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Philip Morris baut Heißtabak-Fabrik in Dresden

Philip Morris hat eine seiner Werbe-Kampagnen für die neuen Heeds stark auf die Stadt Dresden als Marke aufgebaut. Die sächsische Landeshauptstadt galt schon zu Kaisers Zeiten als Zigaretten-Hochburg des Reichs. Repro: Heiko Weckbrodt

Philip Morris hat eine seiner Werbe-Kampagnen für die neuen Heeds stark auf die Stadt Dresden als Marke aufgebaut. Die sächsische Landeshauptstadt galt schon zu Kaisers Zeiten als Zigaretten-Hochburg des Reichs. Repro: Heiko Weckbrodt

Unternehmen investiert 285 Millionen Euro in Flughafen-Nähe

Dresden, 19. Juni 2017. Der US-Konzern Philip Morris baut für 320 Millionen Dollar (umgerechnet 285 Millionen Euro) eine Fabrik für Tabak-Ersatzprodukte in Dresden. Das hat Geschäftsführerin Stacey Kennedy von der deutschen Konzern-Tochter „Philip Morris GmbH“ heute im f6-Zigarettenwerk Dresden angekündigt. Das Unternehmen will rund 500 neue Mitarbeiter einstellen. Sie sollen ab Anfang 2019 in der neuen Produktionsstätte in Flughafennähe sogenannte „Heets“ herstellen – zunächst für den deutschen Markt, später auch für den Export. „Diese Investition ist ein Meilenstein auf dem Weg in eine rauchfreie Zukunft“, sagte Stacey Kennedy.

Der Tabakerhitzer IQOS (vorne) soll sich als Alternative zu klassischer Zigarette und e-Zigarette durchsetzen, wenn es nach Philip Morris geht. Das Prinzip: Die "Heets" sehen aus wie Mini-Zigaretten und werden auf eine Wärmezunge in die IQOS-Halterung eingesteckt. Die erhitzt dann den festen Tabak, statt ihn zu verbrennen. Die gesundheitlichen Langzeit-Folgen sind noch nicht geklärt. Foto: Philip Morris

Der Tabakerhitzer IQOS (vorne) soll sich als Alternative zu klassischer Zigarette und e-Zigarette durchsetzen, wenn es nach Philip Morris geht. Das Prinzip: Die „Heets“ sehen aus wie Mini-Zigaretten und werden auf eine Wärmezunge in die IQOS-Halterung eingesteckt. Die erhitzt dann den festen Tabak, statt ihn zu verbrennen. Die gesundheitlichen Langzeit-Folgen sind noch nicht geklärt. Foto: Philip Morris

Konzern antwortet mit „Heets“ und „IQOS“ auf chinesische E-Zigaretten

Denn diese „Heets“ sind eine technisch anspruchsvolle Antwort von Philip Morris (PM) auf die inzwischen weitverbreiteten Elektrozigaretten chinesischer Herkunft: Es handelt sich um eine Art speziell behandelter Mini-Zigarette, deren Tabak in einem IQOS genannten System erhitzt statt verbrannt wird. Der Nutzer atmet also Tabakdampf statt Rauch ein. Anders als in der E-Zigarette werden im IQOS-Träger keine Flüssigkeiten („Liquids“), sondern fester Tabak erhitzt. Offiziell bewirbt PM das neue Produkt nur als „andere Art, Tabak zu genießen“. Stillschweigend gemeint ist aber, dass das Verdampfen der Heets in den IQOS-Systemen etwas gesünder sein soll, als eine Zigarette zu rauchen.

Der sächsische Ministerpräsident Stanislaw Tillich und Geschäftsführerin Stacey Kennedy von der deutschen Konzern-Tochter „Philip Morris GmbH“ verkünden die Großinvestition in eine Heeds-Tabakfabrik in Dresden. Foto: Heiko Weckbrodt

Der sächsische Ministerpräsident Stanislaw Tillich und Geschäftsführerin Stacey Kennedy von der deutschen Konzern-Tochter „Philip Morris GmbH“ verkünden die Großinvestition in eine Heeds-Tabakfabrik in Dresden. Foto: Heiko Weckbrodt

PM nimmt Kannibalismus-Effekte in Kauf

Zweifellos seien die Heets kannibalisierende Produkte, räumte Stacey Kennedy ein: Mit jeden Raucher, der auf IQOS-Heeds umsteige, verliere das Unternehmen einen Käufer für klassische Tabakprodukte. Doch das nehme PM für seine Transformation zu einem Tabakunternehmen neuen Typs bewusst in Kauf.

Wachsendes Gesundheitsbedürfnis

Ministerpräsident Stanislaw Tillich (CDU) – selbst ein bekennender Nichtraucher – begrüßte die PM-Ankündigung sichtlich erfreut. Nach allem, was er über das neue Produkt wisse, habe Philip Morris mit der Kombination aus IQOS und Heeds eine „adäquate Antwort“ auf das wachsende Gesundheitsbedürfnis der Europäer gefunden.

