Ausflugstipp, Dresden-Lokales

Balzhütte: Schachern ums Sudetenland

Die Balzhütte wird heute als Hotel genutzt. Foto: Peter Weckbrodt

Die Balzhütte wird heute als Hotel genutzt. Foto: Peter Weckbrodt

Oigers Wochenendtipp: Geschichtsträchtig, tolle Lage, beliebtes Wanderziel – auf nach Böhmen

Dresden/ Jetrichovice, 18. September 2015. Sie ist geschichtsträchtig, hat eine tolle Lage inmitten von Felsen und Wald, sieht schmuck aus und ist eines der ältesten und zugleich beliebtesten Wanderziele in der Hinteren Böhmischen Schweiz – die Balzhütte. Nie dort gewesen, nie davon gehört? Dann wollen wir bisher Versäumtes schleunigst nachholen.

Schmucke Umgebinde-Häuser in Jetrichovice

Die heißen Sommertage sind passé, der Herbst ist die perfekte Jahreszeit zum Wandern. Wir schnüren unser festes Schuhwerk, packen vorsichtshalber auch wetterfeste Kleidung ein und starten mit dem Auto über Bad Schandau nach Herrnskretschen (Hrensko). Dort biegen wir links ab, unserem Ziel, dem schmucken Dörfchen Dittersbach (Jetrichovice) entgegen. Hier hat sich in den letzten Jahren viel getan. Der Ort hat beispielsweise einen deutlichen Zuwachs an liebevoll restaurierten Umgebindehäusern erfahren. Auch die exponiert liegende Kirche ist ein Blickfänger.

Eines von mehreren sehr schönen Umgebindehäusern in Dittersbach. Foto: Peter Weckbrodt

Eines von mehreren sehr schönen Umgebindehäusern in Dittersbach. Foto: Peter Weckbrodt

Wer nicht durch die Felsensteige kraxeln will oder kann, fährt gleich bis Daubitz (Doubice) durch. Von dort kann er ganz entspannt auf einer autofreien Straße in einer knappen Stunde zur Balzhütte laufen. Bitte auch beachten, dass die beliebten Wanderbusse von Decin über Herrnskretschen nach Doubice seit dem 1. September nicht mehr fahren.

Rundumblick vom felsigen Solitär

Parkmöglichkeiten sind in Dittersbach reichlich vorhanden. Wir folgen der roten Wegmarkierung. Unser erstes Ziel, der Marienfelsen (Marina skala) ist schon mit seinem Schutzhäuschen auf dem Gipfel unübersehbar. Das scheint zum Greifen nah, aber dieser Eindruck täuscht. Beim Aufstieg kommen wir ins Schwitzen, wir erreichen den Aussichtspunkt nach einer halben Stunde. Die Anstrengung hat sich gelohnt! Weil der Felsen ziemlich solitär steht, haben wir einen fast totalen Rundblick. Im Osten erkennen wir die Lausche und den Hochwald, südöstlich den recht nahen Kaltenberg (Studenec), auch ein lohnendes Ausflugsziel. Auf der Westseite machen wir den Rosenberg und den Schneeberg auf tschechischer Seite, den Großen und den kleinen Zschirnstein auf sächsischer Seite aus.

Die Markierung Roter Strich leitet uns weiter durch die wenig anstrengende Wilhelminenwand bis zum Rudolfstein. Den erklimme, wer noch topfit ist, der Aufstieg lohnt durchaus, weil auch hier gute Aussicht besteht.

Nach zwei Stunden Ankunft an der Balzhütte

Die Balzhütte ist, je nach vorgelegtem Tempo, von Dittersbach in spätestens zwei Stunden erreicht. Hier sollten wir eine längere Pause einlegen. Gelegenheit zur Einnahme einer warmen Mahlzeit bieten zwei Restaurants. Die eine der beiden Gaststätten – etwa 100 Meter im Hintergrund gelegen – hat auch einen hübschen Spielplatz anzubieten.

