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Permakultur-Genossenschaft aus Dresden wirbt um Geld vom Internetschwarm

Karl Kretschmer (rechts) und seine Mitstreiter wollen den Beweis antreten, dass permakulturelle Landwirtschaft auch wirtschaftlich - und nicht nur allein aus ideelem Engagement - machbar ist. Foto: Permagold

Karl Kretschmer (rechts) und seine Mitstreiter wollen den Beweis antreten, dass permakultureller Anbau auch wirtschaftlich – und nicht nur allein aus ideellem Engagement – machbar ist. Foto: Permagold

Landkauf geplant: Crowdfunding soll „Fluchtplan“ aus der monokulturellen Sackgasse finanzieren

Dresden, 16. November 2017. Über die Vorteile ökologische Landwirtschaft und über die Ignoranz der „blöden“ Monokultur-Petizid-Bauern lässt sich trefflich schwadronieren, wenn man daheim in der guten Stube sitzt, einen Bio-Äpfel schnurpst, ein Gläschen Bio-Wein schlürft – und sich die Hände dabei nicht dreckig macht. Internet-Schwarmfinanzier Jens-Uwe Sauer, Ingenieur Karl Kretschmer und andere ökologisch Gesinnte wollten eines Tages mehr tun und selber anpacken. Sie haben in Dresden die Genossenschaft „Permagold“ gegründet. Die sitzt im Firmeninkubator „Impact Hub“ in der alten Post hinterm Hauptbahnhof und hat es sich auf die Fahnen geschrieben, mit Genossenschaftsgeldern Land zu kaufen, dort Früchte, Pilze und andere Lebensmittel nach den Prinzipien der sogenannten „Permakultur“ anzubauen und auch selber zu vermarkten.

Permagold-Vorstand: Wollen Landwirtschaft zukunftsfähiger machen“

„Wir sind überzeugt, dass die konventionelle Landwirtschaft in einer Sackgasse ist“, erklärt der 28-jährige Kretschmer, der zuletzt als Unternehmensberater gearbeitet hatte. „Wir wollen unseren Beitrag leisten, die Landwirtschaft zukunftsfähiger zu machen.“

Was ist Permakultur?

Gemeint ist eine Abkehr von Monokulturen wie Raps, Sonnenblumen oder Weizen auf den Feldern und eine Hinwendung zu einer Mischkultur. Das Wort „Permakultur steht für permanente Landwirtschaft (englisch: permanent agriculture). Die Idee dahinter: Statt sich auf bestimmte Früchte oder Getreide zu spezialisieren und schnell hohe Erträge anzustreben, siedeln Permakultur-Bauern eine Vielzahl von unterschiedlichen Pflanzen und Tieren auf ihrem Land an. Dadurch soll sich ein natürliches Gleichgewicht auf dem Feld, der Wiese oder im Waldstück einpegeln. Die Permakulturellen wollen selbsterhaltende und dauerhaft funktionierende Kreisläufe von Flora und Fauna in Gang setzen – ganz ohne Pestizide, Kunstdünger und andere menschliche Eingriffe. Dies soll die Natur schonen und doch genug Ernte für den Menschen abwerfen.

Heute Crowdfunding-Start

„Diese Prinzipien wurden in Europa schon vor Jahrzehnten wiederentdeckt“, räumt Kretschmer ein. „Aber systematisch für die Landwirtschaft eingesetzt hat man sie kaum.“ Die Dresdner wollen daher ab heute über ihre Internetseite perma.gold Geld vom Internetschwarm einsammeln („Crowdfunding“), damit Land und Setzlinge ankaufen und in Sachsen die Permakultur-Kreisläufe in Schwung bringen. Wer Genossenschaftsanteile ab 50 Euro aufwärts kauft, dem winken der Zugang zu Permakultur-Lebensmitteln,  das Gefühl, ein gutes Werk zu vollbringen – und 3 % Rendite.

Die Shiitakepilz-Zucht in Leckwitz. Foto: Permagold

Die Shiitakepilz-Zucht in Leckwitz. Foto: Permagold

Start mit Shiitake-Pilzen

Um dem Internetschwarm rasch etwas Vorzeigbares zu bieten, startet Permagold mit einem kleinen Projekt: einer permakulturellen Zucht von Bio-Shiitake-Pilzen, die schon bald eine Ernte abwerfen. Kommt mehr Geld zusammen, wollen die mittlerweile 72 Genossenschaftler eine Quelle in Rehefeld im Erzgebirge kaufen, um damit „Bio-Wasser“ zu fördern und später auch Fruchtsäfte zu vermarkten. Im nächsten Schritt möchten sie fünf Hektar Land im sächsischen Leckwitz erwerben, um dort die ersten Bäume und Sträucher anzubauen. Und wenn richtig viel Geld in der Kasse ist, wird Permagold rund 200 Hektar für eine größere Permakultur-Farm kaufen oder pachten – „im europäischen Ausland, möglicherweise in Moldawien“, verrät Kretschmer.

Mit Permakulturelle drängen auch in die Supermärkte

Die ersten Pilze wollen er und seine Kollegen im Frühjahr 2018 verkaufen. Abnehmer sollen zunächst vor allem die Genossenschafts-Mitglieder selbst sein. Die meisten Permakultur-Produkte kosten ähnlich viel wie Bio-Obst und -Gemüse, schätzt Kretschmer. „Später wollen wir unsere Produkte auch in Supermärkten anbieten“, kündigt der Permagold-Vorstand an und verweist auf die ersten Permakultur-Produkte, die inzwischen sogar die Regale von „real“-Märkten erreicht haben.

Permakultur auch auf größeren Flächen wirtschaftlich machbar

„Letztlich wollen wir auch den Beweis antreten, dass Permakultur auch auf größeren Flächen wirtschaftlich machbar ist“, betonte er. Vielleicht, so hoffen er und seine Mitstreiter, hat dies dann auch Vorbildwirkung für andere Landwirte. „Wir denken, dass Permakultur eine mögliche Alternative ist, um uns künftig zu ernähren.“

Autor: Heiko Weckbrodt

Repro: Oiger, Original: Madeleine Arndt

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