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„In unserer Stadt Dresden“

Oberbürgermeister Dirk Hilbert (links) und Stadtarchiv-Direktor Thomas Kübler entnehmen einer Vitrine im Stadtarchiv vorsichtig die Urkunde aus dem Jahr 1216, in der Dresden erstmals als "Stadt" erwähnt wird. "Wer seine Zukunft gestalten will, muss seine Wurzeln kennen", hatte Hilbert kurz zuvor noch betont. Foto: Heiko Weckbrodt

Oberbürgermeister Dirk Hilbert (links) und Stadtarchiv-Direktor Thomas Kübler entnehmen einer Vitrine im Stadtarchiv vorsichtig die Urkunde aus dem Jahr 1216, in der Dresden erstmals als „Stadt“ erwähnt wird. „Wer seine Zukunft gestalten will, muss seine Wurzeln kennen“, hatte Hilbert kurz zuvor noch gesagt. Foto: Heiko Weckbrodt

Einmalige Urkundenausstellung dokumentiert Wachstum Dresdens vom Sumpfnest zur Stadt

Dresden, 21. Januar 2016. Die Dresdner haben heute bis 21 Uhr die vorerst einzige Chance sich zu vergewissern, dass Dresden eine Stadt ist (was von Zugezogenen ja gern und oft bestritten wird 😉 ) – und zwar seit genau 800 Jahren. Das sächsische Staatsarchiv hat dem Stadtarchiv Dresden nämlich für diesen einen Tag eine besondere Urkunde ausgeliehen: Auf dem 80 mal 30 Zentimeter großen Pergament bestätigt der Meißner Markgraf Dietrich der Bedrängte, dass dem Zisterzienser-Kloster Altzella diverse Ländereien in Zabel bei Meißen gehören. Der entscheidende Passus folgt ganz unten: Da heißt es nämlich, die Urkunde sei im Jahr 1216 „in civitate nostra Dreseden“ ausgestellt worden, also „in unserer Stadt Dresden“. Da die ursprüngliche Stadtrechts-Verleihung nicht überliefert ist, haben wir hier also die älteste Bestätigung, dass Dresden seit mindestens 800 Jahren eine Stadt ist.

Laut archäologischen Befunden wurde Dresden wahrscheinlich um 1170 herum gegründet, schätzt Dr. Eckhart Leisering vom sächsischen Staatsarchiv ein. In Urkunden spiegelte sich die Siedlung aber erst ab 1206. Foto: Heiko Weckbrodt

Laut archäologischen Befunden wurde Dresden wahrscheinlich um 1170 herum gegründet, schätzt Dr. Eckhart Leisering vom sächsischen Staatsarchiv ein. In Urkunden spiegelte sich die Siedlung aber erst ab 1206. Foto: Heiko Weckbrodt

„Toller Sprung“ aus dem Sumpfwald

1206 war Dresden zwar schon einmal in einer Urkunde erwähnt worden und auf diese Passage bezogen sich auch die aufwendigen 800-Jahr-Feiern im Jahr 2006 an der Elbe. Doch die erste Erwähnung meinte wohl eher eine noch „kleine, sumpfige Siedlung“, wie Stadtarchiv-Direktor Dr. Thomas Kübler meint. Dass zehn Jahre später von einer „civitas“, einer Stadt also, die Rede war, das „war für Dresden ein toller Sprung“, meint Kübler.

Die Urkunde im Vordergrund datiert aus dem Jahr 1216, befindet sich heute im Hauptstaatsarchiv und bezeugt Dresden als "Stadt". Repro: Stadtarchiv Dresden, hw, Foto Hintergrund: Sven Döring, LHD, Dresden-Media-Lizenz (DML)

Die Urkunde im Vordergrund datiert aus dem Jahr 1216, befindet sich heute im Hauptstaatsarchiv und bezeugt Dresden als „Stadt“. Repro: Stadtarchiv Dresden, hw, Foto Hintergrund: Sven Döring, LHD, Dresden-Media-Lizenz (DML)

Neben dieser besonders wichtigen Urkunde für Dresden sind in der Ein-Tages-Ausstellung heute auch weitere „Satelliten-Urkunden“ zu sehen: Eine davon zum Beispiel verbrieft die Weiderechte der Dresdner Bürger in der Heide, in einer anderen huldigen die Brandenburger ausnahmsweise mal Dresden. Auch sind hier die Urkunden über Gesangsbeschränkungen in der Stadt und den Beginn der Eingemeindungen zu sehen.

Eine der "Satelliten-Urkunden" aus dem Jahr 1287 verbrieft die Weiderechte der Dresdner Bürger in der Heide. Foto: Heiko Weckbrodt

Eine der „Satelliten-Urkunden“ in der Ausstellung: Das Dokument aus dem Jahr 1287 verbrieft die Weiderechte der Dresdner Bürger in der Heide. Foto: Heiko Weckbrodt

Derweil drehte sich Rad der Weltgeschichte anderswo mit ganz anderem Tempo

Um all dies lokale Geschehen dies richtig einzuordnen, sollte sich der Leser indes auch die weltgeschichtlichen Ereignisse damals vor Augen führen: Während ein paar Kaufleute und ein Herr Dittrich eine alte, aber kleine slawische Siedlung namens Drežďany („Sumpfwald“) aufpäppelten, eine Brücke für die durchziehenden Händler bauten und andere „Upgrades“ für das werdende Dresden aufspielten, gab es in anderen Weltgegenden schon Städte mit Jahrtausende währenden Traditionen – die deutsche Ostkolonisation war gerade erst richtig in Gang gekommen. Fast zeitgleich (1215) eroberte zum Beispiel der Mongolen-Kriegerfürst Dschingis Khan das vermeintlich so mächtige China, erließ König John Ohneland mit der „Magna Charta“ eine der wichtigsten Quellen für das spätere englische Verfassungsrecht und Bürgerrechte, der letzte große Staufer, Friedrich II. alias „Das Staunen der Welt“, griff erst nach der römisch-deutschen Königskrone (1212) und dann nach der Kaiserwürde 1220)…

Autor: Heiko Weckbrodt

„In civitate nostra Dreseden“, einmalige und -tägige Urkunden-Ausstellung im Stadtarchiv Dresden, Elisabeth-Boer-Straße 1, nur heute (!), 21. Januar 2016, bis 21 Uhr

Diese Urkunde aus dem Jahr 1299 regelt diverse Details im Dresdner Stadtrecht und untersagt Stadtbütteln u.a., sich in Rechtssachen des Landesherrn einzumischen. Foto: Heiko Weckbrodt

Diese Urkunde aus dem Jahr 1299 regelt diverse Details im Dresdner Stadtrecht und untersagt Stadtbütteln u.a., sich in Rechtssachen des Landesherrn einzumischen. Foto: Heiko Weckbrodt

Repro: Oiger, Original: Madeleine Arndt

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