Einmalige Urkundenausstellung dokumentiert Wachstum Dresdens vom Sumpfnest zur Stadt
Dresden, 21. Januar 2016. Die Dresdner haben heute bis 21 Uhr die vorerst einzige Chance sich zu vergewissern, dass Dresden eine Stadt ist (was von Zugezogenen ja gern und oft bestritten wird 😉 ) – und zwar seit genau 800 Jahren. Das sächsische Staatsarchiv hat dem Stadtarchiv Dresden nämlich für diesen einen Tag eine besondere Urkunde ausgeliehen: Auf dem 80 mal 30 Zentimeter großen Pergament bestätigt der Meißner Markgraf Dietrich der Bedrängte, dass dem Zisterzienser-Kloster Altzella diverse Ländereien in Zabel bei Meißen gehören. Der entscheidende Passus folgt ganz unten: Da heißt es nämlich, die Urkunde sei im Jahr 1216 „in civitate nostra Dreseden“ ausgestellt worden, also „in unserer Stadt Dresden“. Da die ursprüngliche Stadtrechts-Verleihung nicht überliefert ist, haben wir hier also die älteste Bestätigung, dass Dresden seit mindestens 800 Jahren eine Stadt ist.
„Toller Sprung“ aus dem Sumpfwald
1206 war Dresden zwar schon einmal in einer Urkunde erwähnt worden und auf diese Passage bezogen sich auch die aufwendigen 800-Jahr-Feiern im Jahr 2006 an der Elbe. Doch die erste Erwähnung meinte wohl eher eine noch „kleine, sumpfige Siedlung“, wie Stadtarchiv-Direktor Dr. Thomas Kübler meint. Dass zehn Jahre später von einer „civitas“, einer Stadt also, die Rede war, das „war für Dresden ein toller Sprung“, meint Kübler.
Neben dieser besonders wichtigen Urkunde für Dresden sind in der Ein-Tages-Ausstellung heute auch weitere „Satelliten-Urkunden“ zu sehen: Eine davon zum Beispiel verbrieft die Weiderechte der Dresdner Bürger in der Heide, in einer anderen huldigen die Brandenburger ausnahmsweise mal Dresden. Auch sind hier die Urkunden über Gesangsbeschränkungen in der Stadt und den Beginn der Eingemeindungen zu sehen.
Derweil drehte sich Rad der Weltgeschichte anderswo mit ganz anderem Tempo
Um all dies lokale Geschehen dies richtig einzuordnen, sollte sich der Leser indes auch die weltgeschichtlichen Ereignisse damals vor Augen führen: Während ein paar Kaufleute und ein Herr Dittrich eine alte, aber kleine slawische Siedlung namens Drežďany („Sumpfwald“) aufpäppelten, eine Brücke für die durchziehenden Händler bauten und andere „Upgrades“ für das werdende Dresden aufspielten, gab es in anderen Weltgegenden schon Städte mit Jahrtausende währenden Traditionen – die deutsche Ostkolonisation war gerade erst richtig in Gang gekommen. Fast zeitgleich (1215) eroberte zum Beispiel der Mongolen-Kriegerfürst Dschingis Khan das vermeintlich so mächtige China, erließ König John Ohneland mit der „Magna Charta“ eine der wichtigsten Quellen für das spätere englische Verfassungsrecht und Bürgerrechte, der letzte große Staufer, Friedrich II. alias „Das Staunen der Welt“, griff erst nach der römisch-deutschen Königskrone (1212) und dann nach der Kaiserwürde 1220)…
Autor: Heiko Weckbrodt
„In civitate nostra Dreseden“, einmalige und -tägige Urkunden-Ausstellung im Stadtarchiv Dresden, Elisabeth-Boer-Straße 1, nur heute (!), 21. Januar 2016, bis 21 Uhr
Ihre Unterstützung für Oiger.de!
Ohne hinreichende Finanzierung ist unabhängiger Journalismus nach professionellen Maßstäben nicht dauerhaft möglich. Bitte unterstützen Sie daher unsere Arbeit! Wenn Sie helfen wollen, Oiger.de aufrecht zu erhalten, senden Sie Ihren Beitrag mit dem Betreff „freiwilliges Honorar“ via Paypal an:
Vielen Dank!