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Ministerin Stange: Exzellenzgeld nicht nur auf drei Elite-Unis konzentrieren

Foto: TU Dresden

Foto: TU Dresden

Über halbe Milliarden Euro im Zuge der Exzellenzinitiative in Sachsen geflossen – vor allem TU Dresden profitierte

Dresden, 13. November 2015. Wenn der Bund im Jahr 2017 rund fünf Milliarden Euro Exzellenz-Fördergelder verteilt, dann soll nicht nur ein ganz kleiner Zirkel von Elite-Unis zum Zuge kommen. Das hat die sächsische Wissenschaftsministerin Eva-Maria Stange (SPD) gefordert. „In Deutschland gibt es mehr als nur drei oder fünf exzellente Universitäten“, betonte sie heute in Dresden.

Eva-Maria Stange. Foto: Götz Schleser

Eva-Maria Stange. Foto: Götz Schleser

Dresdner Uni hat Schub durch Exzellenzstatus bekommen

Gerade in Sachsen habe sich gezeigt, welch einen Schub der Exzellenz-Status einer Universität verleihen könne, sagte Stange. Seit beispielsweise die TU Dresden zu diesem Kreis gehöre, habe sich deren internationale Reputation und Sichtbarkeit stark erhöht, es kommen seitdem mehr ausländische Studenten nach Dresden und auch in den großen Vergleichstests (Rankings) schneide die TU Dresden immer besser ab. Vor allem aber geht es in den Exzellenzrunden um richtig viel Geld: Bis Ende 2016 wird in die Exzellenz-Einrichtungen in Sachsen insgesamt über eine halbe Milliarde Euro zusätzlich geflossen sein.

Hinter den Kulissen noch viel Streit, wie 5 Milliarden Euro verteilt werden

Angesichts solch lockender Summen tobt hinter den Kulissen derzeit ein heftiger Streit zwischen Bund und Ländern, SPD und CDU, wie die Bundesgelder in der nächsten Exzellenzförderrunde an die deutschen Universitäten und Hochschulen verteilt werden sollen. Weitgehend einig sind sich die Verhandlungspartner anscheinend noch darüber, dass die meisten der Forschungsschwerpunkte (Cluster), die in den bisherigen Exzellenz-Runden Geld bekamen, auch nach 2017 weitergefördert werden.

„Elite“-Konzept bleibt umstritten

Deutlich umstrittener ist ein anderer Vorschlag: Ein wesentlicher Teil des Milliardenregens soll demnach über wenigen ausgewählten Spitzen-Unis niedergehen. Diese Förderung wird dann auch möglicherweise nicht mehr befristet, sondern vielleicht sogar dauerhaft gezahlt. Auch wenn niemand in Deutschland das Wort so recht in den Mund nehmen will: Hinter diesem Konzept steckt das Modell der „Elite-Uni“ à la USA. Zur Debatte steht, entweder nur drei bis fünf Unis dafür auszuwählen, oder dieses goldene Schild der Exzellenz-Uni gleich 15 Mal zu verteilen, so dass jedes Bundesland etwas abbekommt. Letzteres würde den ursprünglichen Gedanken der „Elite-Uni“-Förderung wohl vollkommen beerdigen.

Haben Uni-Verbünde bessere Karten?

Der Bund liebäugelt mit dem Gedanken, vor allem schlagkräftige Verbünde mehrerer Universitäten bevorzugt zu fördern. Dafür kämen aber eben nur wenige Standorte in Frage, an denen Unis sehr nahe beinander liegen und teils schon seit vielen Jahren kooperieren – in München und Berlin beispielsweise. In Sachsen wären solche Verbünde schon schwerer zu organisieren. Zwar gibt es Berührungspunkte in Forschung und Lehre beispielsweise der universitären und außeruniversitären Institute in Dresden, Chemnitz und Freiberg. Die Unis jetzt aber nur wegen der lockenden Exzellenzförderung zu nötigen, überstädtische Verbünde eilends aus dem Boden zu stampfen, gilt in Sachsen als ein eher überstürztes Abenteuer.

Fast 15 Millionen Euro extra pro Jahr durch „goldenes Elite-Schild“

Stange plädiert daher – ähnlich wie viele andere SPD-Politiker – dafür, deutlich mehr als nur drei oder fünf Unis in der nächsten Förderrunde als ausdrückliche Exzellenz-Unis ganz besonders stark zu finanzieren. Damit würden sich auch die Chancen der bisher geförderten Unis Dresden und Chemnitz verbessern. Insbesondere die TU Dresden hatte bereits in der aktuellen Förderperiode Sonderzuschläge bekommen, die für jene Unis reserviert waren, die mehr als nur einen exzellenten Forschungsschwerpunkt (Cluster) haben, also als „insgesamt exzellent“ eingestuft werden. Diese Sondermittel – gewissermaßen ein Zuschlag für das goldene Elite-Schild der TUD – machten immerhin durchschnittlich rund 15 Millionen Euro zusätzlich pro Jahr aus. Die TU Dresden finanzierte damit gemeinsam mit den außeruniversitären Instituten den übergreifenden Verbund „dresden concept“, der bundesweit als einzigartig gilt.

