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Barocker Flaniergarten und verblüffende Papierwelt

 Das barocke Palais. Foto: Peter Weckbrodt

Das barocke Palais. Foto: Peter Weckbrodt

Ausflug-Tipp: Zabeltitz behagte schon dem königlichen Hof

Dresden/Zabeltitz, 9. September 2016. Wir nehmen den „Tag des offenen Denkmals“ zum Anlass dorthin zu fahren, wo er für den Freistaat Sachsen eröffnet werden soll: im Barockgarten Zabeltitz.

Leben wie Gott in Frankreich

Die knapp einstündige Fahrt lohnt, weil sich hier, schon in Sichtweite Brandenburgs, nicht immer die Füchse Gute Nacht gesagt haben. Zu Zeiten August des Starken und seines Generalfeldmarschalls und Generalbauintentanten Graf August Christoph von Wackerbarth (1662-1734) wurde in dem barocken Ensemble von Schloss, Palais und Garten Feste gefeiert, zur Hubertusjagd geblasen, fühlten sich die geladenen Gäste wie „Der Liebe Gott in Frankreich“. Letzterer war bekanntlich Ludwig der XIV., uns besser bekannt als Sonnenkönig.

So können wir uns auch fühlen, wenn wir nach einem ausgiebigen Spaziergang durch den Barockgarten auf der großzügig gehaltenen Terrasse des Palaiscafés Platz nehmen. Dann ist beste Gelegenheit, einen Cappuccino plus Eisbecher zu genießen.

Das Alte Schloss Zabeltitz aus dem Ende des 16. Jahrhunderts. Foto: Peter Weckbrodt

Das Alte Schloss Zabeltitz aus dem Ende des 16. Jahrhunderts. Foto: Peter Weckbrodt

Lupenreiner Barock

Unser Blick erfreut sich an den prächtigen Blumenrabatten und an den wie mit dem Lineal gezogenen Hecken. Direkt uns zu Füßen liegt eine akkurat gefassten Wasserfläche mit hoher Fontäne. Das Bild fassen zu beiden Seiten als Hecke gepflanzte exakt 12,25 m hohe holländische Lindenbäume ein. Das beeindruckt, ohne Wenn und Aber! Das ist lupenreiner Barock: die scheinbar endlose, schon jenseits des Palais beginnende und irgendwo im Unendlichen endende Magistrale. Links und rechts zu ihr wie Spiegelbilder das eben beschriebene floristische Ensemble. All dies erinnert an Versailles. Selbst die dort erhaltene Schäferei war hier als eine Fasanerie einst abgeguckt worden.

Auftragswerk des Grafen Wackerbarth

Entworfen hat diese barocke Welt um 1728 der Hofbaumeister August des Starken, Johann Christoph Knöffel. Es war ein Auftragswerk des Grafen Wackerbarth. Zu dem seit Ende des 16. Jahrhunderts vorhandenen Schloss Zabeltitz baute Knöffel am Standort einer früheren Wasserburg das barocke Palais hinzu. Ihre Ausstattung haben beide Gebäude mit dem Kriegsende komplett verloren. Im Schloss gibt es noch immer den sehr schönen Saal, der für Veranstaltungen und Festlichkeiten entsprechend bestückt wird. Das trifft auch für das Palais zu. Im Schloss wie im Palais bieten Standesämter ihre Dienste an. In Zabeltitz kann heutzutage ganz nobel geheiratet werden.

Die sehenswerte St.-Georgen-Kirche in Zabeltitz. Foto: Peter Weckbrodt

Die sehenswerte St.-Georgen-Kirche in Zabeltitz. Foto: Peter Weckbrodt

Spätgotische Kirche ist dem Heiligen Georg geweiht

Nur wenige Schritte entfernt sehen wir die spätgotische St.-Georgen-Kirche. Es ist eine sehr schöne Kirche, innen wie außen in bestem baulichem Zustand. In der Kirche ruht der Reichsgraf Wackerbarth. Wir sollten Sie besichtigen.

Erinnerung an Ernteschlachten im Bauernmuseum

Ein kleiner Spaziergang bringt uns noch zum malerischen Bauernmuseum. Da kommen bei den Älteren unter uns Erinnerungen an mitgemachte Ernteschlachten zur Unterstützung der Genossen LPG-Bauer, an das „Fechten“ der Mutter um ein paar Kartoffeln, aber auch Freude am Krähen des munteren Hahns auf, das wir lange nicht gehört haben. Zabeltitz hat als Dorf viel zu bieten. Es ist, wie die Einheimischen selbst sagen, noch gut mit Versorgungseinrichtungen bestückt. Nur 8 km sind es bis zum Heideberg, von dessen schon im Brandenburgischen stehenden hohem Turm eine gute Rundsicht übers Land besteht.

