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Rochlitz: Reichsburg, Gericht, Spitzel-Schloss

Schloss Rochlitz an der Zwickauer Mulde, rechts eine sehenewerte Fischtreppe an der Schlossmühle. Foto: Peter Weckbrodt

Schloss Rochlitz an der Zwickauer Mulde, rechts eine sehenswerte Fischtreppe an der Schlossmühle. Foto: Peter Weckbrodt

Ausflugstipp: Sächsisches Schloss war fast alles in den vergangenen 1000 Jahren

Rochlitz/Dresden, 7. Oktober 2016. Erst wehrhafte Burg, dann noble Herrscherresidenz, lange Zeit Witwensitz, mal Jagdschloss, auch Amtsgerichtsdomizil, Kriegsgefangenenlager, Standort des NKWD, selbst Kindergarten und Musikschule – das Schloss Rochlitz war schon fast alles. Und dieses Schloss nördlich von Chemnitz erzählt von einer ruhmreichen und wechselvollen Geschichte, von Kaisern, Königen, Kurfürsten und denen, die für das Wohl der Herrschaften sorgten.

Schlussstein eines Türgewändes aus rotem Tochlitzer Porphyr. Foto: Peter Weckbrodt

Schlussstein eines Türgewändes aus rotem Tochlitzer Porphyr. Foto: Peter Weckbrodt

An der Kreuzung zweier Handelsadern gebaut

Wahrscheinlich im 10. Jahrhundert entstand die Reichsburg als Teil des Burgenkomplexes in der Region Meißen. Die Kreuzung zweier wichtiger Handelsstraßen sowie eine Furt durch die Zwickauer Mulde waren zu sichern. Um das Jahr 1000 erhielten die Ekkehardiner von den Sachsen-Kaisern die Burg. Die Zeit als Reichsburg endete, als sie 1143 dem Wettiner Markgrafen Konrad I. übertragen wurde. Nachfolgend war die Geschichte der Burg eng mit dem Aufstieg der Wettiner verbunden. Ende des 14. Jahrhunderts wurde sie gar eine ständige Residenz und deshalb als Schloss ausgebaut.

Vom NKWD-Stützpunkt zur DDR-Kita

In der Zeit des Barocks genügte sie den gewachsenen Ansprüchen an die Hofhaltung nicht mehr, sie fiel in Dornröschenschlaf. Erst Mitte des 18. Jahrhunderts begannen umfangreiche Umbauten zum Bezirks- und Amtsgericht. Das blieb das Schloss sogar mit zeitweiligen Einschränkungen bis zur deutschen Wiedervereinigung. Die Amerikaner nutzten sie als Internierungslager, der sowjetische Geheimdienst NKWD unterhielt hier eine operative Gruppe, die DDR brachte einen Kindergarten und eine Musikschule darin unter. Wurden vier Wände mit einem Dach darüber gebraucht, in Rochlitz stand ja ein großes leeres Schloss!

Eine sehenswerte Parade alter schmiedeeiserner Öfen. Foto: Peter Weckbrodt

Eine sehenswerte Parade alter schmiedeeiserner Öfen. Foto: Peter Weckbrodt

Mittelalter-Kriegsführung praktisch demonstriert

Die museale Nutzung begann mit der Übernahme durch den Freistaat Sachsen. Der veranlasste bis 2012 umfangreiche, für den Besucher unübersehbare Sanierungen. Die Besucher können in den zahlreichen Räumen, Gängen, Kellern, Türmen und Wehrgängen herrschaftliche Repräsentation bestaunen und sich in längst vergangene Zeiten zurückversetzen lassen. Gut beraten ist, wer sich die an mehren Stationen angebotenen Kurzfilme zur Geschichte des Schlosses und der darin einst Wohnenden ansieht. Unbedingt sehenswert, gerade auch für Kinder, sind die mit einfachem Klick abrufbaren Demonstrationen beispielsweise von mittelalterlicher Waffenführung, und Kriegsführung.

Gespenster wuseln durchs Untergeschoss

Nicht verheimlicht wird zudem, dass in den Tiefen der Kellerräume noch irgendwelche Gespenster ihr Unwesen treiben, sie müssen nur entdeckt werden. Selbstverständlich können Armbrust und Pfeile im Museumsshop erworben werden.

