Forschung
Schreibe einen Kommentar

„Neutrinophysik hat fantastische Fortschritte gemacht“

Die Neutrino-Nachweismaschine am "Sudbury Neutrino Oberservatory" - Blick auf die riesige Kugel mit schwerem Wasser in einer ehemalige Nickel-Mine. Foto:  Ernest Orlando Lawrence Berkeley National Laboratory, SNO

Die Neutrino-Nachweismaschine am „Sudbury Neutrino Oberservatory“ – Blick auf die riesige Kugel mit schwerem Wasser in einer ehemalige Nickel-Mine. Foto: Ernest Orlando Lawrence Berkeley National Laboratory, SNO

Dresdner TU-Physiker war an Neutrino-Experimenten von Nobelpreisträger beteiligt

Dresden, 8. Oktober 2015. „Neutrinos sind faszinierende Elementarteilchen. Sie können Materie nahezu ohne jede Wechselwirkung durchqueren und sind daher extrem schwer nachzuweisen. Doch die Neutrinophysik hat in den letzten beiden Jahrzehnten fantastische Fortschritte gemacht und fundamentale Fragestellungen beantworten können.“ Das hat Kernphysik-Professor Kai Zuber von der TU Dresden nach der Nobelpreis-Verleihung an Takaaki Kajita und Arthur B. McDonald eingeschätzt. Zuber war an McDonalds Experimenten am „Sudbury Neutrino Observatory“ (SNO) in Kanada beteiligt gewesen.

Neutrinos wandern durch ganze Planeten mühelos hindurch

Neutrinos gelten in der Teilchenphysik als besonders seltsame Partikel: Sie haben kaum Wechselwirkung selbst mit dichter Materie, können durch ganze Planeten nahezu unbehelligt hindurchwandern. Zeitweise hatte man ihnen sogar Überlicht-Geschwindigkeit nachgesagt – was sich aber später als Messfehler herausstelle. Um Neutrinos nachzuweisen, hatten die Forscher in einer alten kanadischen Nickelmine zwei Kilometer unter der Erdoberfläche eine riesige Kugel installiert, die Tausende Liter schweres Wasser enthielt. Wenn Neutrinos diese besondere Wasserart passieren, erzeugen einige von ihnen im Tank Lichtblitze, die dann von Kameras gezählt wurden. So kann allerdings nur eine Neutrino-Art gezählt werden, die sogenannten Elektron-Neutrinos. Es gibt noch zwei weitere Sorten des mysteriösen Teilchens – Myon- und Tau-Neutrinos, die mit einem speziellen Neutronen-Detektor nachgewiesen werden können.

Nobelpreis-Träger entdeckten, dass Neutrinos immer mal ihre „Sorte“ wechseln

Bei den Arbeiten von Takaaki Kajita und Arthur B. McDonald hatte sich herausgestellt, dass die Neutrinos, die bei den Kernfusions-Prozessen im Innern unserer Sonne entstehen und gen Erde flitzen, dabei immer mal ihre „Sorte“ wechseln, mal Elektron-, mal Myon- oder Tau-Neutrino werden. Durch diesen Nachweis wurde auch ein Rätsel in der Physiker-Gemeinde gelöst: Die Wissenschaftler hatten sich immer gewundert, warum weit weniger Neutrinos von der Sonne die Erde erreichen, als sie theoretisch berechnet hatten. Die praktischen Zählmethoden hatten aber eben daran gekrankt, dass immer nur bestimmte Neutrino-Sorten gezählt wurden, nie aber alle in einer Anlage. Rechnet man nun Elektron-, mal Myon- und Tau-Neutrinos zusammen, erfüllen sich doch wieder die theoretischen Prognosen.

Kai Zuber. Foto: TUD

Kai Zuber. Foto: TUD

„Ich kam 2002 in der Phase dazu, als die Datennahme gerade richtig angefangen hatte“, erzählte Prof. Zuber über seinen Start am SNO. Der Dresdner Physiker erinnert sich gerne an die Zusammenarbeit mit dem nun frisch gebackenen Nobelpreisträger: „Art McDonald war Sprecher der gesamten Kollaboration und außergewöhnlich oft in Nord-Ontario am Experiment. Wenn es offene Fragen gab oder etwas nicht gut lief, war er immer da und hat mit extrem guten Ideen und persönlicher Stärke und Ruhe alles wieder auf die Reihe gebracht. Er ist ein fantastischer Physik und Mensch.“

Repro: Oiger, Original: Madeleine Arndt

Schreibe einen Kommentar