Die Dittersbacher Kirche bereichert das Ortsbild. Foto: Peter Weckbrodt

Die Dittersbacher Kirche bereichert das Ortsbild. Foto: Peter Weckbrodt

Jagdhütte im Schweizer Stil

Die Balzhütte (Na Toka´ni´) war früher das fürstliche Jagdhaus der Familie Kinsky, welches es besonders zur Auerhahnbalz aufgesucht hat. Die Balz war im April, dann ging der Fürst mit seinen internationalen Gästen auf die Jagd. Weil der Forst schon um 1900 stark dezimiert war, wurden Auerhühner gehalten. Zur Balzhütte, dem Fürstenhaus, kam deshalb bald ein Hegerhaus hinzu. Eine berühmte Sammlung von Jagdtrophäen ging bei einem Brand des Herrschaftshauses im Jahre 1905 in Flammen auf. Es wurde wieder aufgebaut, weitere kamen hinzu, darunter eine Gaststätte. Alle sind im noblen Schweizer Chalet-Stil errichtet.

Abtretung des Sudetenlandes hier verhandelt

Im Jahre 1938 trafen sich hier Vertreter des deutschen Adels aus Böhmen mit Abgesandten der britischen Regierung, um mit ihnen über die Abtrennung des Sudetengebietes von der Tschechischen Republik zu sprechen. Nach dem Krieg erwählten die tschechoslowakischen Grenztruppen die Balzhüttte zu ihrem Stützpunkt. Nach deren Abzug im Jahre 1968 zog ein Betriebsferienheim ein. Später wurde die Immobilie privatisiert, wechselte die Besitzer, mit ihnen auch der öffentliche Zugang zur Gaststätte. Heute ist die Balzhütte ein Hotel, das Hegerhaus ist die hintere der beiden Gaststätten. Der Ort ist ein perfekter Ausgangspunkt für Wanderungen in die tiefen Wälder der Böhmischen Schweiz.

Rollerabfahrt ins Tal

Gut gestärkt treten wir den Rückweg an. Wir wählen wir uns einen wenig anstrengenden Weg. Wir folgen zunächst dem blauen Strich, nach etwa 300 Metern biegen mit der gelben Wegmarkierung ab ins Stammbrückental. Unternehmungslustige Gesellen ergreifen die an der Balzhütte angebotene Möglichkeit, mit einem Roller ins Tal zu flitzen. Das kann natürlich ein Gaudi für die ganze Familie sein. Aber Vorsicht! Vor dem Start die Wirksamkeit der Bremsen prüfen, es geht stramm bergab!

An der Rainwiese erwartet diese hölzerne Prebischtor-Kopie die Kinder zum Klettern. Foto: Peter Weckbrodt

An der Rainwiese erwartet diese hölzerne Prebischtor-Kopie die Kinder zum Klettern. Foto: Peter Weckbrodt

Schöner Spielplatz auf dem Rückweg

In Dittersbach beenden wir die geschätzte 10 Kilometer lange, aber uns doch ein wenig fordernde Wanderung. Auf dem Rückweg kann ein Stopp an der Rainwiese eingelegt werden. Hier kann gut gegessen werden, die kleinen Wanderfreunde erwartet seit Kurzem ein sehenswerter Spielplatz mit der Attraktion Prebischtor zum Erklimmen für die Kinder.

Autor: Peter Weckbrodt

Als Wanderkarte kann die „Böhmische Schweiz“ (Maßstab 1 : 40 000) aus dem Verlag von Dr. Rolf Böhm Bad Schandau empfohlen werden. Gute Dienste leisten auch die „Touristischen Fahrpläne 2015 Sächsisch-Böhmische Schweiz der Nationalparkregion Sächsisch-Böhmischre Schweiz. Weitere Informationen gibt es hier im Internet.

Anfahrt von Dresden (Karte: Google Maps):
  
Repro: Oiger, Original: Madeleine Arndt