Nürnberger „Smart City System“ testet in Dresden Parkplatz-Sensoren
Dresden, 14. Dezember 2017. Das Nürnberger Jungunternehmen „Smart City System“ (SCS) haben den Parkplatz vor der Gläsernen VW-Manufaktur Dresden nun mit Magnetsensoren gepflastert. Die zeigen künftig in Navigationsprogrammen den Autofahrern an, wo noch Stellplätze frei sind. Im ersten Quartal 2018 werde Volkswagen diese Funktion in die konzerneigenen Apps „WePark“ und „Travipay“ integrieren, kündigte Manufaktur-Sprecher Carsten Krebs an. Außerdem erwäge man in Wolfsburg, ein ganzes Firmen-Parkhaus mit den SCS-Sensoren auszurüsten. „Wir sehen großes Potenzial in diesem Start-up“, sagte Krebs.
Großtest in Dresden geplant
Die Verbindung zu Volkswagen kommt nicht von ungefähr: „Smart City System“ gehört zu jenen frischgegründeten Firmen, die der VW-Inkubator in der Gläsernen Manufaktur derzeit ausbrütet. Ein Teil des besonderen Services, den Firmengründer mit innovativen Mobilitäts-Konzepten dort genießen, ist auch Nagelprobe in der Praxis: Der kommunale Wirtschaftsförderungs-Chef Robert Franke will versuchen, dem jungen SCS-Team einen weiteren Parkplatz in der Stadt zur Verfügung zu stellen, damit sie ihre Technologien dort einmal in größerem Maßstab testen können. SCS-Chef Thorge Harms zeigte sich angetan von der Startup-Förderung in Sachsen: Ein Teil des Unternehmens werde voraussichtlich nach Dresden umziehen, kündigte der 24-jährige Wirtschaftswissenschaftler an.
Wo Großkonzerne scheiterten, will ein Studenten-Startup reüssieren
Harms und vier weitere Studenten hatten „Smart City System“ Anfang 2017 gegründet, um Konzepte für die intelligente Stadt von morgen zu kommerzialisieren. Sie spezialisierten sich dabei auf die sensorgestützte vernetzte Parkraum-Bewirtschaftung. Zwar haben bereits große Konzerne wie Siemens und NXP mit nur mäßigen Erfolgen versucht, die Belegung von Parkplätzen für Navis und Leitstellen digital „sichtbar“ zu machen – teils mit Druck- oder Magnetsensoren, teils mit Radar-Lichtmasten. Der große Wurf ist bisher keinem gelungen.
Nachkalibrierbare Magnetsensoren sollen belegte Parkplätze besser erkennen
Die kleine Studentenfirma aus Nürnberg möchte das nun von Dresden aus ändern: Sie verwenden austauschbare Magnetsensoren, die im Boden in aufgeklebten Halterungen sitzen und die auch immer wieder neu programmiert werden können. Dies hatte sich bei früheren Versuchen als ein Knackpunkt erwiesen: Zwar kann ein Auto auf einem Parkplatz prinzipiell durch Magnetsensoren entdeckt werden. Weil sich aber das Erdmagnetfeld ständig ändert und gerade in Großstädten viele Störfelder existieren, waren die Fehlerquoten in früheren Feldtests zu hoch ausgefallen. Eine raffinierte Nachkalibrierung soll diese Probleme beim SCS-System vermeiden. „Wir sind jetzt bei 90 Prozent Trefferquote, unser Ziel sind 99,5 Prozent“, sagt Harms.
Inzwischen 200 Stellflächen ausgerüstet
Die Sensoren heißen „Parking Pilots“, wurden von SCS entwickeln, werden aber von Auftragsfertigern produziert. Jeder Sensor kostet etwa 50 Euro. Der „Parking Pilot“ ist im Übrigen zweiteilig: Die Halterung wird auf der Straße beziehungsweise Stellfläche aufgeklebt, der Sensor selbst in eine Halterung eingeklinkt. Die Informationen, ob er ein Auto erkannt hat, wie lange es dort schon steht et cetera sendet er nicht auf einem Standardkanal, sondern auf 886 Megahertz. Die Reichweite liege bei etwa 300 Metern, sagt der SCS-Chef. „Wir haben inzwischen rund 200 Stellflächen in Nürnberg, Erlangen, Hof, Leipzig, Dresden und Berlin damit ausgestattet“, berichtet Thorge Harms. Die ersten Praxis-Erfahrungen seien ermutigend: Auch Regen, Schneepflüge und anderes Unbill habe die „Parking Pilots“ nicht außer Gefecht gesetzt.
Parkplatz schon während der Fahrt reservieren
Im Dresdner Inkubator arbeitet das Team bereits an den nächsten neuen Diensten, die aus den Sensor-Netzwerken erwachsen können. So haben sie beispielsweise den Prototypen einer elektronischen Säule gebaut, die auf Privatparkplätzen wechselnde Kennzeichen anzeigen kann. Die Idee dahinter: Manche Autofahrer wären bestimmt bereit, Geld für einen solcherart reservierten Privatparkplatz vor einem Fußball-Stadion an einem Spieltag auszugeben, um sich die nervige Parkplatzsuche zu sparen. Solch eine Reservierung gegen Aufpreis soll künftig schon Hunderte Kilometer vor dem Ziel per Navi-App möglich sein. Und wenn es nach dem Wirtschaftsförderer Franke geht, dann werden solche neuen „Smart City“-Konzepte künftig vor allem einen in einer Stadt getestet: Dresden.
Autor: Heiko Weckbrodt
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