55 Kabarett-Jahre der Herkuleskeule in Dresden: „Lachen wenn’s zum Heulen ist“
Dresden, 23. April 2016. Der Krieg Reich gegen Arm hat begonnen und Europa geht den Bach runter. Wie Volk und Regierung damit umgehen, davon erzählt voll beißendem Witz und mit Tiefgang leicht und unterhaltsam verpackt das Stück „Lachen wenn’s zum Heulen ist“ im Kabarett-Theater „Herkuleskeule“ in Dresden. Das Jubiläumsprogramm anlässlich 55 Jahre Herkuleskeule bekam nach der Premiere lang anhaltenden Beifall vom Publikum.
Fundamentalisten-Rap gegen Intoleranz
Die Glanzlichter der vergangenen Jahre und brandneue Szenen flossen grandios und nahtlos ineinander in diesem neu arrangierten, zweistündigen Best-of-Programm aus der Feder von Herkuleskeule-Chef Wolfgang Schaller mit Textbeiträgen von Peter Ensikat, Martin Maier-Bode, HG Butzko, Philipp Schaller und anderen, begleitet von mitreißenden Songs wie Nina Hagens „Farbfilm“ über Lieder von Kurt Weill und aus Cabaret bis zum „Fundamentalisten-Rap“ gegen Intoleranz.
Ein facetten- und pointenreiches Humorfeuerwerk zündete das gesamte Ensemble aus sieben Kabarettisten und vier Musikern auf der Bühne. Politik und Show, Spaß und Ernst lagen nah beieinander. Spielend, singend, tanzend und wortwitzig kalauernd bis zu bitterbösen Parodien, die Klischees über Ausländer und Fremdenfeindlichkeit und halbherzige Flüchtlingspolitik entlarven.
Europas Domina Angie und die blonde Kampfdrohne Ursula
„Regiert Angela Merkel noch?“, fragten die Kabarettisten eingangs die Zuschauer. „Wir wollen ja aktuell sein.“ Angesichts der Flut an Ereignissen und dem Hin und Her in der Politik geht es ihnen nicht anders als den Zuschauern, kommen sie kaum nach, von umfassendem Durchblick der immer komplizierteren Weltlage und Krisenherde ganz zu schweigen. Zwei ältere Sachsen, das Gesicht hinter Sonnenbrillen verborgen und nah am Publikum sitzend – gespielt von Birgit Schaller und Detlef Nier – lassen zwischen den einzelnen Szenen Dampf ab. Da bleibt kein gutes Haar an „Europas Domina“ Merkel (tragikomisch parodiert von Brigitte Heinrich) und der „blonden Kampfdrohne“ von der Leyen.
Gucken, auch wenn gar nichts kommt
Sie regen sich übers Fernsehen auf, in dem „nichts mehr kommt“ und schauen es dennoch. Man könnte ja etwas verpassen. Rainer Bursche wettert über „die Kanzlerin, die das ganze Volk verkauft, und zwar für dumm.“ Michael Rümmler sucht das vereinte Europa, findet aber nur Zäune und Stacheldraht. Birgit Schaller beklagt lispelnd komisch-dramatisch auf spanisch den Ausverkauf südlicher Länder und ihrer Kultur. Und versucht als beherzte Blondine „Kalinka“ jodelnd zu Akkordeonklängen das „immer schuldige“ Russland und Europa wieder ein Stück näher zu bringen. Erik Lehmann jongliert mit einem Gummiball als Weltkugel trügerisch als alles wissender und überwachender Google-Herrscher nicht nur in der digitalen Welt.
Ist Europa noch zu retten?
Schön schräg auch die Slapstick-Einlage von Detlef Nier als Chaplin, der sich als kleiner Mann mit Regenschirm groß vorkommt, weil ohne ihn nichts geht und er brav die Zeche zahlt. Als Girl vom Cabaret singt und hangelt Mandy Partzsch im Spagat zwischen zwei Stühlen, zwischen Vergnügen und Weltverdruss. Zu guter Letzt singen und tanzen, hoffen und bangen die sieben Kabarettisten Schulter an Schulter zusammen im Rhythmus des griechischen Sirtaki. Wenn die Menschen zusammenstehen, vielleicht ist Europa dann doch noch zu retten.
Begeisterter Beifall vom Publikum für einen großartigen Abend und den Triumph des Humors über Ängste und Gleichgültigkeit. Das Jubiläumsprogramm wird in einer Fernsehaufzeichnung zum 55. Geburtstag der Herkuleskeule an ihrem Gründungstag am 1. Mai, um 20.15 Uhr im MDR-Fernsehen gesendet.
Autorin: Lilli Vostry
Besucherinformationen:
Was? „Lachen wenn’s zum Heulen ist“, Kabarett-Programm
Wo? Herkuleskeule Dresden, Sternplatz
Wann? Nächste Vorstellungen: 2., 3., 5., 6.5., 10. und 11.5., jeweils 19.30 Uhr
Mehr Infos im Netz: www.herkuleskeule.de
Ihre Unterstützung für Oiger.de!
Ohne hinreichende Finanzierung ist unabhängiger Journalismus nach professionellen Maßstäben nicht dauerhaft möglich. Bitte unterstützen Sie daher unsere Arbeit! Wenn Sie helfen wollen, Oiger.de aufrecht zu erhalten, senden Sie Ihren Beitrag mit dem Betreff „freiwilliges Honorar“ via Paypal an:
Vielen Dank!