Ausflugstipp, zAufi
Schreibe einen Kommentar

Hammer-Action im Erzgebirge

Wer das Museum "Frohnauer Hammer" besucht, bekommt zumindest den kleinen Hammer in Aktion zu sehen. Foto: Heiko Weckbrodt

Wer das Museum „Frohnauer Hammer“ besucht, bekommt den kleinen Hammer in Aktion zu sehen. Foto: Heiko Weckbrodt

Ausflugstipp: Frohnauer Museums-Hammer zeigt live, wie Schmiede vor Jahrhunderten Werkzeuge formten

Annaberg-Buchholz, 6. Mai 2016. „Bumm… Bumm-Bumm…“ Das erste Kind auf Papas Arm hält sich demonstrativ die Ohren zu. „Bumm… BUMM-BUMM-BUMM.“ Jetzt knallt der lange Holzhammer mit voller Wucht auf das Metall, immer wieder und wieder – und erfüllt die halbdüstere Schmiede mit ohrenbetäubendem Dröhnen. Im 17. Jahrhundert waren die meisten Schmiede mit Anfang 30 taub und körperlich vollkommen verbraucht, erzählt der Führer in der Museumsschmiede „Frohnauer Hammer“ in Annaberg-Buchholz routiniert und deutlich akzentuiert – und wohl jeder Besucher ist geneigt, ihm das zu glauben: Ohne Ohrenschützer ist der Lärm in dem höhlenartigen Gewölbe direkt am Fluss Sehma kaum länger als ein paar Minuten zu ertragen. Und die bloße Vorstellung, tagtäglich kiloschwere glühende Eisenteile nur mit Zange und Muskelkraft von den titanischen Öfen hinüber zu den drei wasserkraftbetriebenen Hämmern zerren zu müssen, lässt schaudern.

Kurzvideo vom Hammer (hw):

Annaberg-Buchholz wuchs mit Berggeschrey am Schreckenberg

Umso interessanter ist eben der Ausflug zu diesem zwar abgelegenen, aber ausgesprochen faszinierenden technischen Denkmal im Erzgebirge: Zur Zeit des großen „Berggeschreys“, des Silberrausches im Erzgebirge, stand im Sehma-Tal ab dem Mittelalter eine Wassermühle. Ab 1621 knallten dann die – später immer wieder erneuerten und ausgetauschten – Hämmer eines hölzern-metallischen Schmiedewerks auf die Ambosse. Sie formten jahrhundertlang vor allem Werkzeuge für die Bergleute vom nahen Schreckenberg und für die Bauern aus Annaberg-Buchholz und Umgebung. Die Sehma trieb über Wasserräder und eine raffinierte mechanische Übersetzungskonstruktion aus Holz die verschieden schweren Hämmer (100, 200 und 250 Kilogramm) an, außerdem die riesigen Blasebälger für die Schmiedeöfen.

Werbung: Hammerwerk à la da Vinci:

Die Sehma hat erst eine Mühle und ab 1621 ein Hammerwerk am Fuße des Schreckenberges angetrieben. Foto: Heiko Weckbrodt

Die Sehma hat erst eine Mühle und ab 1621 ein Hammerwerk am Fuße des Schreckenberges angetrieben. Foto: Heiko Weckbrodt

Ältestes deutsches Schmiedemuseum

Anfang des 20. Jahrhunderts rentierte sich der Betrieb nicht mehr und wurde ab 1910 zum ältesten Schmiedemuseum Deutschlands und frühesten technischen Denkmal in Sachsen. Ein Besuch lohnt sich und der Eintrittspreis ist mit 3 Euro recht moderat. Nach der Führung und Schauvorführung in der Schmiede kann der Museumsgast im Obergeschoss die Schlaf- und Aufenthaltsräume der Wanderschmiede sowie ausgewählte Stücke besichtigen, die mit dem Frohnauer Hammer gehämmert wurden.

Blick in die Schmiede und das Hammerwerk von Frohnau. Foto: Heiko Weckbrodt

Blick in die Schmiede und das Hammerwerk von Frohnau. Foto: Heiko Weckbrodt

Geschnitztes und Verirrtes in der Manufaktur der Träume

Wer noch Zeit und Muße hat, kann nebenan ein bewegliches Modell des gesamten Bergwerkes samt Hammerwerk besichtigen und das Klöppelmuseum anschauen. Und wer einmal die Landstraßenfahrt nach Annaberg-Buchholz absolviert hatte, sollte auch in der Stadt selbst noch ein paar Sehenswürdigkeiten mitnehmen: Die „Manufaktur der Träume“ zum Beispiel inszeniert erzgebirgische Volkskunst in all ihren gelungenen wie auch in ihren geschmacklich verirrten Facetten auf eher moderne Art und Weise. Zwar setzen die Museumsführer hier auch noch stark auf das, was wohl der klassische Erzgebirgs-Besucher erwartet, und nicht jedermanns Geschmack sein mag, nämlich Trachten, Folklore und Sächselei. Aber dazwischen mischen sich inzwischen auch durchaus erfrischend selbstironische Töne…

Aus einem Stück Holz herausgeschnitzt: Bergmänner-Gruppe in der Manufaktur der Träume in Annaberg-Buchholz. Foto: Heiko Weckbrodt

Aus einem Stück Holz herausgeschnitzt: Bergmänner-Gruppe in der Manufaktur der Träume in Annaberg-Buchholz. Foto: Heiko Weckbrodt

Annenkirche mit legendärem Bergaltar

Für den historisch und architektonisch Interessierten unbedingt einen Abstecher wert ist die gotische Annen-Kirche von Annaberg: Die teils nur grob behauenen Natursteine geben dieser Kirche einen ganz eigenen, rauen Charakter. Und der Bergaltar im Innern ist ein schon legendäres Zeugnis spätmittelalterlicher Bergbau-Methoden. Autor: Heiko Weckbrodt

Die raue gotische Kirche von Annaberg-Buchholz ist der Namenspatronin der Stadt, der heiligen Anna gewidmet. Foto: Heiko Weckbrodt

Die raue gotische Kirche von Annaberg-Buchholz ist der Namenspatronin der Stadt, der heiligen Anna gewidmet. Foto: Heiko Weckbrodt

Besucherinformationen

Was? Museum „Frohnauer Hammer“ mit Vorführung
Wann? täglich 9-12 und 13-16 Uhr
Wo? Sehmatalstraße 3, 09456 Annaberg-Buchholz
Eintrittspreise: Erwachsene 3 Euro, Kinder 2 Euro
Mehr Informationen im Netz: annaberg-buchholz.de

„Manufaktur der Träume“:
Buchholzer Straße 2, 09456 Annaberg-Buchholz, täglich 10-18 Uhr geöffnet, Eintritt: 7 bzw. 4 Euro, mehr Infos hier

Anfahrt:

Annaberg-Buchholz liegt nicht direkt an einer Autobahn-Abfahrt. Wer mit dem Automobil anreist, sollte also einige Landstraßen-Fahrtzeit einplanen. Dafür ist es nicht allzu schwer, in der Stadt selbst Parkplätze zu finden. Die Anfahrt von Dresden aus (Google Maps):

Repro: Oiger, Original: Madeleine Arndt

Schreibe einen Kommentar