Prächtige Rippenbögen schmücken die Decke, schöne Fresfkenn die Wände der Schlosskapelle. Foto: Peter Weckbrodt

Prächtige Rippenbögen schmücken die Decke, schöne Fresfkenn die Wände der Schlosskapelle. Foto: Peter Weckbrodt

Die Erwachsenen sind eher von den baulichen Kleinoden aus Romanik und Renaissance beeindruckt. Als Baustoff der durch seine rote Farbgebung bekannte Rochlitzer Porphyr. Wir sind vom herrlichen Rippengewölbe der Schlosskapelle beeindruckt. Das ist das Werk von Sachsens berühmtesten spätmittelalterlichen Baumeister, dem Arnold von Westfalen. Seine ausgefeilten Wendelsteinkonstruktionen konnten wir schon auf der Meißner Albrechtsburg und im Schloss Kriebstein bewundern. Die Akustik der Schlosskapelle wird hoch gelobt.

Keller tief in den Fels gehauen

Sehenswert ist auch der Schlosskeller, der „Lange Keller“ genannt. Er ist tief in den Fels gehauen und bietet das passende Ambiente für mystische Veranstaltungen. Beeindruckend ist die fast 100 Quadratmeter große Schlossküche. Sie musste hohen Ansprüchen genügen.

Zugang zum Schloss mit den sehenswerten Fenstern der Schlosskapelle aus der Renissance. Foto: Ingrid Weckbrodt

Zugang zum Schloss mit den sehenswerten Fenstern der Schlosskapelle aus der Renissance. Foto: Ingrid Weckbrodt

Folter im Jupen-Turm

Wer nach dem vielen Treppauf-Treppab noch Kondition für weitere 142 Treppenstufen hat, der steige hinauf auf die Aussichtsplattform und lasse sich durch eine fabelhafte Aussicht belohnen. Die beiden charakteristischen Türme heißen „Lichte Jupe“ und „Finsterer Jupe“. Sie lassen das Schloss wie ein Dom wirken. Sie waren ursprünglich als Wohnräume gedacht, fanden aber als Verlies und als Folterkammer zweckentfremde Verwendung.

Herbstfest mit Handwerk und Bogenschießen

Einen zusätzlichen Anreiz, Schloss Rochlitz jetzt zu besuchen, bietet das „Köstliche Herbstfest“ am 8. und 9. Oktober 2016 von 10 bis 18 Uhr. Rund 50 Direktvermarkter der Region laden zum Schauen, Probieren und Kaufen ein. Es verlocken regionale Lebensmittel, Hausgemachtes und Deko-Artikel über Schmuck und bepflanzten Steinen bis zu wärmenden Schafwollprodukten. Daneben locken zahlreiche Unterhaltungs-, Spiel- und Bastelangebote: Bogenschießen, Ponyreiten, Karussell für die ganze Familie. Abgerundet wird das Programm mit Gaukeleien der „Radugas“ und mittelalterlichen Klängen von „Minnedorns“. Schlechtes Wetter sollte nicht aufhalten, viele Akteure sind in den Innenräumen des Schlosses zu finden.

Autor: Peter Weckbrodt

Übersichtsskizze der Schlossanlage. Repro: Peter Weckbrodt

Übersichtsskizze der Schlossanlage.
Repro: Peter Weckbrodt

Besucherinformationen

Schloss Rochlitz, Sörnziger Weg 1, 09306 Rochlitz

Telefon 037 37 49 23 10

Öffnungszeiten:

19. März bis 31. Oktober Di – Fr 10-17 Uhr, Sa , So u. Feiertage 10-18 Uhr; vom 1. November bis März 2017 geschlossen.

Eintritt:

Erw. 5 Euro, Erm. 2,50 Euro, Familien 11 Euro;

Eintritt für Herbstfest: Erw. 4 Euro, Kinder 2 Euro inklusive Museumsbesuch

Mehr Infos: www.schloss-rochlitz.de

Anfahrt:

Repro: Oiger, Original: Madeleine Arndt
Kategorie: Ausflugstipp, zAufi

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[caption id="attachment_67607" align="alignleft" width="117"]Peter Weckbrodt. Foto: IW Peter Weckbrodt. Foto: IW[/caption] Peter Weckbrodt hat ursprünglich Verkehrswissenschaften studiert, wohnt in Dresden und ist seit dem Rentenantritt journalistisch als freier Mitarbeiter für den Oiger und die Dresdner Neuesten Nachrichten tätig.

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