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Microchip schließt Atmel-Entwicklungszentrum Dresden

Foto: Atmel

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Neuer US-Eigentümer setzt sächsische Funkchip-Spezialisten vor die Tür

Dresden, 21. April 2016. „Microchip Technology“ schließt das Atmel-Entwicklungszentrum für Zigbee-Funkchips in Dresden. Der US-Konzern hat allen 38 Ingenieuren gekündigt und will das Zentrum an der Königsbrücker Straße bereits Anfang Mai dicht machen. Das geht aus dem Oiger vorliegenden Informationen hervor, die Atmel inzwischen bestätigt hat.

Ingenieur-Team war beim Zigbee-Funk führend

Das Zentrum hatte bisher vor allem Kommunikations-Chips für Zigbee-Funk entworfen. Dieser Funkstandard wird zum Beispiel in der Industrie-Vernetzung und für das vernetzte Heim („Intelligent Home“) eingesetzt. Das Dresdner Team soll in diesem Sektor international führend sein, schätzten Branchen-Kenner ein.

Logo: Zigbee-Allianz

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Atmel: Zu wenig Ertrag und zu viele Überlappungen mit „Microchip“-Aktivitäten

Dennoch machte der neue Atmel-Eigentümer den Dresdner Standort nun dicht. Der amerikanische Halbleiterkonzern „Microchip Technology“ hatte der US-Chipschmiede Atmel, die vor allem auf Steuerbausteine (Microcontroller) spezialisiert ist, Ende März offiziell übernommen. „Die Entscheidung, das Dresdner Entwicklungszentrum zu schließen, hatte das Atmel-Führungsteam kurz vor dem Abschluss der Transaktion empfohlen“, erklärte die Atmel-Zentrale auf Oiger-Anfrage. „Wir haben die finanziellen Ergebnisse der Einrichtung und die Überlappungen mit den Funk-Aktivitäten von Microchip überprüft und sind so zu einer gemeinsamen Entscheidung gekommen.“

Zigbee-Platine von Atmel. Foto: Atmel

Zigbee-Platine von Atmel. Foto: Atmel

Kündigung kam per Bote

Die Entlassungswelle sei überraschend gekommen und recht „hemdsärmlich-amerikanisch“. vonstatten gegangen, heißt es. Die Kündigungen kam per Bote nach Hause zu den einzelnen Ingenieuren. Die Mitarbeiter sind „frustriert“ und „bedrückt“, haben uns Insider berichtet – gerade auch, weil sie in Dresden über Jahre hinweg solch eine einzigartige Expertise im Funkchip-Design aufgebaut hatten. Wie es für sie nun weitergeht, ist unklar: Bis Anfang Mai sollen sie alle Schlüssel abgegeben haben. Nach unseren Informationen hat aber bereits mindestens eine Dresdner Firma Interesse daran bekundet, einen Teil der Mannschaft möglicherweise zu übernehmen.

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Als kleines Alcatel-Designbüro nach der Wende gestartet

Denn die Ingenieure am Standort haben jahrelange Erfahrungen im Chipdesign: Ursprünglich startete die Einrichtung im Januar 1999 als kleines Chipdesign-Büro mit fünf Ingenieuren für Alcatel Microelectronics Brüssel. Spezialisiert waren die Mitarbeiter zunächst auf den Entwurf gemischt analog-digitaler Schaltkreise für den Automobileinsatz, die auch hohe Spannungen aushalten (Highvolt-Chips).

Atmel investierte zunächst Millionen in Dresden

Im Januar 2002 übernahm die Deutschlandtochter des US-Konzerns Atmel das Dresdner Designcenter, das inzwischen auf zwölf Mitarbeiter gewachsen war. Immer mehr rückte hier der Entwurf von Funkchips in den Vordergrund, vor allem nach dem Zigbee-Standard. Dabei half auch eine indirekte Transfusion von AMD: Nachdem der US-Prozessorhersteller seine Funkchip-Sparte auflöste, wechselten im Januar 2004 viele vom Dresdner AMD-Entwicklungsteam in das Designcenter im Dresdner Norden. Auch stärkte Atmel den Standort zunächst, investierte fünf Millionen Euro, um das Zentrum auszubauen und ein Prüflabor einzurichten. Zeitweise stieg die Entwicklungs-Mannschaft auf rund 50 Ingenieure.

Gebeutelter Hightech-Standort Dresden

In jüngster Zeit hatte der Mikroelektronik-Standort Dresden bereits mehrere Rückschläge einbüßen müssen. 2008/09 fiel der Chip- und der Weltwirtschaftskrise der Speicherchip-Konzern Qimonda zum Opfer. 2014 ging die Spezial-Wafer-Fabrik von Azzurro in Dresden pleite. Im Sommer 2015 kündigte Intel an, sein Dresdner Entwicklungszentrum mit über 100 Mitarbeitern dicht zu machen. Im Oktober 2015 folgte die Ankündigung von Globalfoundries Dresden, sich von rund 800 Mitarbeitern trennen zu wollen. Autor: Heiko Weckbrodt

Repro: Oiger, Original: Madeleine Arndt

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