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Sachsens Firmenchefs ticken sozialer

SIB-Geschäftsführer Christian Müller. Foto: Heiko Weckbrodt

Die Firmenchefs in Sachsen sind sozialer und nicht so auf Wachstum und Profite geeicht wie Wirtschaftsbosse anderswo, hat SIB-Geschäftsführer Christian Müller beobachtet. Foto: Heiko Weckbrodt

Sparkassen-Tochter SIB muss immer öfter bei Unternehmens-Nachfolgen helfen

Dresden, 16. Februar 2016. In Sachsen gibt es auffällig viele Unternehmer, für die nicht so sehr Profitmaximierung und starkes Wachstum im Mittelpunkt ihres Handelns stehen, sondern der Erhalt von Arbeitsplätzen und das Wohl der Mitarbeiter. Das hat heute Christian Müller, der Geschäftsführer der Sparkassentochter „SIB Innovations- und Beteiligungsgesellschaft mbH“, in seiner Jahresbilanz in Dresden eingeschätzt. Und der gebürtige Bayer vermag sehr wohl zu vergleichen: Bevor er den Chefsessel im Tochterunternehmen der Ostsächsischen Sparkasse Dresden einnahm, hatte er jahrelang ähnliche Beteiligungsgesellschaften und Unternehmen in Bayern geleitet. „In Sachsen gibt es viele tolle Geschäftsführer, die darauf achten, dass es auch ihren Leuten gut geht“, meint der SIB-Chef.

Nachwende-Gründer wollen nicht an Heuschrecken verkaufen

Dies mache sich gerade jetzt bemerkbar, da viele Betriebe in Sachsen vor einem schwierigen Generationswechsel stehen: Viele dieser Unternehmen wurden vor etwa 25 Jahren gegründet. Dahinter steckten oft genug Männern und Frauen, die nach der politischen Wende und dem Zusammenbruch der DDR-Wirtschaft gerade Mittvierziger und selbst von Arbeitslosigkeit bedroht waren – viele gründeten gewissermaßen „aus der Not heraus“, und nicht, um fette Kohle zu scheffeln. Jetzt nähert sich diese Gründergeneration dem Rentneralter, findet aber allzu oft nur schwer einen geeigneten Nachfolger – weil die eigenen Kinder andere Wege gehen oder nur „Heuschrecken“ (geldgierige Kapitalgesellschaften) an die Betriebstore klopfen. Über ein Drittel der stillen SIB-Beteiligungen an ostsächsischen Betrieben kommen durch eben solche Konstellationen zustande, erzählt SIB-Sprecherin Denise Wätzig – eben komplizierte Unternehmens-Nachfolgen. Tendenz: steigend.

Viele Senior-Chefs suchen lange, damit Lebenswerk nicht zerstört wird

„Wir haben unter unseren Unternehmen welche, die schon seit über zwei Jahren nach jemanden suchen, der den Betrieb übernimmt“, erzählt Christian Müller. Zwar habe es nicht an Angeboten gemangelt – aber der Chef wollte einen Käufer, der zur Belegschaft passt, bei dem „die Chemie stimmt“ und der den Standort und die Arbeitsplätze nicht in Frage stellt. Solche Rücksichten seien in der Wirtschaft alles andere als selbstverständlich, betont der SIB-Chef.

Die TU-Ausgründung Novaled Dresden ist auf Organische Leuchtdioden spezialisiert. Abb.: Novaled

Eine Erfolgsgeschichte: Auch an der TU-Ausgründung Novaled beteiligte sich die Sparkassen-Tochter – inzwischen hat Samsung die Organikelektronik-Firma gekauft. Abb.: Novaled

Besorgte Unternehmer halten sich mit Investitionen zurück

Generell sieht Müller derzeit zudem eine gewisse Investitions-Zurückhaltung in der Unternehmerschaft in Ostsachsen, obwohl die Wirtschaft im Freistaat seit Jahren gut und solide wächst. Anscheinend haben viele Chefs die Sorge, sich mit teuren Investitionen zu übernehmen, oder dass es doch noch zu einem großen Knall der Konjunkturblase kommen könnte, mutmaßt der SIB-Geschäftsführer.

Stiller Teilhaber verlangt mehr Risiko-Zins

Die Ostsächsische Sparkasse hatte ihre Risikokapital-Tochter SIB ursprünglich im Jahr 2000 gegründet, um am Gründungsfieber der Jahrtausendwende teilzuhaben. Als diese Blase platzte, beteiligte sich die SIB fortan stärker an regionalen Mittelständlern: Vor allem an Unternehmen, die bereits über eine Million Euro Umsatz machen, wachsen wollen, aber Probleme haben, von regulären Geschäftsbanken oder Sparkassen genug Kredite dafür zu bekommen. Die SIB steigt in der Regel als stiller Teilhaber mit einer Viertelmillion bis drei Millionen Euro ein, mischt sich laut eigenen Angaben auch wenig in die Unternehmensführung ein. Sie lässt sich ihre höheren Risiken aber auch vergolden: Statt zwei bis drei Prozent verlangt sie für ihre Einlagen sieben bis zwölf Prozent Zins oder Gewinnbeteiligung.

Die CMI Dresden ist Auftragsentwickler und -fertiger von Medizintechnik, auch für internationale Kunden. Auch dank des Kapitalrückhalts durch die SIB kann das Unternehmen auch eigene Produkte entwickeln. Foto: CMI

Die CMI Dresden ist Auftragsentwickler und -fertiger von Medizintechnik für deutsche und für internationale Kunden. Nicht zuletzt dank des Kapitalrückhalts durch die SIB kann das Unternehmen auch eigene Produkte entwickeln. Foto: CMI

Kapitalspritzen für Wachstums-Unternehmen

Seit ihrer Gründung hat sich die Sparkassentochter an 103 Unternehmen beteiligt, derzeit sind es 59 – vor allem Mittelständler aus fast allen Branchen in Ostsachsen, wie Christian Müller berichtet. Zu den Vorzeige-Beteiligungen gehört der Medizintechnik-Auftragshersteller „Contract Medical International“ (CMI) aus Dresden-Striesen. Das vor 15 Jahren gegründete Unternehmen entwickelt inzwischen auch eigene Medizintech-Produkte, hat sich international einen Ruf erarbeitet und eine Tochter in Tschechien gegründet und beschäftigt inzwischen über 150 Mitarbeiter. Weitere Beispiele: 2011 beteiligte sich die SIB am Autohaus Glöckner, damit das Dresdner Unternehmen genug Kapitalrückhalt bekam, um neben Chrysler und Jeep weitere Marken wie VW und Fiat ins Portefeuille zu nehmen und zu halten. Und der Einstieg habe sich für alle Seiten ausgezahlt, so SIB, der Glöckner-Umsatz seit seitdem um 35 % gestiegen.

SIB will Beteiligungen von 13 auf 20 Millionen Euro ausbauen

Insgesamt hat die Sparkassen-Tochter derzeit Unternehmens-Beteiligungen im Wert von 13 Millionen Euro. „In den nächsten Jahren wollen wir unser Portefeuille auf etwa 20 Millionen Euro vergrößern“, kündigte SIB-Chef Müller an. Dazu beitragen sollen künftig auch kleinere Beteiligungen ab Einlagesummen um die 100.000 Euro, so dass die Beteiligungsgesellschaft auch für kleinere Unternehmen und Projekte interessanter wird.

Autor: Heiko Weckbrodt

Repro: Oiger, Original: Madeleine Arndt

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