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Zu spät: Neuer Rettungs-Versuch für Europas Mikroelektronik

Foto: NXP

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Kommentar zur aktuellen EU-Initiative

Dresden/Brüssel, 16. Dezember 2016. Die EU hatte 2010 das Ziel ausgegeben, bis 2020 wieder einen Anteil von 20 % an der Weltproduktion von mikroelektronischen Bauelementen zu erreichen. Dies sollte die Wettbewerbsfähigkeit Europas zu erhalten bzw. auf wichtigen Schlüsselgebieten (wie etwa der Höchstintegration) wiederherstellen. Das ist gründlich missglückt.

Wirtschaftspolitik vage, Industrie unlustig

Denn einerseits fehlt eine klare Wirtschaftspolitik der EU. Außerdem hat auch die europäische Mikroelektronik-Industrie das Vorhaben der EU, 100 Milliarden Euro Investitionen durch die Industrie zu initiieren, von Beginn an massiv ausgebremst. Es wurden vielmehr mit der Gießkanne Fördermittel ausgeschüttet, die den Eindruck einer Industriepolitik erwecken sollten. Im November hat sich nun die EU Kommission mit Experten in Rom verständigt, 2017 einen neuen Anlauf zu starten, um für die Zeit ab 2020 ernsthaft in die Mikroelektronikproduktion zu investieren.

Nur 4 von 64 Chipfabrik-Neubauten in Europa

Der erneute Versuch kommt spät. Nach einer aktuellen Übersicht der SEMI-Organisation werden weltweit zwischen 2017 und 2020 insgesamt 64 Fertigungs- und Entwicklungsstätten für Halbleiterbauelemente gebaut, davon gerade mal vier in Europa. Das ist die traurige quantitative Seite.

Keiner mehr in Spitzenklasse

Schlimmer noch ist die qualitative Seite: Es gibt heute und in absehbarer Zukunft keine europäische Halbleiterfabrik, die mikroelektronische Schaltkreise der Spitzenklasse (10-Nanometer-Strukturen und kleiner) herstellen kann. Damit sind wichtige europäische Industrieprodukte vollständig auf Importe aus den USA, Taiwan oder Südkorea angewiesen. Das wird mit dem Trend zum autonomen Fahren vor allem die europäische Automobilindustrie betreffen, da für das autonome Automobil die höchstintegrierten Schaltkreise zu den Schlüsselelementen gehören werden. Kommentar: Bernd Junghans

Bernd Junghans. Foto: privat

Bernd Junghans. Foto: privat

Repro: Oiger, Original: Madeleine Arndt

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