Digitale Fernbetreuung für Herz- und Schlaganfall-Patienten auf dem Lande
Dresden, 14. Juni 2015. Sächsische Mediziner und Informatiker starten nach 15-monatiger Entwicklungszeit im Juli den Praxisbetrieb für das – nach Angaben des Sozialministeriums – größten Telemedizin-Projekts in Deutschland. „CCS Telehealth Ostsachsen“ soll mit drei Beispiel-Anwendungen den Einsatz digitaler Technologien in der Fern-Diagnose und Nachbehandlung in der Praxis austesten. Damit wollen die Partner neue Wege eröffnen, um die medizinische Versorgung vor allem auf dem Lande zu verbessern, wo es immer weniger Hausärzte und noch weniger Top-Spezialisten gibt. Der Freistaat und die EU investierten knapp zehn Millionen Euro in das Projekt. Sachsen – das auch Testgebiet für die elektronische Gesundheitskarte ist – will sich an die Spitze der Telemedizin-Entwicklung in Deutschland stellen.
1.) „Tele-Stroke“ für Schlaganfall-Patienten
Durch die elektronische Plattform ist es beispielsweise möglich, Schlaganfall-Patienten in ländlichen Gebieten durch Spezialisten anderer Krankenhäuser nach der eigentlichen Behandlung aus der Ferne weiter betreuen so lassen („Tele-Stroke“).
2.) „Telecoaching“: Fernbetreuung für Herzkranke
Das zweite Teilprojekt „Telecoaching“ wird vom Herzzentrum am Uniklinikum Dresden koordiniert. Ein Spezialisten-Netzwerk unterstützt hier die Ärzte vor Ort bei der Versorgung und Nachbehandlung von Herzkranken.
3.) „Telepathologie“: Gewebeproben-Scans werden zum Zweitbefund an Experten übertragen
Teilprojekt 3 nennt sich „Telepathologie“ und ist technologisch am anspruchsvollsten: Hier werden Gewebeproben von Patienten mit einem speziell entwickelten Hochleistungs-Scanner eingelesen und dann digital an Kliniken übertragen, wo Experten eine zweite Meinung zu den Diagnosen der Ärzte vor Ort abgeben. Da dabei auch Bilder und Labormessungen übertragen werden, sind in diesem Falle schnelle Datenleitungen gefragt.
Koordinator ist Uniklinik-Tochter „Carus Consilium“
Die Entwicklung hatte im März 2014 begonnen. Für „CCS Telehealth Ostsachsen“ arbeiten zahlreiche Partner zusammen: Das namensgebende „Carus Consilium Sachsen“ (CCS) übernimmt die Koordination, dabei handelt es sich um eine Tochtergesellschaft des Universitätsklinikums Dresden. Für den fachlich-medizinischen Part sind das Herzzentrum, die Experten-Kliniken und die angeschlossenen Haus- und Fachärzte zuständig. Die technische Infrastruktur hat die Telekom-Tochter „T-Systems“ entwickelt.
TU-Professor: Deutschland hinkt bei Telemedizin hinterher
Die Wirtschaftsinformatiker der TU Dresden wiederum koordinieren die Ärzte und die Ingenieure, die an dem Projekt beteiligt sind, und überwachen die Einhaltung internationaler Standards. Bisher hinke Deutschland in der Telemedizin deutlich hinter der weltweiten Entwicklung hinterher, sei über Insellösungen kaum hinausgekommen, schätzte Prof. Werner Esswein ein, der an der TU Dresden den Lehrstuhl für Wirtschaftsinformatik leitet. „Länder wie Spanien, Holland, Dänemark und Schottland sind da die Vorreiter“, sagte er im Oiger-Gespräch.
„Riesenchance für Sachsen“
Werner Esswein sieht insofern aus dem neuen sächsischen Pilotprojekt heraus „einiges Potenzial, dass sich daran noch größere Projekte anschließen“. Dies sei „eine Riesenchance“ für den Freistaat. „Unsere Vision ist es, dass solche Telemedizin-Lösungen bald für jeden sächsischen Bürger nutzbar sind.“
Autor: Heiko Weckbrodt
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