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Dresdner Welcome-App für Flüchtlinge freigeschaltet

Die Wolcome-App für Flüchtlinge aus Dresden gibt es nun für die gängigsten Smartphone-Systeme. Abb.: Saxonia Systems, HeiReS

Die Wolcome-App für Flüchtlinge aus Dresden gibt es nun für die gängigsten Smartphone-Systeme. Abb.: Saxonia Systems, HeiReS

Praxistipps für Asylbewerber in eine App für Android-Telefone und iPhones gepackt

Dresden, 21. September 2015. Da werden sich islamische Flüchtlinge aus Syrien oder Afghanistan doch gleich willkommen fühlen: „Der ganz besondere Dialekt in Sachsen wird gern verulkt, obwohl er denen, die ihn sprechen, einen sehr einzigartige Charme und Freundlichkeit verleiht.“ Oder: „Die meisten Deutschen sind Ungläubige.“ Wo wir diese schönen Einschätzungen finden? Auf Englisch in der „Welcome App“ für Asylbewerber, die die Dresdner Unternehmen „Saxonia Systems“ und HeiReS nun für alle gängigen Smartphone-Plattformen freigeschaltet haben. Nach den eher unerfreulichen Schlagzeilen, die Dresden und die Umlandgemeinden in jüngster Zeit im Zusammenhang mit Asyllagern und Pegida-Märschen gemacht hatten, soll diese App Einwanderern und Flüchtlingen digital zeigen, wie Deutschland, Sachsen und Dresden ticken, ihnen helfen, sich im Asyl- und Behörden-Dschungel zurechtzufinden und allem im „Daily Life“, im täglichen Leben in einem für sie fremden Stadt und Kultur.

Positive Resonanz – bisher aber vor allem von Deutschen

Da die App anfangs nur für die wenig verbreiteten Windows-Smartphone verfügbar war (der Oiger berichtete) und erst seit kurzem auch für Android- und Apple-Telefone zum kostenlosen Download bereit steht, gibt es noch nicht allzu viele Nutzerbewertungen. Die Resonanz ist aber bisher sehr positiv: „Großartig“, „Super Idee“ oder „Tolle App“ heißt es da. Die Rückmeldungen sind allerdings offensichtlich durchweg von Deutschen geschrieben und nicht von der Kern-Zielgruppe, den Flüchtlingen, wie es scheint.

Der Startbildschirm der Welcome-App begrüßt die Nutzer auf Englisch. Abb.: BSF

Der Startbildschirm der Welcome-App begrüßt die Nutzer auf Englisch. Abb.: BSF

Idee von Unternehmerinnen aus Dresden

Auf die Idee für solch eine App waren die Chefinnen der beiden Urheber-Unternehmen, Viola Klein und Peggy Reuter-Heinrich, gekommen: Sie wollten den Asylbewerbern, die in Dresden eintreffen, eine praktische Hilfe in die Hand geben, und nicht nur über Willkommens-Kultur daherreden. Da sich immer mehr herauskristallisiert hatte, dass die meisten der Ankommenden über Smartphones verfügen, sollte es eine zeitgemäß-digitale Lösung werden – und nicht nur eine Zettelsammlung, wie sie jüngst etwa Stadt, Arbeitsagentur, Hartz-Arge und das IQ-Netzwerk Sachsen mit dem „Willkommen in Sachsen“-Aktenordner vorgestellt hatten.

Vor allem Praxistipps und Adress-Listen

In unserem Kurztest wirkte das Design der App zwar etwas spartanisch, das Programm selbst listet aber eben vor allem wichtige Praxistipps auf: Da finden sich beispielsweise Adressen und Telefonnummern der Ausländerbehörde, des Bundesamts für Migration, Erklärungen über das Asylverfahren, über Arbeitsmöglichkeiten und -begrenzungen, Anlaufstellen für Deutsch-Kurse und Dolmetscherdienste. Und es fehlen auch nicht solche Hinweise wie der, dass man in Bus und Bahn Fahrscheine braucht, die man auch entwerten muss.

Arabische Sprachversion wäre sinnvoll

Dass hier einige Rubriken wie etwa „Kultur“ noch etwas dünn belegt sind, sollte man den Machern nicht ankreiden: Sie haben angekündigt, die App weiter ausbauen und erweitern zu wollen – und irgendwann musste mal ein Anfang gemacht werden. Nachbessern sollten sie jedoch an der Bedienerführung: An manchen Stellen verschwinden die Navigations-Pfeile einfach und der Nutzer muss aufs Geradewohl hin- und herwischen, um die Menüs wieder sichtbar zu machen. Auch der Vorschlag eines Nutzers, die Adressen der Anlaufstellen doch gleich mit einem Routenführer zu verknüpfen, ist sicher überlegenswert. Zudem haben wir nur eine englischsprachige Version im App-Store gefunden. Unbedingt sollten auch Versionen in Arabisch und afghanischen Verkehrssprachen nachgeschoben werden: Nach unseren Erfahrungen beherrschen viele, aber längst nicht die meisten Asylbewerber Englisch.

Nachtrag: In der Windows-Phone-Version beherrscht die App bereits Deutsch, Englisch, Arabisch, Russisch, Französisch und Spanisch, wie uns Antje Kilián von HeiReS mitteilte. „Für Android und iOS folgt Arabisch jetzt mit dem nächsten Update in Kürze.“

App-Versionen für andere Städte im Visier

Letztlich soll es im Übrigen nicht bei einer Dresdner Ausgabe bleiben: Die Initiatoren hoffen, dass die App auch Anklang anderswo in Deutschland findet und weitere Versionen für andere Städte folgen.

Fazit: Gute Idee

Abb.: Saxonia Systems, HeiReS

Abb.: Saxonia Systems, HeiReS

Eine gute Idee von zwei Unternehmerinnen, die sich nicht mit Willkommenskultur-Beschwörungen begnügen, sondern hier digitale Nägel mit Köpfen gemacht haben. Solch ein – wenn auch noch unvollständiger – Überblick vom „System Deutschland“ mag helfen, unnötige Missverständnisse und Probleme im Alltag der Asylbewerber zu vermeiden. Und all das Gerede, von wo denn Flüchtlinge wohl Smartphones herhaben, kann man sich verkneifen: Solche Technik gehört längst nicht mehr nur in Industrieländern zu „Lebens-Grundausstattung“ und Smartphones sind gerade für Menschen, die auf monatelangen Odysseen teils fern jeder Infrastruktur unterwegs sind, zweifellos unerlässlich. Autor: Heiko Weckbrodt

„Welcome-App Dresden“ (Saxonia Systems / HeiReS), Praxistipps für Asylbewerber, gratis, Englisch, für iPhones (ab iOS 6.0) und Android (ab 2.3.3.)

Zum Weiterlesen:

(Aktualisierung): Welcome-App nun auch auf Arabisch

Repro: Oiger, Original: Madeleine Arndt