Tipp für Cineasten: Filmmuseum am Potsdamer Platz in Berlin
Berlin. Ja, wie kam Paul Wegeners Golem eigentlich in die Welt? Wie behandelte Fritz Lang die Stars und Statisten in „Metropolis“? Warum bauten die Stummfilm-Regisseure ihre Studios wie Gewächshäuser? Und wie gab sich der leider so früh verstorbene Rainer Werner Fassbinder eigentlich am Set? Antworten auf diese und andere Fragen aus den Sternstunden deutschen Filmschaffens gibt die Deutschen Kinemathek, deren Film- und Fernsehmuseum am Potsdamer Platz jeder Cineast einmal besucht haben sollte. Der besondere Clou ist dabei, wie die Museumsdesigner die Inszenierung inszeniert haben: Vor allem die oberen Etagen sind stilsicher und originell gestaltet, mit Exkursen in die Unendlichkeit.
Mit jedem TV-Jahrzehnt wächst die Fülle – und die Plattitüde
Besonders gut gefallen hat uns nämlich der raffinierte Einsatz von Reflektoren. So betritt der Besucher in der dritten Etage einen dunklen Raum, eigentlich kaum größer als ein Wohnzimmer, dessen Längstwand eine Videoschnipsel-Reportage aus 60 Jahren deutscher TV-Geschichte zeigt. Durch den geschickten Einsatz von Wandspiegeln wirkt diese Monitorwand indes, als ob sie sich über Dutzende Meter hinstrecken würde. Dieser Effekt verstärkt sich mit jedem gezeigten Jahrzehnt TV-Collage: Anfangs haben wir ein Programm und nur Monitorbild. Je mehr wir uns dem Satelliten-Zeitalter und der Gegenwart nähern, um so vielfältiger werden die Bilder – und umso platter die Sendungen, möchte man anfügen.
Raffinierte Spiegeleffekte
Ein ähnliches Konzept haben die Innendesigner am Eingang zum filmgeschichtlichen Ausstellungs-Part eingesetzt: Den erreicht der Besucher über einen Pfad oder Flusslauf, der sich zwischen Reflektoren und Monitoren mit Filmausschnitten windet. Hier sind die Spiegel aber so ausgerichtet, dass sich der Raum in der Vertikalen wie in der Horizontalen unendlich zu erweitern scheint – archetypisch gewissermaßen für die Illusionstricks, die Filmemacher zu allen Zeiten gerne eingesetzt haben.
Hier, im filmgeschichtlichen Teil, nehmen vor allem die deutschen Stummfilmklassiker wie „Der Golem…“, „Metropolis“, „Nosferatu“ oder „Die Nibelungen“ aus mehr oder minder glorreichen Ufa-Zeiten breiten Raum ein, ebenso aber auch ideologisch geprägte Streifen wie die von Leni Riefenstahl (die vom Führer auch schon mal ein Flugzeug gestellt bekam, damit sie rechtzeitig zur Premiere in der Reichshauptstadt da war, wie wir hier erfahren). Gegenüber diesem sehr überlegt und stilsicher gestalteten Räumen, die die Vor- und Zwischenkriegszeit im deutschen Filmschaffen anhand vieler Dokumente, Original-Requisiten, Filmplakate und andere Exponate thematisieren, fällt die Retrospektive der Nachkriegszeit spürbar ab: Auch hier ist viel Interessantes zu sehen und zu lesen, wird aber nach eher klassischen Museumsstandards präsentiert – viele Vitrine an Vitrine eben.
Fazit: Angucken, zuhören
Dennoch ist unser Fazit ganz eindeutig: Kein Filmfreund sollte sich dieses sehenswerte Museum am Potsdamer Platz entgehen lassen. Zudem versüßen regelmäßig auch Sonderausstellungen den Besuch. Bis zum 3. April 2016 ist zum Beispiel in der 4. Etage eine Schau mit teils nur wenig bekannten Fotos von Elizabeth Taylor zu sehen.
Autor: Heiko Weckbrodt
Besucher-Informationen
Was? Deutsche Kinemathek – Museum für Film und Fernsehen
Wo? Potsdamer Straße 2, Berlin
Öffnungszeiten: Dienstag bis Sonntag: 10–18 Uhr, Donnerstag: 10–20 Uhr, Montags geschlossen
Eintrittspreise: Erwachsene 7 Euro (ständige Ausstellung inkl. Sonderausstellungen), Schüler 2 €, sonstige Ermäßigte: 4,50 Euro, donnerstags 16-20 Uhr freier Eintritt
Mehr Infos im Netz: hier
Anfahrt: Am besten Auto irgendwo an der Peripherie an einer U- oder S-Bahn-Station versenken und dann mit der U 2, S1, S2 oder S25 bis Potsdamer Platz (Potsdamer Straße rein, das Museum ist dort gleich auf der rechten Seite
Karte (Google Maps):
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