Die sieben Schwaben - hier als Papierplastik gestaltet. Foto: Peter Weckbrodt

Die sieben Schwaben – hier als Papierplastik gestaltet. Foto: Peter Weckbrodt

Abstecher nach Glaubitz zum betagten Papierkünstler lohnt

So die Kondition und die Zeit noch reichen, machen wir auf der Rückfahrt Halt in Glaubitz. Dorthin kommen wir problemlos in 20 Minuten. Es ist eine schöne Fahrt übers Land, ein sehr fruchtbarer Landstrich, als Großenhainer Pflege uns noch aus der Heimatkundestunde in etwas unscharfer Erinnerung. Hier können wir den mit stolzen 83 Jahren noch immer freischaffend tätigen Horst Schubert in seinem Atelier besuchen. Sind wir drin, sind wir erst mal baff: vor uns öffnet sich eine lupenreine Papierwelt! Wir durften oder mussten ja alle schon im Kindergarten, in der Schule, im Hort und zu Hause mit Zeichenkarton, Schere und Leim Irgendetwas basteln. Wir erkannten dabei schnell unsere Grenzen. Was Horst Schubert im Verlaufe der letzten 40 Jahre aus Papier hervorgezaubert hat, ist schlicht unvorstellbar. Stets sei sein Kopf voller Ideen gewesen, gibt er bescheiden von sich. Daran habe sich bis heute auch Nichts geändert. Mit der Umsetzung des im Kopf schon Fertigen wäre er kaum nachgekommen.

Lebensgroß, lebensnah und doch nur Papier! Foto: Peter Weckbrodt

Lebensgroß, lebensnah und doch nur Papier! Foto: Peter Weckbrodt

Schmetterlinge zum Selberbasteln

Die Ergebnisse seiner schöpferischen Tätigkeit füllen das gesamte Haus. Das beginnt mit der toll gestalteten Glückwunschkarte zur Hochzeit, geht über die räumlich gestalteten Fassaden von Schlössern, Burgen, Marktszenen, zu in üppiger barocker Mode gekleideten lebensgroßen Hofmusikanten. Wir erwerben schließlich als Mitbringsel Bastelbögen von Schmetterlingen und Blumen. Vielleicht wollen wir es auch selbst noch einmal versuchen. Der Erfolg sei garantiert, alle Teile sind vorgeschnitten.

Genug der Schwärmerei, schauen Sie sich diese Papierwelt recht bald an. Noch ist Gelegenheit, aber deren Ende auch absehbar. Die Schuberts haben keine Nachfolger im Kunsthandwerk, im Geschäft, keinen Käufer für das im Atelier Gezeigte finden können. Diese wunderbaren Dinge haben keine Perspektive, das ist schon bitter.

Autor: Peter Weckbrodt

Besucherinformationen

Barockgarten Zabeltitz, Am Park 1, 0156 Großenhain, OT Zabeltitz; Tel.: 03522-304 77; der Park ist ganzjährig geöffnet, der Eintritt ist frei; zum Tag-des-offenen-Denkmals finden zwischen 14 und 17 Uhr öffentliche Führungen durch Zabeltitz statt;

St-Georgen-Kirche Zabeltitz, geöffnet Di. bis Sa. 10-17 Uhr; Tel.: 03522-502 197;

Bauernmuseum Zabeltitz, Hauptstraße 54, 01561 Großenhain; geöffnet: Di –Frei. 10-00 bis 12.30 Uhr, 14.00 bis 16.00 Uhr, So. 14.00 bis 17.00 Uhr; Tel.: 03522- 50 20 86;

Ateliergalerie Horst Schubert; Langenberger Straße 22, 01612 Glaubitz; telefonische Anmeldung erforderlich unter 035265-56 377, Infos im Netz hier

Anfahrt:

 

 

Repro: Oiger, Original: Madeleine Arndt
Kategorie: Ausflugstipp, zAufi

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[caption id="attachment_67607" align="alignleft" width="117"]Peter Weckbrodt. Foto: IW Peter Weckbrodt. Foto: IW[/caption] Peter Weckbrodt hat ursprünglich Verkehrswissenschaften studiert, wohnt in Dresden und ist seit dem Rentenantritt journalistisch als freier Mitarbeiter für den Oiger und die Dresdner Neuesten Nachrichten tätig.

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