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Kaum Chance auf City-Bann für Pegida

Semperoper Dresden heute. Foto: Heiko Weckbrodt

Die Semperoper Dresden heute. Foto: Heiko Weckbrodt

Stadtspitze in Dresden: Verdrängung aus dem Zentrum wäre vor Gericht nicht haltbar

Dresden, 25. Januar 2016. Eine Verdrängung der asylkritischen Pegida-Bewegung an den Stadtrand, wie jüngst von Tourismus-Vertretern und Politologen in Dresden vorgeschlagen, „wäre vor den Verwaltungsgerichten nicht haltbar“. Das hat der Dresdner Stadtsprecher Kai Schulz auf Oiger-Anfrage betont.

Zu viele ikonografisch nutzbare Plätze in Dresden

Das Hauptproblem dabei ist wohl dieses: Es gibt in Dresden im Vergleich zu anderen Städten zu viele Plätze, die für Pegida von besonderem Interesse sind. Sprich: Wenn die Versammlungsbehörde mit welchen Begründungen auch immer zum Beispiel eine Pegida-Kundgebung vor der Semperoper untersagt, beantragen die Organisatoren dann eben einen Platz auf dem Neumarkt, dem Schlossplatz, dem Altmarkt oder am Königsufer – alles Plätze eben, es Pegida ermöglichen, sich vor überregional bekannten „Kulissenbildern“ zu inszenieren.

Erst jüngst ist dies den Pegidisten wieder gelungen: Das jüngste Titelbild des „Time Magazin“ zeigt eine sichtlich nationalistische Pegida-Demo vor der erleuchteten Kulisse der historischen Dresdner Altstadt. Und genau diese ikonografischen Fotos sind es, die so wichtig für die prominente Wahrnehmung von Pegida sind.

Das jüngste Titelfoto des "Times Magazin" zeigt typische Ikonenmalerei à la Pegida: Fahnen, Pegida-Demo und eine Altstadt, die viele Menschen (auch im englischsprachigen Raum) mit überwundener Zerstörung verbinden, gehören zu den typischen Zutaten. Abb.: Bildschirmfoto times.com

Das jüngste Titelfoto des „Times Magazin“ zeigt typische Ikonenmalerei à la Pegida: Fahnen, Pegida-Demo und eine Altstadt-Silhouette, die viele Menschen (auch im englischsprachigen Raum) mit überwundener Zerstörung verbinden, gehören zu den typischen Zutaten. Abb.: Bildschirmfoto times.com

Auch Prof. Hans Vorländer und seine Kollegen von der TU Dresden hatte erst kürzlich in einer Studie darauf hingewiesen, wie wichtig es für das Anwachsen der Pegida-Bewegung gewesen sei, dass deren Organisatoren es immer wieder geschafft haben, sich vor ikonografisch aufgeladenen Dresdner Stadtbildern zu produzieren und damit ins Fernsehen zu kommen. Und sie gaben gleichzeitig zu bedenken: Andere Städte hätten es sehr wohl geschafft, deren Pegida-Ableger von politisch und geschichtlich „aufgeladenen“ Plätzen fernzuhalten.

Touristiker wollen Pegida gern aus Innenstadt raushaben

Ähnlich hatten sich vor kurzem auch Vertreter der Tourismus-Wirtschaft geäußert und an die Stadtspitze appelliert, Pegida irgendwie aus dem Dresdner Stadtzentrum herauszubekommen. Rathaussprecher Kai Schulz hält indes viel davon für „eine subjektive Wahrnehmung“, die wahrscheinlich nicht mit Beispielen belegt wurde. Er verwies auf Beispiele in München oder Hannover, wo Versammlungsverbote gegen Pegida-Derivate auch keinen Bestand vor Gericht hatten. „In Leipzig genehmigte die Versammlungsbehörde sogar ein Marsch von Rechtsextremen durch Connewitz, was zu schweren Ausschreitungen führte“, erinnert Kai Schulz. Er zitiert aus der Pegida-Versammlungsstatistik, die zeigt, dass der Theaterplatz für ein knappes Viertel der Pegida-Kundgebungen diente – aber die meisten Kundgebungen jedenfalls vor historisch oder politisch aufgeladenen Kulissen stattfanden:

39 von 43 Pegida-Veranstaltungen vor historisch bzw. politisch aufgeladener Kulisse

„Für das Jahr 2015 haben der PEGIDA e. V. und der PEGIDA Förderverein e. V. insgesamt 45 Versammlungen in Dresden angezeigt. Zwei davon, und zwar die für den 19. Januar und die für den 2. Februar vorgesehenen, wurde abgemeldet. Für den 19. Januar war die Ursache eine dringende Bitte der Polizei in Folge einer für diesen Tag bestehenden Terrorwarnung. Mithin verblieben 43 tatsächlich stattgefundene PEGIDA-Versammlungen in 2015. Davon wurden zwölf Mal der Theaterplatz, zehn Mal der Schloßplatz, neun Mal der Neumarkt und acht Mal der Altmarkt als Kundgebungsorte, zumeist für die Abschluss- und Auftaktkundgebung eines Aufzuges, in einigen wenigen Fällen auch für eine lediglich stationäre Kundgebung genutzt.

Einmal wurde die Cockerwiese als Start- und Endpunkt genutzt und einmal die Lingerallee (Half-Pipe). Einmal wurde eine stationäre Kundgebung auf dem Flutrinnengelände der Messe Dresden GmbH abgehalten. Einmal (für den 21. Dezember) war nach vorheriger Abmeldung des Theaterplatzes der Schlesische Platz als Ausgangs- und Endpunkt für einen Aufzug begehrt worden. Bezüglich dieser Anzeige erfolgte eine Beschränkung auf eine stationäre Kundgebung mit Festlegung des Open Air Geländes am Königsufer als Kundgebungsort, damit es nicht wie in Leipzig Connewitz zu Ausschreitungen kommt.“

Repro: Oiger, Original: Madeleine Arndt

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