Ausflugstipp, zAufi
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Vom ungeliebten Langweiler zur Trendblume

In fernöstliche Welten versetzt den Besucher dieses Stimmungsbild. Foto: Peter Weckbrodt

In fernöstliche Welten versetzt den Besucher dieses Stimmungsbild. Foto: Peter Weckbrodt

Oigers Wochenendtipp: Hortensienpracht und Nonsensmaschine im Schloss Zuschendorf

Zuschendorf, 22. Juli 2016. Der Hochsommer zeigt sich von seiner besten Seite, und auch die Hortensien zeigen sich jetzt von ihrer schönsten Seite. Aber Alles, was wir gemeinhin unter deren Blüte verstehen, wird in unserem Bewusstsein gnadenlos in den Bereich des Unscheinbaren verdammt, wenn wir erst dem nahen Landschloss Zuschendorf in Pirna bei Dresden unseren Besuch abgestattet haben.

Hortensienschau mit prächtigen Bildern

„Die Verwandlung eines ungeliebten Langweilers zum internationalen Star“ ist hier angesagt und weckt zwangsläufig sehr hohe Erwartungen. Um es gleich vorweg zu nehmen – sie werden restlos erfüllt! Die XI. Hortensienschau wartet mit dem Besten an Sortenvielfalt, an phantasievollen Arrangements und prächtigen Salonbildern auf.

Der Carlowitzer Schatz, eine Episode aus der sächsisch-polnischen Geschichte heißt dieses farbenprächtige Hortensienbild. Foto: Peter Weckbrodt

Der Carlowitzer Schatz, eine Episode aus der sächsisch-polnischen Geschichte heißt dieses farbenprächtige Hortensienbild. Foto: Peter Weckbrodt

Mehr Farbe

Das Publikum kann die aktuellsten floralen Trends besichtigen und staunen, was für außergewöhnliche Schönheit die Hortensien entwickeln können. Eindrucksvoll wird mittels der Züchtungen demonstriert, wie die Hortensie vom ungeliebten, langweiligen Konfirmations-Geschenktopf zur trendigsten Zierpflanze überhaupt gewandelt hat. Das Farbenspektrum hat sich deutlich erweitert. Das klassische Rot, Rosa, Blau und Weiß wurde durch Grün, Violett und sogar Orange, aber vor allem durch Mehrfarbigkeit erweitert. Festere Stiele, gedrungener gleichmäßiger Wuchs, gesundes Laub, klarere Farben sind weitere Fortschritte. Eine der besten Nachrichten ist die Entwicklung remontierbarer Sorten. Unabhängig von der Winterskälte blühen sie sicher und erobern nun die gärten klimatisch kälterer Gebiete Deutschlands. Dafür war jahrzehntelange, akribische und innovative Arbeit der Mitarbeiter der beteiligten Züchterbetriebe erforderlich.

Das Landschloss Zuschendorf. Foto: Peter Weckbrodt

Das Landschloss Zuschendorf. Foto: Peter Weckbrodt

Internationale Züchter vertreten

Die Botanischen Sammlungen haben sich die Mitwirkung dreier in- und ausländischer Aussteller gesichert. Nachdem Frankreich im Vorjahr als Gastland die Ausstellung bereicherte, wird in diesem Jahr ein niederländischer Betrieb mit seinen Züchtungen, vor allem mit Schnittblumenhortensien, die Besucher überraschen. Es ist die international arbeitende Züchtervereinigung HBA. HBA steht für „Hydrangea Breeders Assocition BV“. Sie betreibt ihre Züchtungen sowohl bei der Firma AGRIOM in De Kwakel wie auch an deutschen Standorten. Mit Bild, Text und durch die Präsentation ihrer Züchtungserfolge wird die Arbeit der HBA den Besuchern vorgestellt. AGRINOM steuert speziell Schnitthortensien zur Ausstellung bei.

Ein Pariser Blunmenladen darf auf der Hortensienschau nicht fehlen. Foto: Peter Weckbrodt

Ein Pariser Blunmenladen darf auf der Hortensienschau nicht fehlen. Foto: Peter Weckbrodt

Die Aussteller (Auswahl)

AGRIOM züchtet seit 2005 spezielle Schnitthortensiensorten. Neben der Schönheit kommt es da vorrangig auf lange und feste Stiele an. Reicher Knospenansatz und gute Transportfähigkeit sind vor allem ein Thema für den Produzenten. Eine Haltbarkeit von mindestens 7 Tagen in der Vase ist das Ziel. Auch sollen die Sorten im Verblühen weiter ansprechend bleiben und als sogenannte „Klassikblüten“ dem Käufer noch lange Freude machen.

Nicht nur der Züchter, auch der Käufer kann einiges für eine vortreffliche Blüte tun. Damit die Blume länger hält, sollten die Stiele mit einem schrägen Schnitt um 3 cm gekürzt werden. Alle Blätter unter dem Wasserspiegel sind zu entfernen. Als Nahrung empfehlen die Gärtner das eigens dafür entwickelte Mittel „Floissant“.

