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Dresden bricht zur Industrie 4.0 auf

Die Stromspar-Chips von Globalfoundries sollen eine Schlüsselrolle in der hochautomatisierten Fabrik der Zukunft und im "Internet der Dinge" spielen. Foto: Sven Döring, Globalfoundries

Die Stromspar-Chips von Globalfoundries sollen eine Schlüsselrolle in der hochautomatisierten Fabrik der Zukunft und im „Internet der Dinge“ spielen. Foto: Sven Döring, Globalfoundries

Stadt will nicht mehr „nur“ Mikroelektronik-Standort sein, sondern Hub für die vernetzte Zukunft werden

Dresden, 11. April 2017. In der Dresdner Hightech-Branche macht sich wieder „Aufbruchstimmung“ breit – und Globalfoundries-Manager Gerd Teepe ist nicht der einzige, der solch optimistische Worte führt. Denn ganz abgesehen von neuen Förderzusagen aus Berlin – zum Beispiel für die Forschungsfabrik Mikroelektronik, von der große Teile in Dresden konzentriert werden – haben Wirtschaft und Wissenschaft hier zu einem neuen Selbstbild gefunden: Dresden präsentiert sich künftig als DER deutsche Standort für die Basistechnologien für das Internet der Dinge (englisch: IoT).

Industrie 4.0 soll für entscheidende Wettbewerbs-Vorteile der Deutschen sorgen

Denn hier werden nicht nur Computerchips hergestellt, sondern intelligente Systeme mit Sensorik, Software und dergleichen mehr an Bord. Und diese „Smart Systems“ aus Dresden könnten der gesamten deutschen Industrie entscheidende Produktivitäts-Vorteile im internationalen Wettbewerb verschaffen. Die Hannovermesse ab dem 24. April soll für dieses neues Image eine Art Testdurchlauf sein. „Keine andere Region in Europa vereint eine solch umfassende Technologie-Kompetenz, um industriespezifische ‚Internet der Dinge’-Lösungen zu realisieren“, betonte Wirtschaftsamtsleiter Robert Franke im Vorfeld der Messe.

Eilt mit der Virtual-reality-Brille der vernetzten Zukunft entgegen: Robert Franke leitet das Amt für wirtschaftsförderung in Dresden. Foto: Heiko Weckbrodt

Eilt mit der Virtual-reality-Brille der vernetzten Zukunft entgegen: Robert Franke leitet das Amt für wirtschaftsförderung in Dresden. Foto: Heiko Weckbrodt

Das klingt zwar ein bisschen nach zweckoptimistischen Blubberbläschen, hat inzwischen aber wirklich ein Fundament: Viele Dresdner Unternehmen und Institute haben überregional beachtete Wettbewerbsvorsprünge für Technologien aufgebaut, die gebraucht werden, um die vollautomatisierte und vernetzte Fabrik der Zukunft („Industrie 4.0“) zu konstruieren. Hier einige Stärken des Standorts:

