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Eine Manufaktur aus Dresden wider die Windelberge

Manufaktur-Gründerin Stephanie Oppitz schneidet Stoff für eine Außenwindel zu. Foto: Heiko Weckbrodt

Manufaktur-Gründerin Stephanie Oppitz schneidet Stoff für eine Außenwindel zu. Foto: Heiko Weckbrodt

Dresdner Ingenieurin Oppitz beliefert immer mehr Mütter mit eigenkreierten Baby-Mehrwegwindeln

Dresden, 6. Oktober 2017. Es gibt Produkte, von denen glaubt man, sie seien nach Jahrzehnten des Feinschliffs einfach nicht weiter verbesserungsfähig. Und dann kommt ein pfiffiger Ingenieur daher und sorgt doch noch für einen Boah-Effekt. Windeln sind so ein Beispiel. Nur dass der Ingenieur hier eine Ingenieurin war, Stephanie Oppitz heißt und bei einem Ostseeurlaub durch Babys regelrecht zur Innovation gezwungen wurde. „Meine beiden jüngsten Kinder waren noch klein und das dritte gerade erst da,“ erinnert sie sich. „Nach drei Wochen stapelten sich die gebrauchten Windeln im Ferienhaus. Uns war klar: So geht das nicht weiter.“

Wegwerfwindeln stapelten sich, DDR-Stoffwindel war zu unpraktisch

Über ein Intermezzo mit den eher unpraktischen DDR-Stoffwindeln kam die Diplom-Architekturingenieurin der TU Dresden schließlich auf den rechten Dreh: Sie entwickelte eine dreiteilige knöpfbare Mehrweg-Windel, deren Außen- und Innenwindel wiederverwendbar sind. Lediglich die innerste Einlage muss gewechselt und gewaschen werden. Und da einer Ingenieurin bekanntlich nichts zu schwör ist, fand sie auch Lösungen, um die Windeln praxissicher für den harten Baby-Familienalltag zu bekommen. Membranen aus Polyurethan-Laminat etwa verhindern, dass das Ganze nass wird. Für die äußerste Schicht verwendet sie beispielsweise Baumwolle, Hanf und Bambusfasern in verschiedenen Designs.

Erfindung sprach sich herum

„Das war die Geburtsstunde der Windelmanufaktur“, sagt die Tüftlerin. Denn was als Kreation für den Eigenbedarf begonnen hatte, sprach sich schnell im Bekanntenkreis herum. Immer mehr Mütter rissen sich um ihre Windeln. 2013 gründete Oppitz ihre „Windelmanufaktur“. Heute beschäftigt sie elf Mitarbeiter. Und die versorgen von einem verwinkelten Altbau an der Ahornstraße aus die Welt mit Stoffwindeln, speziellen Schwimmwindeln, Still-Tüchern, Waschlappen, Designer-Stoffbinden und anderen neuen, wiederverwendbaren Produkten.

90 % der Windeln verkauft die Manufaktur online

Zehn Prozent des Umsatzes macht das Unternehmen, das einst als Hobby begann, mit Stammkunden. Die meisten Windeln gehen aber online über die virtuelle Ladentheke. Anfangs belieferte Oppitz Team nur den deutschsprachigen Raum, inklusive einiger auslandsdeutscher Familien in Singapur, Südafrika und Norwegen. „In Zukunft wollen wir uns auch mehr aufs nichtdeutschsprachige Ausland konzentrieren“, kündigt die Manufaktur-Chefin an.

Chefin: Wir werben nicht mit „öko“, wir werben mit „schön“

Denn ihr Windelkonzept kommt weltweit an – und eben nicht nur in der Ökoszene. „Wir werben gar nicht erst damit, dass unsere Windel ökologisch ist. Das ist selbstverständlich“, betont Stephanie Oppitz. „Die Leute wollen schöne Windeln, sie wollen einfache Lösungen und etwas, das gut für die Babyhaut ist.“ Und all das biete ihre Mehrwegwindel, sagt die Ingenieurin. Sie habe sie solange verbessert, bis sie auch ganz einfach zu knöpfen und zu wickeln sei. Und das wohl stärkste Verkaufsargument seien die besonderen Design, die eben nur möglich und sinnvoll seien, weil die Außenwindel für den Langzeitgebrauch konzipiert sei. „Das fängt an mit schlichten Pünktchen, beliebt sind auch Anker und Zaunkönige. Wir stellen sogar Unikate her – da schicken uns die Familien ihre Lieblingsstoffe zu.“

Nach 1 Jahr amortisiert sich Stoffwindel

Nicht zuletzt ziehe als Verkaufsargument auch der Einspareffekt auf lange Sicht: 300 Euro Einstiegspreis für einen Stoffwindel-Basissatz mögen knackig klingen. Oppitz rechnet jedoch die rund 5000 Wegwerfwindeln dagegen, für die eine Familie insgesamt zirka 1000 Euro bezahlt, bis ein Baby trocken ist. „Schon nach einem Jahr amortisiert sich unsere Stoffwindel für die Familie“, beteuert sie.

Zum „emotionalen Produkt“ avanciert

Jenseits dieser finanziellen Erwägungen haben die farbigen Manufakturwindeln aus Sachsen anscheinend in den Köpfen vieler Mütter einen Status erreicht, um den viele große Konzerne vergebens ringen: Sie sind „emotionale Produkte“ geworden, die der Käufer auch ungeachtet rationaler Erwägungen erwirbt. „Viele Mutter schicken uns Fotos von ihren Babys, wie sie unsere Windeln tragen“, erzählt die Chefin, die solche interaktiven Kundenbeziehungen über einen Blog, einen Instagram-Fotostrom und andere Internetkanäle weiter befeuert. „Sie lieben unsere Windeln.“

Autor: Heiko Weckbrodt

Zahlen & Fakten

  • Name: Windelmanufaktur Stephanie Oppitz
  • Ort: Dresden, Ahornstraße
  • Gegründet: 2013
  • Geschäftsfelder: Produktion und Vertrieb von Stoffwindeln, Schwimmwindeln, Feuchttüchern und Slip-Einlagen
  • Belegschaft: 11 Mitarbeiter
  • Internetadresse: windelmanufaktur.com
Repro: Oiger, Original: Madeleine Arndt

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