Wie sich der Besucher überzeugen kann, eröffnen Hortensien als Schnittblumen dem schöpferischen Blumenbinder die herrlichsten Möglichkeiten. Ob modern in Glasvasen oder romantisch in Steinzeugkrügen, ob einzeln oder im Bunde mit anderen pflanzen, ob als frischer oder als Trockenstrauß, der Phantasie sind kaum Grenzen gesetzt.

Die Dresdner Kühne Jungpflanzen GbR ist seit vielen Jahren Partner der Zuschendorfer Hortensienschauen. Ihr SAXON-Sortiment ist weltweit gefragt. Die floristische Abteilung Kühne Trend Florist wird mit tausenden Klassikblüten, zu phantasievollen Gestaltungen gewandelt, ein besonderes Flair in die wunderschönen barocken Festräume des Schlosses einziehen lassen. Der Hortensienspezialgartenbaubetrieb Reinhard Ullmann aus Radebeul . produziert die größte Sortenvielfalt in der Region und stellt seine Pflanzen schon seit vielen Jahren in Zuschendorf zur Schau. Unbedingt beachtenswert ist „Diva Fiore“, die erste wirklich gartentaugliche Ballhortensie. Der Verkaufsleiter des größten deutschen Hortensienproduzenten, Jürgen Gerdvordermark, von der Firma Kötterheinrich aus Lengerich, schwärmt:“ Nach den großen Unwettern dieses Jahr in Süd- und Westdeutschland standen zwei Hortensiensorten aufrecht und blühten herrlich: Die ,Diva Fiore´und die ,Schloss Zuschendorf`.“ Es sind Züchtungen von Kühne Jungpflanzen GbR aus Dresden.

Bauern-Thema aufgegriffen

Es ist nicht allein die Fülle der Pflanzen, die die Besucher fasziniert. Im Festsaal entsteht eine historische Bauernstube. Sie ist dem Bauer Hortensius Müller gewidmet. Er nahm einen Werbegag mit den „Bauernhortensien“ ganz wörtlich und machte den Anbau von Hortensien zu seinem Geschäft. Statt Kartoffeln und Rüben gibt es bei ihm Schnitt-, Topf- und Teehortensien. Was er nicht verkauft, schmückt in irdenen Gefäßen Mindestens wie die Blütenpracht beeindruckt die Besucher die meisterhafte Präsentation der Hortensien in nahezu die Salons füllenden Bildern. Die Ideen und deren konkrete Umsetzungskonzepte lieferte, wie schon über viele Jahre zuvor, der Dresdner Architekt Volker Berthold.

Freiherr von Lentz bei der Erprobung seines "revolutionären" Cultivateurs. Foto: Peter Weckbrodt

Freiherr von Lentz bei der Erprobung seines „revolutionären“ Cultivateurs. Foto: Peter Weckbrodt

Nutzloses, aber faszinierende Ungeheuer

Wo über Jahre hinweg der „Hausdrachen“ sein Feuer ausspie versetzt der „CULTIVATOEUR – ME´CANIC – UNIVERSEL“ – eine verwirrende, letztlich auf Nonsens hinauslaufende Konstruktion, die Besucher in Erstaunen. Die Zutaten, verrostete Eisenteile, fanden die Sammlungsmitarbeiter bei Arbeiten im Schlossgelände. Sie vermuteten in ihnen Teile einer landwirtschaftlichen Maschine. Sie versuchten sich in deren Rekonstruktion, den Entwurf lieferte ebenfalls Berthold. Sie vermuten, dass der Freiherr Xaver von Lentz, also der Schlossbesitzer selbst, der Schöpfer der Maschine war. Er hatte am Deutsch-Französischen Krieg 1870/71 teilgenommen und kam mit Ideen zur Modernisierung der Garten- und Landwirtschaft zurück.

Das letztlich unbrauchbare Ergebnis darf der Besucher durchaus belächeln. Eine 20 Jahre später im Gut eingesetzte Dampf-Lokomobile dürfte tatsächlich einen Nutzeffekt gebracht haben. Im Gegensatz zu diesem nutzlosen Ungeheuer werden auch andere, durchdachte historische landwirtschaftliche Maschinen vorgestellt. Für ältere Besucher knüpfen sich an deren Betrachtung möglicherweise sogar noch Kindheitserinnerungen. Auch sie waren jahrzehntelang Wind und Wetter ausgesetzt und sind nun von besonderem ästhetischem Wert.

Besucherinformationen

XI: Hortensienschau im Landschloss Zuschendorf, 23. Juli bis 7. August; Am Landschloß 6, 01796 Pirna; Tel.: 03501/527734; geöffnet : Dienstag bis Sonntag und feiertags von 10.00 bis 17.00 Uhr, zusätzlich Montag von 10.00 bis 16.00 Uhr, Eintritt: 5,00 Euro, erm. 4,00 Euro.

Anfahrt:

Repro: Oiger, Original: Madeleine Arndt
Kategorie: Ausflugstipp, zAufi

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[caption id="attachment_67607" align="alignleft" width="117"]Peter Weckbrodt. Foto: IW Peter Weckbrodt. Foto: IW[/caption] Peter Weckbrodt hat ursprünglich Verkehrswissenschaften studiert, wohnt in Dresden und ist seit dem Rentenantritt journalistisch als freier Mitarbeiter für den Oiger und die Dresdner Neuesten Nachrichten tätig.

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