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Tretbox: Elektrische Last-Dreiräder gehen 2019 in Serie

Das erste Funktionsmuster der Tretbox soll im Frühjahr 2018 stehen, der Prototyp mit allen Designelementen dann im Juni oder Juli 2018. Visualisierung: Tretbox

Das erste Funktionsmuster der Tretbox soll im Frühjahr 2018 stehen, der Prototyp mit allen Designelementen dann im Juni oder Juli 2018. Visualisierung: Tretbox

Mit dem Elektro-Dreirad aus dem Diesel-Dunst: Tretbox konstruiert im VW-Inkubator Dresden elektrische Trikes für die Paketzustellung von morgen

Dresden/Berlin, 18. Dezember 2017. Mit elektrischen Dreirädern, die in Fußgänger-Zonen teilautomatisch navigieren können, wollen die Firmen-Gründer Beres Seelbach und Murat Günak aus Berlin die Luft über Deutschland sauberer machen und Staus in den Großstädten mindern. Volkswagen hat diese Idee so gefallen, dass der Autokonzern das neunköpfige „Tretbox“-Team aus Berlin für 200 Tage in seinen Firmen-Inkubator in der Gläsernen Manufaktur Dresden eingeladen hat. Dort arbeitet das junge Unternehmen nun an einem „Tretbox“-Prototypen. 2019 soll das elektrisch betriebene Lastrad in Serie gehen. Tausende Tretboxen könnten dann vielerorts anstelle von Diesel-Transportern die Paketzustellung und andere Güter-Feinverteilung in den Städten übernehmen.

Prognose: Weil Online-Handel wächst, verdoppelt sich Paketverkehr bis 2023

„Wir alle bestellen immer mehr Waren im Internet – und senden sie zurück, wenn sie uns nicht gefallen“, skizziert der 33-jährige Wirtschaftswissenschaftler und Firmen-Gründer Seelbach den konzeptionellen Ursprung des E-Dreirads. „Im vergangenen Jahr wurden in Deutschland bereits drei Milliarden Pakete verschickt und es gibt Schätzungen, dass sich diese Zahl in sieben Jahren verdoppeln wird.“

1. und letzte Meile elektrisch überwinden

Über größere Distanzen lassen sich solche Güter halbwegs umweltbewusst transportieren – etwa per Bahn oder Schiff. Das Problem sind die erste und die letzte Meile, zum Beispiel von der Fabrik zum Güterzentrum oder vom Rangierbahnhof zum Endkonsumenten daheim. Auch dafür gab es in Dresden schon Versuche, den Güterverkehr beispielsweise auf die Straßenbahnschiene zu verlagern.

Pool fahrtüchtiger Studenten schrumpft für Paketdienste

Richtig durchsetzen konnten sich diese Konzepte aber nicht. Zu flexibel und günstig erscheint immer noch der klassische Diesel-Transporter oder Kleinlaster, um in schneller Abfolge weitverstreute Empfänger zu beliefern. Diese Transporter sorgen allerdings für hohes Verkehrsaufkommen auf den Straßen, befördern Staus, binden Parkplätze und belasten die Stadtluft mit Stickoxiden und Feinstaub. Hinzu kommt: „Viele Kurierdienste haben in der Vergangenheit gerne Studenten als Fahrer eingesetzt“, sagt Seelbach. Aber seitdem Autofahren nicht mehr als hip gelte, ergo immer weniger Studenten einen Führerschein haben, versiege dieser Fahrer-Pool.

Alu-Bauweise geplant

Für die elektrischen Tretboxen hingegen werde kein Autoführerschein gebraucht. Sie seien durch ihren elektrischen Antrieb weitgehend abgasfrei, recht leicht durch ihre Aluminium-Bauweise sowie klein, wendig und doch stabil genug, um auch schwere Lasten zu transportieren, in jeden Hof zu gelangen und vor jeder Haustür zu parken.

Die Tretbox soll es als elektrisches Cargo- und Familien-Dreirad geben. Foto: Tretbox

Die Tretbox soll es zunächst als elektrisches Cargo-Dreirad geben, später wird es womöglich auch eine Familienausführung geben. Foto: Tretbox

Tretboxen wechseln ihre Paketcontainer in City-Hubs

Die E-Dreiräder sollen mit Wechselcontainern beladen werden, in die jeweils rund 50 Pakete passen. „Der Fahrer holt sich den vollen Container im City-Depot ab, liefert alle Pakete aus und übernimmt dann den nächsten beladenen Container“, skizziert Seelbach das Konzept. Dies lasse sich auch für andere Wirtschaftsgüter adaptieren, dafür müsse die Firma aber zunächst eine geeignete Lade-Einrichtung konstruieren. Mit einer vollgeladenen Batterie soll eine Tretbox auf etwa 80 Kilometer Reichweite kommen. Außerdem sei ein Netz von Akku-Tauschstationen geplant, um lange Nachlade-Pausen zu vermeiden.

Follow-Me-Modus geplant

„Und wir werden die Tretboxen mit Assistenzsystemen ausstatten, die man bisher nur von Autos kennt“, kündigte Seelbach an. Beispielsweise sollen die Paketboten ihren Tretboxen befehlen können: „Folge mir!“. Dann wechseln die E-Dreiräder in einen halbautomatischen Modus und rollen dem Fahrer zum Beispiel in einer Fußgänger-Zone wie ein williger Lastesel hinterher. An den Anblick solch robotischer Verfolger wird man sich wohl bald gewöhnen müssen: Wenn die 200 Tage Brutzeit im Inkubator der gläsernen VW-Manufaktur enden, will und muss Tretbox das erste Funktionsmuster vorweisen. Im Sommer 2018 soll ein Prototyp für Testfahren bereit stehen. Und 2019 wollen Seelbach und Günak die Serienproduktion der „Tretbox“ bei einem deutschen Auftragsfertiger starten. „Da sprechen wir anfangs von vielleicht 500 Stück, später aber von Tausenden Tretboxen jährlich“, sagt Seelbach.

Werbevideo für die Tretbox:
 

Tretbox Intro Video – The problem with First and Last mile delivery and what we are going to do about it! from Tretbox on Vimeo.

 

Zielgruppe sind DHL, Amazon & Co.

Verticken will er die elektrischen Dreiräder an Paketdienste, Online-Versandhändler und andere Geschäftskunden in Europa und Nordamerika. An einzelne Privatkunden will er die Trikes nicht verkaufen: Dafür wäre ein Servicenetz nötig, dessen Aufbau das junge Unternehmen wohl überfordern würde. Wenn aber zum Beispiel die Stadt Dresden ein Verleihnetz elektrischer Lasträder aufbauen wolle, wie nach dem jüngsten Diesel-Gipfel angekündigt, dann könne er sich eine Zusammenarbeit gut vorstellen, versicherte der Tretbox-Chef. Überhaupt sei er von der Wirtschaftsförderung in der sächsischen Landeshauptstadt beeindruckt: Zwar gebe es mehr Startup-Gründungen in Berlin – allerdings trotz und nicht wegen der sortigen Wirtschaftsförderer. Unterstützt fühle er sich jedenfalls in Dresden deutlich mehr.

Autor: Heiko Weckbrodt

Repro: Oiger, Original: Madeleine Arndt

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