Dozentin Larrington plaudert in ihrem neuen Buch über die Parallelen zwischen der Fantasy-Welt im „Lied von Eis und Feuer“ und Europas Geschichte
Westeros. Wer die beliebte Fantasy-Serie „Game of Thrones“ schaut und historisch interessiert ist, wird oft ein Deja-vu-Gefühl haben: Viele Ähnlichkeiten zwischen dem mittelalterlichen Europa und der fabulösen Welt, die George R. R. Martin in seinem „Lied von Eis und Feuer“ erdacht hat, drängen sich regelrecht auf. Diese Parallelen und Unterschiede hat die britische Mediävistin Carolyne Larrington untersucht und nun in ihrem Buch „Winter is Coming“ populär aufbereitet.
Mediävistin nimmt auch Glaubenswelt und Klassensystem von Westeros unter die Lupe
Die Forscherin nimmt dabei die Welt von „Game of Thrones“ genauer unter die Lupe, zeigt uns die sozialen Strukturen, religiösen Überzeugungen und erzählerischen Topoi, die Romanautor George R. R. Martin in seine Bücher eingearbeitet hat. Sie berücksichtigt aber genauso die sehr erfolgreiche TV-Verfilmung dazu, die in Handlung und Deutungsmustern inzwischen immer stärker von den Originalromanen abweicht. Carolyne Larrington selbst ist eine Kennerin der Materie: Sie ist Dozentin für Literatur des Mittelalters und Kultur in Oxford und bekennender „Games of Thrones“-Fan.
Dothraki sind die Mongolen, Kelten die Kinder des Waldes
Die Besiedlungswellen von Westeros durch Kinder des Waldes, die Andalen und die blonden Drachenreiter beispielsweise erinnern sehr an das Mittelalter der britischen Inseln, die erst von Kelten, dann von Angelsachsen und Wikingern und schließlich von Normannen erobert wurden. Auch die (nicht immer eingehaltenen) Ehrenkodizes der Ritter in Westeros und Europa haben Parallelen, ähnlich auch der sagenumwobene Ostkontinent Essos und das Bild der Europäer auf die Levante. Und der blutige Fürstenkrieg, der im Mittelpunkt des „Liedes von Eis und Feuer“ steht, erinnert ganz stark an den 30-jährigen Krieg bei uns. Und das wilde Reitervolk der Dothraki, unter dem sich Daenerys Sturmtochter als erstes behaupten muss, wird wohl jeden an den Mongolensturm erinnern, der im 13. Jahrhundert Asien und Europa überzog.
Martin schöpft tief aus keltischer und nordischer Sagenwelt
Carolyne Larrington beweist in ihrer unterhaltsamen Analyse profunden Kenntnisse der nordischen und keltischen Sagenwelt sowie typischer Erzähltopoi im paneuropäischen Kulturkreis, die Meister Martin in seine Romane eingebaut hat. Manche Parallele offenbart sich eben erst dem Kenner bei näherer Betrachtung -etwa die zwischen der dreiäugigen Krähe in Bran Starks Träumen und dem nordischen Göttervater Odin auf seinem Hildskjalf-Thron.
Fazit: Ein Muss für „Game of Thrones“-Fans
All dies hat Larrington sehr kurzweilig aufgeschrieben. Allein ihre manchmal ausufernden Schachtelsätze stören gelegentlich den Lesefluss. Dennoch sei ihr Buch jedem „game of Thrones“-Fan wärmstens ans Herz gelegt. Heiko Weckbrodt
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Carolyne Larrington: „Winter is Coming – Die mittelalterliche Welt von Game of Thrones“ Aus dem Englischen von Jörg Fündling, Konrad-Theiss-Verlag, Darmstadt 2016. 1. Auflage, 320 Seiten, mit 40 Schwarzweiß-Abbildungen, ISBN: 9783806233506, eBook: 19,95 Euro, eine Leseprobe gibt es hier
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