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Chinesen übernehmen Dresdner Umwelttechnik-Firma WKS

Die Chinesen haben WKS gekauft, weil die Dresdner besondere Expertise in der Projektion kompletter Wasser- und Abwasser-Intrastrukturen haben. Abb.: WKS

Die Chinesen haben WKS gekauft, weil die Dresdner besondere Expertise in der Projektion kompletter Wasser- und Abwasser-Intrastrukturen haben. Abb.: WKS

Staatskonzern Casic kauft sich sächsisches Know-How in der Abwasserbehandlung ein

Dresden/Peking, 5. Juli 2017. Der chinesische Staatskonzern „China Aerospace Science and Industry“ (Casic) aus Peking übernimmt das Dresdner Umwelttechnik-Unternehmen „WKS“. Das hat WKS-Chefin Petra Räuber auf Anfrage bestätigt. Grund: Die Chinesen sind auf das sächsische Kläranlagen-Know-how scharf, weil viele Kommunen und Betriebe im Reich der Mitte spätestens im Jahr 2025 die neuen Umweltgesetze der Regierung erfüllen müssen. Die Dresdner wiederum sehen in dem Deal die Chance auf einen internationalen Liga-Aufstieg. „Die Zeichen stehen bei uns auf Wachstum“, sagte die 55-jährige WKS-Gründerin.

Neue Jobs in Dresden erwartet

Petra Räuber und die anderen Eigner werden dafür ihre Unternehmensanteile an die AIAD Europe Holding GmbH verkaufen, eine Tochter des Baukonzerns Casic Construction, der wiederum zum Pekinger Mischkonzern Casic gehört. Über den Kaufpreis habe man Stillschweigen vereinbart, sagte die Ingenieurin. Sie werde für mindestens weitere fünf Jahre Geschäftsführerin der WKS bleiben. Die Arbeitsplätze der derzeit rund 100 Mitarbeiter seien sicher. „Ich rechne damit, dass wir in den nächsten zwei bis drei Jahren weitere 20 bis 30 Mitarbeiter brauchen werden“, betonte sie.

WKS-Geschäftsführerin Petra Räuber. Foto: Heiko Weckbrodt

WKS-Geschäftsführerin Petra Räuber. Foto: Heiko Weckbrodt

Projektion in Sachsen, Bau in chinesischen Provinzen

Ausgedacht haben sich Petra Räuber und die chinesische Casic-Construction-Vizepräsidentin ein komplexes Kooperations-Konstrukt: Demnach werden die WKS-Ingenieure in Dresden künftig auch Wasser- und Abwasser-Werke für Kommunen und Industriebetriebe in China planen und designen. Der Baukonzern „Casic Construction“ errichtet diese Kläranlagen dann in voraussichtlich 23 chinesischen Provinzen. Zudem werden die Dresdner nach der Übernahme eine eigene Asien-Tochter gründen, Arbeitsname: „WKS China“. Die soll sich um die Vor-Ort-Dienstleistungen für die neuen Klärwerke kümmern, bis hin zum tagtäglichen Betrieb der Anlagen.

Fachkräfte-Programm mit TU Dresden geplant

Eine weitere WKS-Tochter soll derweil den Fachkräfte-Nachschub für diese Großprojekte heranpäppeln: „WKS International“ bildet künftig in Kooperation mit der TU Dresden internationale Ingenieur-Absolventen weiter. Nach jeweils zwei Jahren sollen diese Jungakademiker die Dresdner Technologien für die Wasser- und Abwasser-Behandlung aus dem Eff-Eff beherrschen. Dieses Trainee-Programm soll für Chinesen, aber auch für andere Nationalitäten offen stehen.