  • Forschung: Dresden hat mit der TU, der Hochschule für Wirtschaft und Technik (HTW), den Fraunhofer-, Planck-, Helmholtz- und Leibniz- sowie weiteren Instituten eine bundesweit einzigartige breite Forschungslandschaft. Wichtige Schwerpunkte sind innovative Werkstoffe und Industrie-3D-Drucker („additiv-generative Fertigung“), der Mobilfunk der 5. Generation (5G), Zukunfspfade der Nanoelektronik (TU-Exzellenzzentrum cfaed), neuronale Netze und weitere IoT- und „Industrie 4.0“-Komponenten.
  • Nanoelektronik: Globalfoundries ist in Dresden mit seiner FD-SOI-Technologie auf Chips spezialisiert, die sehr wenig Strom verbrauchen. Dies wird im IoT besonders wichtig für Systeme sein, die ohne Akkus auskommen und Energie aus der Umwelt „ernten“. Die Infineon-Fabriken sind in der Automobilelektronik stark und das X-Fab-Werk in Klotzsche auf Systeme mit digitalen und analogen Komponenten. Hinzu kommen viele hochspezialisierte kleinere Elektronikfirmen.
  • Software: Einerseits arbeiten größere Unternehmen wie die Telekom-Tochter T-Systems Multimedia Solutions, Comarch und Saxonia Systems in Dresden an IoT- und Industrie-4.0-Lösungen. Andererseits haben sich auch viele kleine Software-Schmieden in diesem Segment als Marktführer in der Nische etabliert – auch als Tester und Zulieferer für autonom navigierende Autos.
  • Automatisierung: In Dresden ist ein kleines, aber feines Cluster aus Automatisierungs-Firmen gewachsen. Dazu gehören Xenon,Fabmatics (ehemals „HAP“), AIS und Systema, die zum Beispiel darauf spezialisiert sind, Chipfabriken mit Robotern, Transportern und Software nachträglich zu automatisieren. Dieses Expertise gilt als Kernzutat für die „Industrie 4.0“. „Diese Konzepte werden jetzt auch auf ganz normale Produkte übertragen“, sagt Systema-Manager Benjamin Abraham. Auf der Hannovermesse werde man zeigen, wie ein Schuhhersteller so eine ganze Wertschöpfungskette digitalisieren konnte: Vom Kundenwunsch im Laden über die Einzelanfertigung in der Fabrik bis hin zum individuellen Schuh am Fuß des Käufers.
  • Die Dresdner wollen sich als Technologie-Standort für das Internet der Dinge auf der hannovermesse präsentieren - hier repräsentiert durch Benjamin Abraham (Systema), Dr. Elena Lopez (IWS), Peter Klingenburg (MMS), Robert Franke (Leiter Amt für Wirtschaftsförderung), Bettina Bunge (DMG) und Gerd Teepe (Globalfoundries) (v.l.n.r.). Foto: Heiko Weckbrodt

    Die Dresdner wollen sich als Technologie-Standort für das Internet der Dinge auf der hannovermesse präsentieren – hier repräsentiert durch Benjamin Abraham (Systema), Dr. Elena Lopez (IWS), Peter Klingenburg (T-Systems), Robert Franke (Leiter Amt für Wirtschaftsförderung), Bettina Bunge (DMG) und Gerd Teepe (Globalfoundries) (v.l.n.r.). Foto: Heiko Weckbrodt

Nur wenige Großunternehmen am Standort

Die Liste Dresdner Firmen und Institute, die Technologien rund um „Industrie 4.0“, „Internet der Dinge“, Elektromobilität und „Automomes Fahren“ eng miteinander verknüpfen, ließe sich noch lange fortsetzen. Allerdings hat der Standort auch ein Problem: Zwar arbeiten viele Hightech-Firmen und Institute an IoT-Themen. Doch von potenziellen Kunden international wahrgenommen werden eben nur richtig große Anbieter – und sie sind in Dresden dünn gesät.

Gerd Teepe. Foto: Heiko Weckbrodt

Gerd Teepe. Foto: Heiko Weckbrodt

Im IoT soll keiner mehr an Dresden vorbeikommen

Abhilfe soll der „Smart Systems Hub“ bringen, den die sächsische Regierung in Dresden etablieren will und für den sie Bundesfördermittel beantragt hat: Dieser Netzwerkknoten (Hub) soll als zentrale Schnittstelle für verstreute IoT-Aktivitäten dienen und die gesamte Forschungs- und Hochtechnologieszene in Dresden „auf eine neue Stufe stellen“, wie Wirtschaftsförderer Franke hofft. „IoT-Anwender aus der ganzen Welt werden an Dresden nicht mehr vorbei kommen.“

Autor: Heiko Weckbrodt

Repro: Oiger, Original: Madeleine Arndt

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