Ausflugstipp, Geschichte, zAufi
Schreibe einen Kommentar

Reformation war eine Teamleistung

Nach 1685 aufgestelltes Disputationskatheder im großen Hörsaal der Uni Wittenberg. Foto: Peter Weckbrodt

Nach 1685 aufgestelltes Disputationskatheder im großen Hörsaal der Uni Wittenberg. Foto: Peter Weckbrodt

Oigers Wochenendtipp: Wittenberg gilt als Zentrum der Reformation

Wittenberg, 16. Juni 2017. Was Rom für die Katholiken, bleibt Wittenberg für Lutheraner aus aller Welt, ihr historisches und geistiges Zentrum. Hier wurde Weltgeschichte geschrieben. Wer die Reformation verstehen will, muss Wittenberg gesehen haben!

Anreise mit dem ICE ratsam

Für die An- und Abreise bietet sich die Bahn an. Mit dem Regionalexpress bis Leipzig, dort besteht ein passabler Anschluss an den ICE Richtung Berlin. Wir erreichen die Lutherstadt in knapp 2,5 Stunden.

Das 1504 errichtete Augustinerkloster, später Schwarzes Kloster genannt, jetzt Lutherhaus. Foto: Peter Weckbrodt

Das 1504 errichtete Augustinerkloster, später Schwarzes Kloster genannt, jetzt Lutherhaus. Foto: Peter Weckbrodt

Kette vom Lutherhaus bis zur Schlosskirche

Eines Stadtplanes bedarf es nicht, alles Sehenswerte reiht sich in der Collegienstraße aneinander wie auf einer Perlenschnur: das Lutherhaus, die Stadtkirche, der Marktplatz, das Melanchthonhaus, die Cranachhöfe und zuletzt die Schlosskirche, dem Ort des legendären, eben weltgeschichtlich relevanten Thesenanschlags. Die zahlreichen Tafeln an den Fassaden setzen uns in Kenntnis, welche Reformatoren – es gab schließlich nicht nur Luther – hier wann und wo gelebt haben.

So sollten wir uns Luthers Mittagstisch vorstellen: Der Reformator führt das Wort

Zu Tisch beim Reformator

Wir haben die Qual der Wahl, was wir unbedingt sehen müssen. Alles zu „konsumieren“, gelingt uns beim bloßen Tagesbesuch nicht. Wir entscheiden uns für den Schwerpunkt Lutherhaus, wir wollen des Reformators „Gute Stube“ kennenlernen, wissen, wie und wo Luther gelebt und gearbeitet hat. Wir werden dabei schnell zu der Erkenntnis gelangen, dass die Reformation nicht das Werk eines Einzelnen war, sondern eine Teamleistung.

Einst ein Augustiner-Kloster

Das Lutherhaus ist das heute größte und bedeutendste Reformationsmuseum der Welt. Über 35 Jahre war hier Luthers Hauptwirkungsstätte. Das Lutherhaus ist seit 1996 Kulturerbe der Menschheit. Als Augustinerkloster errichtet, diente es Martin Luther seit 1508 als Wohnhaus, zunächst als Mönch, später zusammen mit seiner Familie. Hier hatte er seine reformatorischen Entdeckungen, hier hielt er Vorlesungen, hier entstanden die Schriften, die die Welt veränderten. Das Haus beherbergt die Ausstellung „Martin Luther. Leben-Werk-Wirkung“.

Den kennen wir inzwischen: Kurfürst Friedrich II. der Weise, Lucad Cranach d. Ä. , 1532. Repro: Peter Weckbrodt

Den kennen wir inzwischen: Kurfürst Friedrich II. der Weise, Lucad Cranach d. Ä. , 1532. Repro: Peter Weckbrodt

Schwarzes Kloster

Das 1504 entstandene Augustinerkloster ist heute im Wesentlichen das Lutherhaus. Wegen der Farbe der Mönchskutten wurde es bald als „Schwarzes Kloster“ bezeichnet. Auch wir gehen in das Schwarze Kloster.

