Hardware

WLAN-Bäume und Grüne-Welle-Apps für Radler

Tita, Leeloo und Vola Ve zeigten beim Hackathon in der SLUB ein funktionsfähiges Modell ihres WLAN-Baums, der nur dann seinen Internet-Funk anschaltet, wenn jemand für Wasser gesorgt hat. Die zwölfjährigen Schülerinnen aus Berlin hatten keine 48 h Zeit, um ihren Prototypen fertig zu bekommen. Foto: Heiko Weckbrodt

Tita, Leeloo und Vola Ve zeigten beim Hackathon in der SLUB ein funktionsfähiges Modell ihres WLAN-Baums, der nur dann seinen Internet-Funk anschaltet, wenn jemand für Wasser gesorgt hat. Die zwölfjährigen Schülerinnen aus Berlin hatten keine 48 h Zeit, um ihren Prototypen fertig zu bekommen. Foto: Heiko Weckbrodt

Junge Ostdeutsche zeigen beim Hackathon in Dresden, wie sie die Welt verbessern wollen

Dresden, 7. Juni 2015. Was sich Tita, Yola Ve und Leeloo da für den Weltverbesserungs-Technik-Wettbewerb „Hackathon“ in Dresden ausgedacht hatten, das hat zweifellos seinen besonderen Charme: Wer sich für die Umwelt abstrampelt, wird von den Bäumen der Großstadt mit kostenlosem Internet belohnt.

Das „Treefi“-Konzept der drei Zwölfjährigen aus Berlin: Stadtbäume werden mit WLAN-Sendern bestückt, ihre Äste tragen Schaukeln, daneben stehen Fahrrad-Hometrainer. Macht sich der Passant die Arbeit und tritt ordentlich in die Pedalen, erzeugt ein Dynamo Strom für eine Bewässerungsanlage, die wiederum den Baum tränkt. Ist der zufrieden, schaltet er seinen Internetfunksender ein – und der Passant kann seines Weges gehen und auf seinem Smartphone im Netz surfen. Beigetragen hat er oder sie dann ein klein bisschen für mehr Stadtgrün, für den freien Zugang zum Internet – und für die eigene Fitness. Und für Spiellustigere gibt es alternativ ja noch die Schaukel, um den Wasserfluss anzutreiben…

Warum gibt es das eigentlich nicht schon längst?

Das Konzept der drei Schülerinnen für die Stadt von morgen gab es heute zwar erst mal nur als – immerhin schon funktionierendes – Modell im Tischformat. Doch „Treefi“ fand bei Publikum und Jury des „Hackathons“ in der Sächsischen Landes- und Unibibliothek SLUB in Dresden viel Anklang. „Ich war richtig begeistert vom WLAN-Baum der drei Mädels“, sagte Mitorganisator Sven Keil vom Medienkulturzentrum Dresden hinterher. „Da fragt man sich plötzlich: Warum gibt es das eigentlich nicht schon längst?“

In kleinen Schritten die Stadt lebenswerter machen

Ziel des Wettbewerbs, den die „Open Knowlegde Foundation“ und das Medienkulturzentrum Dresden unter das Motto „Die Stadt der Zukunft“ gestellt hatten, waren im Übrigen nicht etwa marktfertige Produkte. Vielmehr ging es um Denkanstöße – und Beweise dafür, was mit etwas Kreativität, Bastel- und Programmiergeschick alles innerhalb eines Wochenendes im Grundsatz entwickelt werden kann. Ein Wettbewerb für Jugendliche im Alter zwischen zwölf und 18 Jahren, die nichts weniger wollen, als „die Welt zu verbessern“, wie Paula Glaser vom Mitveranstalter „Open Knowledge Foundation“ aus Berlin sagte.