Auch Afrika auf der Agenda

„China ist ein riesiger Markt, auf dem wir großes Potenzial für die WKS sehen“, erklärte Sebastian Kordt, seit dem 1. Juli der neue Finanzchef des Unternehmens. „Der Casic-Baukonzern ist für uns der Türöffner – in China und hoffentlich später auch in Afrika, wo Casic ebenfalls vertreten ist.“

WKS-Finanzchef Sebastian Kordt. Foto: Heiko Weckbrodt

WKS-Finanzchef Sebastian Kordt. Foto: Heiko Weckbrodt

„Brauchen Leute, die uns verstehen“

Dass das Spiel in dieser internationalen Liga ein Balance-Akt für die Mittelständler aus Dresden sein wird, ist dem 49-jährigen Kaufmann durchaus bewusst: Einerseits wollen die Sachsen vom Riesenmarkt China profitieren, dafür auch ihr besonderes Umwelttechnik-Know-how einbringen. Andererseits wollen sie dafür sorgen, dass dieses Know-how nicht nur von Deutschland nach Fernost abfließt und dort versickert. „Dafür werden wir Leute brauchen, die wir selbst ausgebildet haben, die uns verstehen, denen wir vertrauen können“, erläutert Kordt den Grundgedanken für das Ausbildungsprogramm.

Peking verschärft Umweltgesetze

Hintergrund der Übernahme sind unter anderem die vor zwei Jahren verschärften Umweltgesetze in China. Denn trotz leichter Abschwächung wächst die zweitgrößte Volkswirtschaft der Welt weiter in einem Tempo, von dem Europäer und US-Amerikaner nur träumen können. Mindestens ebenso schnell nimmt aber auch die Umweltverschmutzung zu. Selbst die Zentralregierung in Peking sieht dies inzwischen als Problem und hat neben diversen Anti-Smog-Verordnungen im Jahr 2015 die Umweltschutzgesetze für Abwässer drastisch verschärft. Deshalb stehen nun viele Kommunen und Firmen unter Druck, in den nächsten acht Jahren moderne Kläranlagen nach europäischen Öko-Standards hochzuziehen.

Start mit Container-Kläranlagen für kleine Kommunen

Und gerade damit haben die Dresdner jahrzehntelange Erfahrungen. Genau gesagt seit dem September 1991. Damals gründete die Maschinenbau-Ingenieurin und TU-Absolventin Räuber mit vier Mitarbeiterin eine Ingenieurgesellschaft in Dresden. „Wir haben anfangs Container-Kläranlagen für kleinere Orte projektiert“, erinnert sie sich an die ersten Aufträge. Durch den Nachholebedarf vor allem der sächsischen Kommunen wuchs das Unternehmen schnell, entwarf immer größere Wasser- und Abwasserbehandlungsanlagen, auch für Industriebetriebe, sammelt die ersten Auslandserfahrungen. Immer breiter wurde das Portefeuille, umfasste bald auch Hochwasser-Pumpwerke, Energieanlagen, Automatisierungstechnik und dergleichen mehr. Inzwischen hat die WKS 100 Mitarbeiter, die im Schnitt etwa 30 Millionen Euro Jahresumsatz realisieren.

Nahezu alles vom Klärwerk bis zum Raumschiff

Dem chinesischen Partner auf der anderen Seite fehlt dieses Ökotechnologie-Know-how. Dafür spielt der Staatskonzern mit Hauptsitz in Peking allerdings in einer ganz anderen Liga: Weltweit beschäftigt Casic etwa 150 000 Beschäftigte, die nahezu alles vom Klärwerk bis zum Raumschiff bauen. Zur Gruppe gehören sieben Akademien und über 620 Firmen – darunter eben auch der Baukonzern „Casic Construction“ mit zirka 5000 Mitarbeitern und 13 Milliarden Renminbi (1,7 Milliarden Euro) Jahresumsatz.

Mit diesem kapitalstarken und gut vernetzten Riesen im Rücken ist Petra Räuber guter Hoffnung, mit „ihrer“ WKS noch mal richtig Gas geben zu können: „Einfach toll, dass wir nun diese Chance bekommen, unsere ökologisch-technologischen Erfahrungen an einen anderen Kulturkreis weiterzugeben“, sagt sie. „Das macht mich schon ein wenig stolz.“

Autor: Heiko Weckbrodt

Repro: Oiger, Original: Madeleine Arndt

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