Manche Korrektur im Luther-Bild

Es zeigt einzigartige Exponate der Biografie Luthers und erzählt vom familiären Alltag der Luthers. Es bietet faktisch zwei zusammenhängende, aber eigenständige und räumlich getrennte Ausstellungen mit einem biografischen Rundgang, der Luthers Leben an Hand von originalen Zeitzeugnissen des 16. Jahrhunderts erzählt. Ein zweiter Rundgang vermittelt Luthers Wirkungsgeschichte. Da wird viel vom festgeprägten Bild des Reformators als dem Trinkfesten, dem stets einen markanten Spruch Parathabenden, korrigiert.

Sehr schöne Skulptur der Katharins von Bora im Klosterhof. Foto: Peter Weckbrodt

Sehr schöne Skulptur der Katharins von Bora im Klosterhof. Foto: Peter Weckbrodt

Katharina von Bora startete geschickt und früh die Luther-Vermarktung

Im Haus lebten zu Luthers Zeiten zahlreiche Kostgänger: Kinder und Kollegen, Knechte und Mägde sowie Studenten der 1502 gegründeten Universität. Mit Luthers Berühmtheit, sie setzte nicht erst nach seinem Tode ein, nahm das ganze den Umfang eines kleinen mittelständigen Betriebs an, der nur durch das organisatorische und finanzielle Geschick von Luthers Frau, Katharina von Bora, funktionierte. Davon können wir uns an Hand von Sachzeugnissen, wie beispielsweise Rechnungen, aber auch an Hand von sechs Modellszenen, den guten alten Puppenstuben schon von der Größe her recht ähnlich, überzeugen.

Prächtige Bibeldrucke

Luthers Tischreden im Refektorium schrieben die Studenten mit, sie wurden bereits 1566 veröffentlicht. Luthers Worte machen unterm Strich sechs dicke Bände aus. Wir bekommen sie ebenso zu sehen, wie eine Flut von historischen Bibeldrucken, einer schöner als der andere. Aus nahezu jeder Ecke lugt eine Lutherbüste hervor. Im 2. Obergeschoss des Schwarzen Klosters finden wir eine Schatzkammer. Besonders beeindruckend sind die genial aufgehängten Gepräge von Münzen und Medaillen zum Thema Luther und Reformationsgeschichte, allesamt in bester Erhaltung und in Gold und Silber.

Die Verbannungsbulle für Luther vom pabst Leo X. von 1520. Repro: Peter Weckbrodt

Die Verbannungsbulle für Luther vom Papst Leo X. von 1520. Repro: Peter Weckbrodt

Die Thesentür verbrannte schon 1760

Vom Lutherhaus aus lohnt der kurze Spaziergang zur Schlosskirche. Zwar steht die Schlosskirche als Sinnbild der Reformation, hat heute aber kaum noch Zeugnisse der Reformation. Der Kirchenraum, in dem Luther gepredigt hat, ist zu einer historisch-mittelalterlichen Kulisse umgebaut. Da hat der deutsche Kaiser Wilhelm II. wohl seinen Anteil daran. Luthers Grabplatte ist zwar nur eine Kopie, aber Luther liegt hier tatsächlich begraben. Da geht Einiges durcheinander. Die Thesentür vernichtete ein Feuer im Jahre 1760. Bemerkenswert ist und bleibt auf jeden Fall der der Kirchturm mit dem uns Allen geläufigen Spruch: „Ein feste Burg ist unser Gott.“

Besucherinformationen

Wo?

Lutherhaus, Collegienstraße 54, 06886 Lutherstadt Wittenberg

Kontakt:

Im Netz: lutherhaus.de, Tel.: 03491-420 31 71; service@martinluther.de

Öffnungszeiten:

täglich 9 bis 18 Uhr

Eintrittspreise:

Erwachsene 8 Euro, Erm. 6 Euro, Familien 14 Euro; Es gibt auch günstige Kombitickets.

Anreise:

Repro: Oiger, Original: Madeleine Arndt
Kategorie: Ausflugstipp, Geschichte, zAufi

von

[caption id="attachment_67607" align="alignleft" width="117"]Peter Weckbrodt. Foto: IW Peter Weckbrodt. Foto: IW[/caption] Peter Weckbrodt hat ursprünglich Verkehrswissenschaften studiert, wohnt in Dresden und ist seit dem Rentenantritt journalistisch als freier Mitarbeiter für den Oiger und die Dresdner Neuesten Nachrichten tätig.

Schreibe einen Kommentar