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Mini-Fabriken für Zellkulturen

Dr. Alvin Thomas von Denovomatrix stellt Biomaterialien im Labor her. Foto: Magdalena Gonciarz

Dr. Alvin Thomas von Denovomatrix stellt Biomaterialien im Labor her. Foto: Magdalena Gonciarz

Uni-Ausgründung „Denovomatrix“ aus Dresden will mit Biomatrizen die Petrischale beerben und den Weg zu innovativen Zell-Therapien ebnen

Dresden, 22. Februar 2018. Biotechnologen aus Dresden haben Mini-Versuchsfabriken für Zellkulturen entwickelt. Diese Kulturen sind wichtig, um neuartige Zelltherapien zum Beispiel gegen Krebs, Leberzirrhose oder Herzschwäche entwickeln zu können. Die ersten dieser „screenMatrix“ genannten Entwicklungsplattformen bringt die Vermarktungstochter der TU Dresden, die Tudag, auf den Markt. Die vier Forscher und Gründer wollen dann im Sommer die Firma Denovomatrix gründen. Die soll die Zell-Fabriken weiterentwickeln und gemeinsam mit Laborausrüstern international vermarkten. „Wir wollen in einer Schale die Biologie des Menschen nachstellen“, erklärte Denovomatrix-Mitgründerin Nadine Schmieder-Galfe.

Mediziner hoffen auf bessere Behandlungen durch Zelltherapien

Die Nachfrage könnte groß sein. Denn weltweit versprechen sich Mediziner und Biotechnologen von Stammzelltherapien und anderen neuen zellbasierten Heilungsmethoden große Fortschritte im Kampf gegen Krebs und andere Krankheiten. „Recht bekannt sind schon die Therapien mit Zellen des Rückenmarks, die gegen Leukämie eingesetzt werden“, sagte die 34-jährige Schmieder-Galfe. „Aber in den nächsten Jahren werden noch viele andere Zelltherapien auf den Markt kommen.“

Für zellbasierte Therapien benötigen die Entwickler zunächst Zellkulturen - wie diese Nervenzellen, die aus Stammzellen gewonnen wurden. Foto: Dr. Richard Wetzel

Für zellbasierte Therapien benötigen die Entwickler zunächst Zellkulturen – wie diese Nervenzellen, die aus Stammzellen gewonnen wurden. Foto: Dr. Richard Wetzel

Vor dem Experiment am lebenden Organismus kommt bisher die Petrischale

Was die Entwickler dafür brauchen, sind gute Experimentier-Umgebungen. Umgebungen, in denen zum Beispiel Leber- oder Herzzellen gut wachsen können oder in denen sie Stammzellen vor dem Versuch an Tier und Mensch zuverlässig testen können. Petrischalen aus Kunststoff oder Glas sind dafür wenig geeignet, weil sie sich mechanisch-physikalisch und biochemisch anders verhalten als die Umgebung der Zellen in einem lebenden Organismus.

Dr. Alvin Thomas von Denovomatrix stellt Biomaterialien im Labor her. Foto: Magdalena Gonciarz

Dr. Alvin Thomas von Denovomatrix stellt Biomaterialien im Labor her. Foto: Magdalena Gonciarz

Technologie im B-Cube Dresden entwickelt

Im Biotech-Zentrum „B-Cube“ der TU Dresden arbeiteten in den vergangenen Jahren zahlreiche Forscher daran, dieses Problem zu lösen. Der Forscher und „Denovomatrix“-Ideengeber Dr. Robert Wieduwild kam schließlich auf den richtigen Dreh: In einem bestimmten Biomaterial fühlen sich Versuchszellen ähnlich wohl wie in einem natürlichen Organismus. Dieses Material aus Kohlenhydraten und sogenannten „biomimetischen Peptiden“ (kurze, wandlungsfähige Proteine) simuliert die Zuckermoleküle, Proteine und Signalmoleküle, von denen biologische Zellen in natura ständig umgeben sind.

Netzhaut-Zellen unter dem Mikroskop. Foto: Dr. Richard Wetzel

Netzhaut-Zellen unter dem Mikroskop. Foto: Dr. Richard Wetzel

Dutzende Zell-Inkubator auf einen Schlag testen

Um diesen Effekt für Labore im industriellen Maßstab nutzbar zu machen, tragen die „Denovomatrix“-Ingenieure eine wenige Mikrometer dünne Schicht aus diesen Stoffen auf Trägerplatten auf. Jede Platte enthält 96 kleine Löcher. Und jedes Loch bekommt eine leicht veränderte Mischung des Biomaterials ab. Dadurch vermag solch ein Träger in kürzester Zeit verschiedene biologische Umgebungen durchzutesten. Dadurch können etwa Zelltherapie-Forscher schnell erproben, in welcher synthetisch erzeugen Umgebung Leber- oder Herzzellen am Besten gedeihen. „Das ist eine Technologie, die kein anderer hat“, ist sich der 29-jährige Biotechnologe Dejan Husman vom „Denovomatrix“-Gründerteam sicher.

Interessant auch für Implantat-Hersteller

Und die jungen Forscher denken auch schon daran, den Effekt umzudrehen, um weitere Märkte für ihre Zell-Träger zu erschließen. „Wenn unsere Matrix Umgebungen simulieren kann, in denen Zellen besonders gut wachsen, können sie umgedreht auch zeigen, wo Bakterien besonders schlecht anhaften. Und das könnte sehr interessant beispielsweise für Zahnimplantat-Hersteller sein“, meint Schmieder-Galfe.

Das Bioinnovationszentrum BioZ in Dresden-Johannstadt in überfüllt. Fotos (bearbeitet): Heiko Weckbrodt

Das Bioinnovationszentrum BioZ in Dresden-Johannstadt. Foto (bearbeitet): Heiko Weckbrodt

Auf der Suche nach Risikokapitalisten

Biotech ist allerdings keine Billigtechnologie und daher werden die Gründer bald mehr Geld brauchen. Sie verhandeln derzeit mit Investoren, die Risikokapital bereitstellen wollen. Im Sommer wollen sie ihr Unternehmen „Denovomatrix“ dann offiziell gründen und ins städtische Biotechnologie-Gründerzentrum „BioZ“ am Tatzberg einziehen – dort werden durch den Auszug der Organikelektronik-Schmiede Novaled in diesem Jahr viele Labore frei. „Unser Plan ist, unsere Matrix-Produkte zusammen mit Partnern rasch auch international zu vermarkten“, betont Schmieder-Galfe.

Autor: Heiko Weckbrodt

Mehr Infos im Netz: denovomatrix.com

 

Repro: Oiger, Original: Madeleine Arndt

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