„Phantastischer Tag für Dresden“

Anstatt des sonst bei solchen Ereignissen üblichen Stereotyps vom „guten Tag für Dresden“ legte der Ministerpräsident heute noch einen drauf: „Heute ist ein phantastischer Tag für Sachsen und besonders für Dresden“, sagte er und verwies auf die kurz zuvor verkündete Milliarden-Investitionen von Bosch. „Gleich zwei Unternehmen verkünden die größten Investitionen ihrer Unternehmensgeschichte – und beide wollen nach Dresden.“ Zugleich versuchte Tillich der PM-Deutschland-Chefin Kennedy einzureden, demnächst nicht nur die Tabak-Heets in Sachsen herzustellen, sondern auch die mit Elektronik gespickten IQOS-Mundstücke und -Ladestationen. Die kommen derzeit noch (?) aus Fernost.

Die f6-Zigarettenfabrik von Philip Morris in Dresden. Foto: Heiko Weckbrodt

Die f6-Zigarettenfabrik von Philip Morris in Dresden. Foto: Heiko Weckbrodt

Produktionsstart Anfang 2019

Die neue Heeds-Fabrik soll neben dem Chipmasken-Zentrum AMTC nahe am Flughafen entstehen. Als Bauzeit für die etwa 80-000 Quadratmeter große Anlage nannte PM Ende 2017 bis Anfang 2019. Die f6-Zigarettenfabrik in Dresden-Striesen bleibe davon unberührt. Staatliche Beihilfen bekomme das Unternehmen für die Großinvestition in Dresden nicht, betonte Stacey Kennedy – und brachte damit Tillich zum Strahlen. Für den Standort habe man sich wegen der langjährigen Produktionstraditionen in Dresden und ganz Sachsen entschieden, und weil PM hier immer zuverlässige Partner gefunden habe, sagte die Geschäftsführerin.

Wirtschaftsförderer: „Völlig neues Produkt“

Mehrere Politiker begrüßten die PM-Ankündigung. „Das zeigt, dass der Standort Deutschland und hier konkret der Standort Dresden sehr attraktiv für ausländische Investoren ist und sehr gute Bedingungen für die Ansiedlung von neuen innovativen Produkten bietet“, kommentierte Staatssekretär Matthias Machnig vom Bundeswirtschaftsministerium. „Die Errichtung einer hochmodernen Produktionsstätte für ein völlig neues Produkt spricht für den sächsischen Innovationsstandort“, unterstrich Geschäftsführer Peter Nothnagel von der Wirtschaftsförderung Sachsen (WFS).

OB freut sich

Auch Oberbürgermeister Dirk Hilbert (FDP) freute sich: „Einmal mehr investiert ein Global Player in den Wirtschafts- und Technologiestandort Dresden, um von den exzellenten Kompetenzen in Bereichen wie Maschinen- und Anlagenbau, Mikroelektronik, Nanotechnologie oder Verpackungs- und Energietechnologie zu profitieren.“

Autor: Heiko Weckbrodt

Hintergrund:

Die Tabakverarbeitung hat in Dresden eine lange Tradition. 1862 gründete der aus St. Petersburg stammende Baron Josef von Huppmann in Dresden die erste deutsche Zigarettenfabrik. Um das Jahr 1900 gab es bereits rund 40 Tabakunternehmen in der sächsischen Residenzstadt. Auch die heutige PM-Fabrik in Dresden-Striesen geht auf diese Zeit zurück: 1900 errichtete Georg A. Jasmatzi eine Zigarettenfabrik auf der Glashütter Straße. Zu DDR-Zeiten wurden hier massenhaft die f6 und andere Zigaretten hergestellt. 1990 übernahm Philip Morris die Fabrik. Seitdem ist die Raucherquote in Ostdeutschland allerdings stark gesunken: Qualmte zu DDR Zeiten in manchen Altersgruppen noch jeder Zweiter wie ein Wilder, liegt die Raucherquote in Deutschland inzwischen unter 30 Prozent. Heute hat die f6-Fabrik noch 300 Mitarbeiter, die größtenteils Tabak zum Selberdrehen produzieren.

Quellen: StVerw DD, dresdner-stadtteile.de, Wikipedia, Oiger-Archiv

Über Philip Morris

Philip Morris international beschäftigt weltweit rund 80.000 Mitarbeiter und hat 48 Produktionsstandorte. In deutschland beschäftigt die Philip Morris GmbH rund 2100 Mitarbeiter – darunter 600 in Gräfelfing, ca. 1200 in Berlin und rund 300 in Dresden. In der Bundesrepublik hatte PM im Jahr 2016 laut eigenen Angaben einen Marktanteil von etwa 37 Prozent.

Repro: Oiger, Original: Madeleine Arndt

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