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5G-Funk wird alles auf den Kopf stellen

"Wir sind in einer spannenden Forschungsphase", sagt 5G-Experte Dr. Rico Radeke vom 5G Lab Germany, der hier gerade mit Datenbrillen experimentiert, die beim Ballspiel die Zeitverzögerungen im Mobilfunk simulieren. Foto: Heiko Weckbrodt

„Wir sind in einer spannenden Forschungsphase“, sagt 5G-Experte Dr. Rico Radeke vom 5G Lab Germany, der hier gerade mit Datenbrillen experimentiert, die beim Ballspiel die Zeitverzögerungen im Mobilfunk simulieren. Foto: Heiko Weckbrodt

Gipfeltreffen in Dresden schlägt Weg-Pflöcke zu einer Mobilfunk-Revolution ein

Dresden, 28. September 2016. Rund 500 Forscher und Industrievertreter wollen morgen auf dem Gipfeltreffen „IEEE 5G Summit“ in Dresden die Wege zum Mobilfunk der 5. Generation (5G) besprechen. Und sie möchten ausloten, welche Chancen die neue Datentechnik eröffnet. „5G wird alles auf den Kopf stellen: Fertigungsprozesse, Medizin, Automobilproduktion, Agrarindustrie – alle Branchen, in denen Deutschland heute gut ist“, sagte Gipfel-Mitorganisator Prof. Gerhard Fettweis vom „5G Lab Germany“ der TU Dresden. Sachsen habe hier die Chance, einen der ganz großen globalen Innovationsmotoren der nächsten Jahre mitzudesignen.

Organisiert den 5G-Gipfel mit: Prof. Gerhard Fettweis von der TU Dresden. Foto: Heiko Weckbrodt

Organisiert den 5G-Gipfel mit: Prof. Gerhard Fettweis von der TU Dresden. Foto: Heiko Weckbrodt

5G-Netze sollen ganze Fabriken und Sädte steuern

Der neue Mobilfunk soll ab 2019/20 nämlich nicht „nur“ schnellere Daten-Übertragungen erlauben. Diesmal steht laut Fettweis eine Revolution, nicht nur ein Evolutions-Schritt an. Zusammen mit einem Dutzend Industriepartnern arbeiten die Dresdner Uni-Forscher nämlich daran, 5G so reaktionsschnell und ausfallsicher zu machen, dass er auch für die massenhafte Echtzeit-Steuerung von Robotern, Autos, von ganzen Fabriken und Städten geeignet wird.

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Sensoren warnen vor dem Epilepsie-Anfall

Auch Nokia-Netzwerkarchitekt Volker Ziegler sieht durch 5G enorme Umwälzungen nahen: „Wir schieben hier eine tiefe digitale Transformation an“, sagte er. Und die werde nicht nur die industriellen Automatenfabriken ergreifen, sondern immer mehr Lebenssphären. „5G kann eine ganz neue Qualität der Gesundheits-Überwachung möglich machen“, sagte der Nokia-Manager. „Denken Sie an Epilepsie-Patienten: Manche merken, dass ein Anfall kommt, andere nicht. Mit den richtigen Sensoren, vernetzt mit 5G, könnte die Technik solche Warnsignale des Körpers rechtzeitig erkennen und Gegenmaßnahmen einleiten.“

In der hochautomatisierten, vernetzten Fabrik der Zukunft (Industrie 4.0) handeln Maschinen, Roboter und Werkstücke die Fertigungsabläufe selbstständnig untereinander aus. Abb.: Silicon Germany AG

In der hochautomatisierten, vernetzten Fabrik der Zukunft (Industrie 4.0) handeln Maschinen, Roboter und Werkstücke die Fertigungsabläufe selbstständig untereinander aus. Abb.: Silicon Germany AG

Einkaufen 2.0: Die Roboter-Manufaktur baut’s, die Drohne bringt’s

„Auch Einkaufszentren wie die Altmarkt-Galerie oder die Centrum-Galerie, ja unser ganzes Konsumverhalten werden sich stark ändern“, prophezeite Fettweis. Statt Massenware von der Stange zu bekommen, werde der Kunde der Zukunft in den Einkaufszentren zusammen mit Kreativ-Designern genau den Anzug, Fernseher oder Stuhl gestalten, der ihm am besten passt. Im Hintergrund beginnt dann bereits eine Automaten-Manufaktur damit, das Einzelstück herzustellen – das kurz darauf per Drohne vor Ort angeliefert wird.

Industrie will neue Frequenzen jenseits der 5 Gigahetz

Bis solche Konsum-Szenarien Realität werden, sind indes noch viele Probleme zu lösen – auch politische. Denn die ersten 5G-Mininetze werden zwar voraussichtlich noch in diesem Jahr in Asien scharf geschaltet, aber richtig los geht es frühestens 2019 mit 5G in voller Funktionalität. Um zum Beispiel drahtlos auf über 100 Gigabit je Sekunde Ladegeschwindigkeit im Internet zu kommen, dringen die Netzbetreiber auf neue, höhere Frequenzbänder, die ihnen die Regulierungsbehörden zuteilen sollen. Zur Debatte stehen Frequenzen um die 28, 70 und 140 Gigahertz, die derzeit aber teils vom Auto-Radar verwendet werden.

Prof. Frank Fitzek leitet den Telekom-Stiftungslehrstuhl für Kommunikationsnetze an der TU Dresden. Hier ist er im Show-Raum des 5G-Labs zu sehen. Foto: Heiko Weckbrodt

Prof. Frank Fitzek leitet den Telekom-Stiftungslehrstuhl für Kommunikationsnetze an der TU Dresden. Hier ist er im Show-Raum des 5G-Labs zu sehen. Foto: Heiko Weckbrodt

Holistischer Forschungs-Ansatz

Auch hat das „5G Lab Germany“ nicht ganz zufällig soviele Industriepartner gewinnen können und den IEEE-Gipfel an Land gezogen: Als einer von ganz wenigen Forschungsstandorten weltweit geht Dresden das Thema 5G ganzheitlich („holistisch“) an. Das heißt: Die Sachsen beschäftigen sich mit der ganzen Forschungskette. Die beginnt beim Entwurf geeigneter Funkchips und winziger Supercomputer für lokale Rechnerwolken am Straßenrand („Edge Clouds“), geht weiter über die Funk-Standardisierung bis hin zur Software- und Anwendungs-Entwicklung. Und dieses holistische Konzept zieht anscheinend. Fettweis: „Die nächsten Partner, die bei uns mitmachen wollen, klopfen schon an unsere Tür.“

Autor: Heiko Weckbrodt

Repro: Oiger, Original: Madeleine Arndt

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