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„Bei uns tobt die Liberalität“

Flüchtlingskinder sind auf dem Jahresbericht der Städtischen Bibliotheken Dresden zu sehen. Eine absichtliche kleine Provokation, wie Direktor Arend Flemming erklärte: Er will Dresden als Stadt mit einer Willkommenskultur zeigen. Foto: Heiko Weckbrodt

Flüchtlingskinder sind auf dem Jahresbericht der Städtischen Bibliotheken Dresden zu sehen. Eine absichtliche kleine Provokation, wie Direktor Arend Flemming erklärte: Er will Dresden als Stadt mit einer Willkommenskultur zeigen. Foto: Heiko Weckbrodt

Direktor Flemming sieht Dresdner Bibliotheken als Integrations-Leuchtfeuer für Flüchtlinge – mit allen Licht und Schattenseiten

Dresden, 8. April 2016. Die Bibliothekare in Dresden wollen ihre Integrationsarbeit mit Flüchtlingen ausbauen. Das hat Bibliothekendirektor Arend Flemming angekündigt. Geplant sind beispielsweise pantomimische Literatur-Spiele. Auch will Flemming ein Netzwerk ehrenamtlicher Vermittler aufbauen: vor allem Zugezogene, die schon Deutsch sprechen und Neuankömmlingen als Bibliothekspaten durch die Bücherwelten helfen.

Bibliothekstipps für Flüchtlinge in Piktogramme und in Arabisch

Angesichts der Negativ-Schlagzeilen, die Dresden in jüngster Zeit gemacht habe (er meinte, Pegida, sagte das aber nicht), wollen seine Bibliothekare zeigen, „dass Dresden eine Stadt mit Willkommenskultur ist“, betonte der Direktor. So haben die Bibliothekare beispielsweise besondere Schaubilder und Info-Blätter angeschafft. Die erklären in Grafiken und in 20 verschiedenen Sprachen (darunter Arabisch), wie sich ein Asylbewerber kostenlos in der Leihbücherei anmelden kann und wie die Bibliotheken funktionieren. Seit Anfang 2015 haben sich bis heute insgesamt 554 Flüchtlinge in den Städtischen Bibliotheken als Nutzer angemeldet, teilte Arend Flemming mit.

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Mit solchen Klapptafeln in Piktogrammen und mit arabischen Hinweisen können die Dresdner Bibliothekare jetzt Flüchtlingen erklären, wie sie sich anmelden, wie sie Videos und bücher ausleihen können. Direktor Arend Flemming freut sich, das bei der Gelegenheit auch gleich eine Bibliotheken-Benutzerordnung in einfacher Sprache in Deutsch entstanden ist. Foto: Heiko Weckbrodt

Mit solchen Klapptafeln in Piktogrammen und mit arabischen Hinweisen können die Dresdner Bibliothekare jetzt Flüchtlingen erklären, wie sie sich anmelden, wie sie Videos und Bücher ausleihen können. Direktor Arend Flemming freut sich, das bei der Gelegenheit auch gleich eine Bibliotheken-Benutzerordnung in einfacher Sprache in Deutsch entstanden ist. Foto: Heiko Weckbrodt

Drohungen, Beleidigungen, Zoff

Dabei habe es durchaus – vor allem 2015 – einige Anlaufprobleme gegeben, räumte er ein: Einige Anwohner hätten die Mitarbeiter von Stadtteilbibliotheken bedroht, als die begannen, die Flüchtlingsarbeit aufzubauen. Andererseits hätten männliche Flüchtlinge Bibliothekarinnen herablassend und beleidigend behandelt. Zudem hätten einige Bibliothekarinnen nach den Silvesterereignissen in Köln auch Angst vor Flüchtlingen gehabt. „Das hat sich aber inzwischen alles eingerenkt und die Mitarbeiterinnen freuen sich richtig, wenn Flüchtlinge zu Besuch sind.“

Hotspots der Integration

Anpassungsbereitschaft und Toleranz seien derzeit gefragt wie selten zuvor: Flemming sieht in den Bibliotheken eine Art „Hotspots“ beziehungsweise Leuchtfeuer der Bildung und damit auch der Integrations-Chancen. Freilich sei noch zu klären, wie die Bibliotheken diese zusätzlichen neuen Angebote auf Dauer finanzieren sollen. Auch habe sich gezeigt, dass der gemeindliche Dolmetscherdienst mit der Fülle an Übersetzungswünschen überfordert sei.

Zudem gebe es immer wieder auch ganz generelle Diskussionen, was man denn den Flüchtlingen zumuten könne, ob man nicht zum Beispiel die Einwanderungs-kritischen Sarrazin-Bücher wegstellen sollte, wenn die ausländischen Besucher kommen. Aber dies sei der falsche Weg, betonte Flemming: „Bei uns tobt die Liberalität!“

Autor: Heiko Weckbrodt

Hinweis: Die Städtischen Bibliotheken wollen für die Arbeit mit Flüchtlingen besondere Medien anschaffen und bitten dafür noch um Spenden der Dresdner.

Flüchtlinge können sich kostenlos in den Städtischen Bibliotheken anmelden.

Repro: Oiger, Original: Madeleine Arndt

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