Julian, Tigram und Paul und ihre intelligente Mülltonne - die bei der Präsentation allerdings etwas herumzickte. Foto: Heiko Weckbrodt

Julian, Tigram und Paul und ihre intelligente Mülltonne – die bei der Präsentation allerdings etwas herumzickte. Foto: Heiko Weckbrodt

Schlaue Mülltonne zeigt an, wenn sie genug hat

Und das Weltverbessern fängt mit den kleinen Dingen des Alltags an. So entwarf ein Team beispielsweise eine intelligente Mülltonne, die per Infrarot-Sensor erkenn, wenn sie voll ist, und dies dann auch mit blinkenden LEDs verrät. Bei der Abschlusspräsentation vor der Jury wollte der blaue Müllfresser dann zwar noch nicht so recht funktionieren – aber man muss sich ja bei neuen Entwicklungen immer Luft nach oben lassen 😉

Digitaler Einkaufs-Schnelllotse für den Supermarkt

Andere Teams befassten sich mit der Beschleunigung des Radverkehrs und dem leidigen Thema einkaufen. Darunter war zum Beispiel eine App „Meine grüne Welle“, die Radlern per GPS-Ortung anzeigt, ob ein Spurt vor einer Kreuzung noch lohnt oder nicht – je nachdem, ob die Ampel in erreichbarer Zeit auf Rot oder Grün umspringen wird. Andere Jugendliche programmierten einen digitalen Einkaufszettel als App, die zeitfressende Supermarkt-Besuche verkürzt, indem sie den Konsumenten auf dem schnellsten Weg zu den richtigen Regalen mit den Waren auf dem eigenen Einkaufszettel lotst.

App rechnet in Tauschbörsen Holz in Ziegel um

Ein weiteres Team schrieb – ebenfalls App-basiert – ein Datenbankprogramm für Tauschbörsen. Die jungen Tüftler denken dabei an Lagerhallen, in dem Anwohner zum Beispiel Holz, das sie nicht mehr brauchen, abladen und dafür zum Beispiel Ziegel eintauschen – die App rechnet dann gewissermaßen die Währung „Holz“ in „Ziegel“ um und zeigt, wo das Baumaterial gerade gelagert ist.

Nur 48 Stunden Zeit für Projektentwicklung

Knapp 40 Jugendliche aus Sachsen, Thüringen, Sachsen-Anhalt, Berlin und Brandenburg waren zum diesjährigen Hackathon nach Dresden gekommen, um Kreativität und Geschick an Lötkolben, Programmier-Schnittstelle und 3D-Drucker zu beweisen. Beraten von ehrenamtlichen Mentoren, hatten sie netto 48 Stunden übers Wochenende Zeit, um ihre Ideen bis zum Prototypenstadium zu treiben. Was bis zum Sonntag dann entstanden war, erwies sich als „unglaublich bunter Mix“, wie Sven Keil einschätzte. „Echt beeindruckend.“

Keine Eintagsfliege

Und das Ganze soll auch keine Eintagsfliege bleiben: Weitere Hackathons sind geplant. Nicht zuletzt darf man auch gespannt sein, ob das eine andere hier geborene Projekt vielleicht auch weiterentwickelt wird. Auch die drei „Treefi“-Tüftlerinnen wollen am Ball bleiben: Manchmal werde man als Mädchen schon ein bisschen komisch angeguckt, vor allem von Mitschülerinnen, wenn man beziehungsweise frau sich so für Codes und Technik erwärme, erzählten sie. „Aber Programmieren und Basteln macht doch Spaß“, sagte Yola Ve. „Vielleicht werde ich mal Programmiererin.“ Autor: Heiko Weckbrodt

Foto: Heiko Weckbrodt

Foto: Heiko Weckbrodt

Die Hackathon-Gewinner:

• Kategorie „Bester Code“: „Easy Bay“ (Tauschbörsen-Datenbank)
• Kategorie „Bestes Design“: „Taxi Travel Time“ (Dispatcher-Programm für Taxis)
• Kategorie „Weltverbesserer-Code“: „Intelligente Mülltonne“ (Mülleimer signalisiert, wenn er voll ist)
• Kategorie „Aha-Moment“: „Neulandeuphoria“ (Proxy-Rechner zeigt Zensur im Netz, indem er Bilder und Worte auf Internetseiten austauscht)
• Sonderpreis „Zukunftsstadt“: „Grüne Welle“ (Kreuzungs-Navi für Radler)
• Kategorie „Publikumspreis“: „Treefi“ (WLAN-Baum)

Repro: Oiger, Original: Madeleine Arndt