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Die Ernestiner und der Kurhut

Der Kurhut Friedrich III., der mit 23 Jahren einer der ranghöchsten Reichsfürsten war. Foto: Peter Weckbrodt

Der Kurhut Friedrich III., der mit 23 Jahren einer der ranghöchsten Reichsfürsten war. Foto: Peter Weckbrodt

Ausstellung in Thüringen zeigt Rolle des Fürstengeschlechts in Europa – Teil 1: Die Ernestiner und das Reich

Gotha/Weimar, 11. August 2016. Am 31. Oktober 2017 jährt sich zum 500. Male der Tag, an dem Martin Luther seine 99 Thesen an die Tür der Schlosskirche zu Wittenberg anschlug und damit die Reformation im Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation auslöste. Schwer vorstellbar ist aus heutiger Sicht, welchen Lauf die Dinge genommen hätten, wenn der sächsische Kurfürst Friedrich der Weise den Vollzug der Reichsacht über den aufmüpfigen Mönch tatsächlich veranlasst hätte. Wenn er ihn nicht auf seiner Wartburg quasi in Schutzhaft genommen hätte.

Sachsen brüderlich geteilt

Friedrich der Weise gehörte zum Geschlecht der Ernestiner. Die Begriffe „Ernestiner“ und „Albertiner“ gehen auf die wettinischen Brüdern Ernst und Albrecht von Sachsen zurück, die aufgrund von Erbstreitigkeiten ihre Besitzungen 1485 teilten. Dem ernestinischen als dem älteren Zweig des Fürstenhauses fielen die Gebiete um Gotha und Eisenach im Westen zu, im Süden die thüringisch-fränkischen Besitzungen um Coburg sowie im Osten die Regionen um Weimar, Jena, Saalfeld und Altenburg. Nordöstlich von Altenburg reichte bis dahin das Gebiet der Ernestiner bis weit in die Residenzen Torgau und Wittenberg hinaus.

Gewirkte Propaganda auf einem Gobelin: Luther weist auf Christus,. Er wird als Zeuge der Auferstehung Christi gezeigt, der ohne Furcht das wahre -wort -gottes verteidigt. Christus steht von den Toten auf. Er setzt seinen Fuß auf den Papst, der als Raubvogel mit Eselsohren verspottet wird. Foto: Peter Weckbrodt

Gewirkte Propaganda auf einem Gobelin: Luther weist auf Christus,. Er wird als Zeuge der Auferstehung Christi gezeigt, der ohne Furcht das wahre -wort -gottes verteidigt. Christus steht von den Toten auf. Er setzt seinen Fuß auf den Papst, der als Raubvogel mit Eselsohren verspottet wird. Foto: Peter Weckbrodt

Den Ernestinern gehörte auch der Kurhut. In der Reichshierarchie genoss der Kurfürst Macht und Ansehen, stand doch der ernestinische Kurfürst von Sachsen als Erzmarschall und Generalstatthalter des Reiches auf Augenhöhe mit dem Habsburger Kaiserhaus. Nach Kaiser Maximilians Tod 1513 galt Friedrich der Weise als möglicher Nachfolger. Er verzichtete jedoch auf eine Kandidatur und entschied sich, Maximilians Enkel Karl V. zu unterstützen.

Zum Weiterlesen:

Das Oiger-Special: Die Ernestiner wiederentdeckt

Der Kurfürst war einer der zunächst sieben, später neun ranghöchsten Reichsfürsten, die das Kurkollegium bildeten. Dem Kollegium stand seit dem 13. Jahrhundert das alleinige Recht zur Wahl des römisch-deutschen Königs zu. Mit dem Königstitel war traditionell der Anspruch auf die Krönung zum römisch-deutschen Kaiser durch den Papst verbunden.

Blick zur Wartburg in der Abendsonne. Foto: Peter Weckbrodt

Blick zur Wartburg in der Abendsonne. Foto: Peter Weckbrodt

Ernestiner von Anfang an auf der Seite der Reformation

Das mächtige Herrscherhaus der Ernestiner verteidigte von Anfang an konsequent die Sache der Reformation. Der Schutz des Luthertums verstand es stets einen zentralen Aspekt zur Demonstration dynastischer Legitimität. Seit der Protektion Martin Luthers durch Friedrich den Weisen bis in das 19. Jahrhundert hinein haben sich die Ernestiner der lutherischen Lehre verschrieben.

