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1,7 Milliarden Euro für deutsche Mikroelektronik

Automatisierte Maschinenbeladung mit schienengebundenen Robotern in einer Infineon-Fabrik. Foto: Fabmatics

Automatisierte Maschinenbeladung mit schienengebundenen Robotern in einer Infineon-Fabrik. Foto: Fabmatics

Jurk (SPD): Bund hat wegen „Industrie 4.0“ umgedacht

Dresden/Berlin, 26. September 2016. Der Bund wird die deutsche Mikroelektronik ab 2017 bis 2020 mit mindestens rund 1,7 Milliarden Euro fördern. Darauf hat der sozialdemokratische Bundestagsabgeordnete Thomas Jurk hingewiesen.

Thomas Jurk. Foto: PR

Thomas Jurk. Foto: PR

„Spät, aber noch rechtzeitig“

In Berlin habe die Regierung beim Thema Mikroelektronik umgedacht, sagte Jurk im Oiger-Gespräch. Sie erkenne inzwischen deren Schlüsselrolle für die gesamte Wirtschaft. Vor allem der Trend zu hochautomatisierten vernetzten Zukunftsfabriken in der „Industrie 4.0“ habe diesen Kurswechsel in Berlin mitangestoßen, schätzte der frühere sächsische Wirtschaftsminister Jurk ein. „Das kommt spät, aber noch rechtzeitig“, sagte er.

Zuschüsse sollen ab 2017 fließen

Die 1,7 Milliarden für die Halbleiter-Förderung setzt sich aus mehreren Posten zusammen. Die können ab 2017 fließen, wenn der Bundestag den Haushaltsentwürfen zustimmt. Dazu gehören 400 Millionen Euro Technologieförderung vom Bundesforschungsministerium und 300 Millionen Euro für Mikroelektronik-Projekte der Fraunhofer-Gesellschaft.

Eine Milliarde für Chipwerk-Investitionen in Sachsen, Thüringen und Süddeutschland

Vor allem aber will das Bundeswirtschaftsministerium eine Milliarde Euro als Zuschüsse für mehrere Investitions-Projekte deutscher Chip-Unternehmen bereitstellen. „Davon wird voraussichtlich ein sehr großer Teil nach Sachsen gehen, aber einiges auch nach Thüringen und nach Süddeutschland“, sagte Jurk. Gedacht ist hier anscheinend an eine Art „Nachteilsausgleich“: Die jeweiligen Zuschüsse werden sich wohl danach orientieren, wieviel Subventionen das Unternehmen in Asien oder in den USA, also vor allem außerhalb des EU-Raums bekommen würde, wenn es dort eine Chipfabrik baut oder erweitert.

Geschäftführer Rutger Wijburg zeigt einen Wafer mit 22FDX-Chips, die das Globalfoundries-Werk Dresden produziert hat. Foto: Heiko Weckbrodt

Geschäftführer Rutger Wijburg zeigt einen Wafer mit 22FDX-Chips, die das Globalfoundries-Werk Dresden produziert hat. Foto: Heiko Weckbrodt

30 % Zuschuss für 12FDX-Projekt im Globalfoundries-Werk Dresden?

An fünf Fingern abzählen können sich Branchenbeobachter jetzt schon, dass dieser Etat vor allem darauf zielt, die sächsische Fabrik des US-Chipauftragsfertiger „Globalfoundries“ zu sichern. Das Unternehmen hat seine Belegschaft in Dresden bereits verringert. Dresden-Chef Rutger Wijburg will nun in Dresden die neue Technologie „12 FDX“ entwickeln. Dadurch will er in zwei Jahren auch Prozessoren in einem speziellen Aufbau anbieten können, die sehr schnell und sehr preiswert sind und sich besonders für das „Internet der Dinge“ (IoT) und die „Industrie 4.0“ geeignet sind. Die Entwicklung und Umrüstung auf 12 FDX könnte rund eine Viertelmilliarde Euro kosten. Anscheinend ist nun vorgesehen, dass der Bund diese Investition zu 25 oder 30 Prozent subventioniert.

Jurk: Die Hilfe hätten wir schon bei Qimonda gebraucht

Gebraucht hätte die sächsische Mikroelektronik solch eine Hilfe eigentlich schon vor acht Jahren, sagte Jurk, der damals Wirtschaftsminister im Freistaat war. Ähnlich hatte sich erst vor wenigen Tagen auch die sächsische Wissenschaftsministerin Eva-Maria-Stange (SPD) geäußert. Zur Erinnerung: Zum Jahreswechsel 2008/2009 gingen der deutsche Speicherchipkonzern Qimonda und dessen Hauptwerk in Dresden samt Tausenden Jobs den Bach herunter.

Rettungspaket war zu Weihnachten 2008 fast fertig

Kurz vor Weihnachten 2008 sei ein Rettungspaket im Umfang von 300 Millionen Euro für das Dresdner Qimonda-Werk schon so gut wie geschnürt gewesen, erzählte Jurk. 150 Millionen wären staatliche Beihilfen aus Sachsen gewesen, je 75 Millionen Euro wollten die Qimonda-Mutter Infineon sowie der Staat Portugal beisteuern. Doch die Beihilfe sei zu lange von Finanzern erwogen und zerredet worden, sodass Qimonda Anfang 2009 dann doch pleite ging. Jurk: „Die Hilfe wurde damals zu Tode geprüft.“

Autor: Heiko Weckbrodt

Repro: Oiger, Original: Madeleine Arndt

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