Prof. Hans Müller-Steinhagen, Rektor der TU Dresden, jubelt beim Exzellenzzuschlag für seine Uni. Abb.: Exkold, TUD

Prof. Hans Müller-Steinhagen, Rektor der TU Dresden, jubelte beim Exzellenzzuschlag für seine Uni. Abb.: Exkold, TUD

In diesem Kontext betrachtet erscheint die jüngste Ankündigung von TUD-Rektor Hans Müller-Steinhagen, als neue Exzellenzschwerpunkte die Forschungsthemen „Software“ und „Wasserwirtschaft“ in Dresden zu stärken, fast schon wie ein Plan B: Falls es nämlich in der nächsten Vergaberunde kein goldenes Elite-Schild (samt der damit verbundenen Sonderzuschüsse) für die Uni insgesamt mehr geben sollte, könnte die TU immerhin noch über den Forschungs-Cluster-“Hebel“ an weitere Exzellenzmillionen kommen. Wissenschaftsministerin Stange hält die Idee für gut: Wenn die TUD mit starken Softwarekompetenzen und insbesondere der Analyse großer Datenmengen („Big Data“) zu punkten verstehe, werde das die Position der Uni zweifellos stärken und eine echte Lücke schließen, sagte sie.

Der Bund hatte für universitäre Exzellenzprojekte in Sachsen von 2006 bis Ende 2016 insgesamt 200 Millionen Euro zugesagt. Weitere 50 Millionen steuerte der Freistaat Sachsen bei.

Und noch mal rund 300 Millionen Euro flossen und fließen speziell in den Ausbau und die Ausrüstung von Exzellenzeinrichtungen in Sachsen. Diese zusätzlichen Investitionsmittel stammten allerdings aus verschiedenen Quellen, vor allem kamen sie vom Bund, vom Land und von der EU (Europäischer Fonds für Regionale Entwickelung = EFRE).

Als „exzellent“ gefördert wurden in Sachsen seit 2006:

– in Leipzig: Bis 2014 (nur 1. Förderrund): Die Biologen-Graduiertenschule BuildMoNa der Uni Leipzig

– in Chemnitz: Das Exzellenzcluster Technologiefusion für multifunktionale Leichtbaustrukturen (MERGE)

– in Dresden: Das Zukunftskonzept (alias Elite-Uni-Konzept) der TU, eine Graduiertenschule, das Zentrum für regenerative Therapien CRTD sowie das Zentrum für fortgeschrittene Elektronik cfaed.

Der neue Supercomputer der TU Dresden. Im hochabgesicherten Server-Raum ist noch viel Platz für Erweiterungen. Foto: Heiko Weckbrodt

Der neue Supercomputer der TU Dresden.Foto: Heiko Weckbrodt

Beispiele für Investitionen in Exzellenz-Einrichtungen in Sachsen:

– Neubau für das CRTD in Dresden: 57 Millionen Euro

Supercomputer HRSK II der TU Dresden (Neubau): 65 Millionen Euro

– Neubau und Ausrüstung des „B Cube“ (Zentrum für molekulare Bioingenieurwesen) in Dresden

– Neubau für cfaed: 39 Millionen Euro

– Neubau für das Institut für Superleichtbau (MERGE) an der TU Chemnitz: 15 Millionen Euro

Cfaed-Koordinator Gerhard Fettweis freut sich schon auf den 35 Millionen Euro teuren Neubau für das Elektronikzentrum an der Nöthnitzer Straße in Dresden. Foto: Heiko Weckbrodt

Cfaed-Koordinator Gerhard Fettweis freut sich schon auf den 35 Millionen Euro teuren Neubau für das Elektronikzentrum an der Nöthnitzer Straße in Dresden. Foto: Heiko Weckbrodt

Inzwischen hat der Freistaat zugesagt, das CRTD in Dresden notfalls auch ohne Exzellenzzuschüsse vom Bund weiterzufinanzieren. Damit habe sie und der Ministerpräsident Stanislaw Tillich (CDU) ein „Zeichen an die Wissenschaftler“ setzen wollen: „Bleibt hier!“, sagte Stange. Denn die Landespolitiker haben noch vor Augen, was passierte, als die Exzellenzförderung für die Leipziger Graduiertenschule endete: Die Nachwuchswissenschaftler verstreuten sich in alle Winde. Und das soll sich nicht wiederholen. Autor: Heiko Weckbrodt

Repro: Oiger, Original: Madeleine Arndt

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