter Transportkarren mit neuentwickelten „taktilen Griffen“, der durch eine bloße sachte Berührung spürt, wohin der Lagerarbeiter seine Fuhre hinfahren will. Mit diesen „fühlenden Griffen“ aus Dresden sollen künftig auch Bergleute – ähnlich wie militärische Drohnenpiloten – über kilometerweite Distanzen zum Beispiel Bohrmaschinen untertage fernsteuern können. Dabei soll der Bergmann seine ferngesteuerte Maschine „fühlen“ wie einen verlängerten Arm: „Wenn die Bohrer auf zu hartes Gestein treffen, bekommt der Bediener sofort ein haptisches Feedback über die Griffe“, berichtet Dr. Franchi. Zudem fließen zentrale Forschungsergebnisse der FAST-Ingenieure derzeit in die internationalen Standards ein, die den Mobilfunk der 5. Generation (5G) definieren.

Echtzeit ist Schlüsselfähigkeit für Zukunftstechnologien

Aber was meint „Echtzeit“ eigentlich und warum ist sie so wichtig? Es gibt doch keine „Falschzeit“, oder?! In der Informatik bedeutet Echtzeit, dass ein System, das Ergebnisse in einer klar definierten Zeitspanne zuverlässig liefert. Für Spiele hat sich der Begriff in dem Sinne eingebürgert, dass die Maschine ohne jede für Menschen spürbare Verzögerung antwortet. Also das genaue Gegenteil zum Beispiel von einem Skatspiel, bei dem man mit dem nächsten Zug stets warten muss, bis die anderen beiden Mitspieler gezogen haben – unter Umständen eine halbe Ewigkeit. Dieses ältere Spielprinzip nennt sich „rundenbasiert“. Würde man Skat aber gegen einen Computer dreschen, käme uns die Antwort wie in „Echtzeit“ vor – weil das Elektronenhirn nahezu sofort seinen Zug berechnet hat. Dies liegt aber daran, dass Skat ein leicht überschaubares Spiel mit wenigen Regeln ist.

Echtzeit-Fähigkeit kann über Leben oder Tod entscheiden

Anders ist es, wenn der Computer in einem fahrerlosen Auto residiert. Das füttert den Rechenknecht pro Sekunde mit unzähligen Kamera- und Sensordaten und verlangt von ihm Fahr-Entscheidungen in komplexen Verkehrssituationen, die aufwendige Berechnungen erfordern. Dann wird die „Echtzeit-Fähigkeit“ des Gesamtsystems „Auto“ zur Frage von Leben oder Tod: Der Bordcomputer muss sich dann in wenigen Hundert Mikrosekunden entscheiden, ob er bremst oder das Steuer herumreißt. Dafür muss jedes einzelne Teilsystem vom Radarsensor bis zum Bremsmechanismus echtzeitfähig sein, sonst kommt es zum Knall. Und an eben dieser durchgängigen „Echtzeit-Kette“ für Autos, Roboter und andere Maschinen, die höchst zuverlässig in jeder Situation reagieren müssen, arbeiten die FAST-Wissenschaftler in Dresden und ihre Partner von außerhalb. Denn Echtzeit, so sind die Ingenieure aus Sachsen überzeugt, wird eine Schlüsselfähigkeit für viele Zukunftstechnologien sein.

Über Fast

FAST umfasst insgesamt 90 Partner und 30 Teilprojekte. Dazu gehören vier Basisprojekte:

„FAST Access“ (Schwerpunkt: Schaltungstechnik),

„FAST Carnet“ (Ethernet-Lösung als Ersatz für die bisherigen Bus-Systeme in Autos)

„FAST Realtime“ (durchgängig Echtzeitfähige Systeme)

„FAST Wireless“ (Funklösungen mit geringen Latenzzeiten, insbesondere 5G-Mobilfunk, der WLAN, Bluetooth und andere lolkale Funklösungen integriert).

Außerdem bearbeiten die Partner 21 Anwendungsszenarien von Industrie 4.0 über Medizintechnik bis hin zum vernetzten fahren) sowie fünf Zusatzprojekte, die sich dem Transfer der Forschungsergebnisse in die Praxis widmen.

Autor: Heiko Weckbrodt

Repro: Oiger, Original: Madeleine Arndt

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