Das prächtige Tafelzimmer im Schloss Friedensstein. Foto: Peter Weckbrodt

Das prächtige Tafelzimmer im Schloss Friedensstein. Foto: Peter Weckbrodt

Nach der Ablehnung des Augsburger Bekenntnisses, einem grundlegenden Bekenntnis der lutherischen Reichsstände zu ihrem Glauben, durch den Kaiser im Juni 1530, entstand eine gefährliche Situation. Sich nicht dem Willen des Kaisers zu unterwerfen hieß, auch für die Ernestiner, die Gefahr der Reichsexekutation wegen Landfriedensbruches heraufzubeschwören. Dies führte am 27. Februar 1531zum Abschluss des Schmalkaldischen Bundes, einem Verteidigungsbündnis protestantischer Fürsten und Städte unter Führung von Kursachsen und Hessen gegen die Religionspolitik Karl V. Dieser Bund erstarkte in der Folgezeit merklich.

Repro einer Darstellung der Herrscherbereiche von Ernestiner und Albertinern nach den erfolgten Teilungen. Foto: Peter Weckbrodt

Repro einer Darstellung der Herrscherbereiche von Ernestiner und Albertinern nach den erfolgten Teilungen. Foto: Peter Weckbrodt

Lage eskalierte

Die Lage eskalierte, als Herzog Moritz aus der albertinischen Linie der Wettiner, obwohl selbst Protestant, sich aus nüchternem Machtkalkül heraus, mit dem Kaiser verbündete. Unter dem ernestinischen Herzog Johann Friedrich führten diese Spannungen zum Schmalkaldischen Krieg, den der Bund 1547 in der Schlacht bei Mühlberg verlor. Dieser Kriegsausgang hatte tragische Folgen, vor allem für die Ernestiner. Johann Friedrich musste die Kurwürde an Moritz von Sachsen abgeben. Alle nachfolgenden langjährigen Anstrengungen der Ernestiner, die Kurwürde zurückzubekommen, verliefen ergebnislos. Die Ernestiner mussten zudem große Teile der bisherigen kursächsischen Besitzungen an Moritz abgeben. Dazu gehörten auch alle bis dahin in Betrieb gewesenen Münzstätten. Die Münztrennung zwischen den beiden sächsischen Linien blieb endgültig.

Landesausstellung zeigt Weg der Ernestiner

Über diese historischen Zusammenhänge, speziell über die besondere politische Rolle der Ernestiner zwischen Reformation und der Novemberrevolution 1918 in Deutschland, informiert umfassend noch bis zum 28. August die Thüringer Landesausstellung „Die Ernestiner – Eine Dynastie prägt Europa“ in Gotha und Weimar. An Originalschauplätzen werden das politische, höfische und kulturelle Leben, barocke Prachtentfaltung, reiche Kunstsammlungen und die Blüte der Wissenschaften anschaulich dargestellt: Im Neuen Museum und im Residenzschloss Weimar sowie im herzoglichen Museum und dem Schloss Friedensstein in Gotha erwarten die Besucher attraktive Exponate aus mehr als vier Jahrhunderten thüringischer und europäischer Geschichte und Kultur.

Die Ernestiner-Ausstellung kostete 2,4 Millionen Euro. Sie versteht sich als fulminanter Auftakt zum Reformationsjubiläum „Luther 2017“, in dessen Rahmen im kommenden Jahr die nationale Sonderausstellung „Luther und die Deutschen“ auf der Wartburg eröffnet wird.

Autor: Peter Weckbrodt

Besucherinformationen:

Was?

Landesausstellung „Die Ernestiner – Eine Dynastie prägt Europa“

Wann?

bis 28. August

Wo?

Neues Museum Weimar
Weimarplatz 5 | 99423 Weimar
Eintritt: Erw. 5,50 € | erm. 3,50 € | Schüler* (16-20 J.) 1,50 €

Stadtschloss Weimar
Burgplatz 4 | 99423 Weimar
Eintritt: Erw. 7,50 € | erm. 6 € | Schüler* (16-20 J.) 2,50 €
(incl. Rundgang durch die hstorischen Räume des Stadtschlosses)

Schloss Friedenstein Gotha
Parkallee 15 | 99867 Gotha
Eintritt: Erw. 10 € | erm.* 4 €

Herzogliches Museum Gotha
Parkallee 15 | 99867 Gotha
Eintritt: Erw. 5 € | erm.* 2,50 €

Kombiticket für alle Ausstellungsorte in Weimar und Gotha
Erw. 16 € | erm. 12 € | Schüler* (16-20 J.) 5 €

-> Weitere Infos gibt es hier im Internet

Repro: Oiger, Original: Madeleine Arndt
Kategorie: Geschichte, zAufi

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[caption id="attachment_67607" align="alignleft" width="117"]Peter Weckbrodt. Foto: IW Peter Weckbrodt. Foto: IW[/caption] Peter Weckbrodt hat ursprünglich Verkehrswissenschaften studiert, wohnt in Dresden und ist seit dem Rentenantritt journalistisch als freier Mitarbeiter für den Oiger und die Dresdner Neuesten Nachrichten tätig.

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