Forschung

DDR-Technik in Weltantwortmaschine

DDR-Technik für die Weltantwortmaschine: Die Protonenquelle von Manfred von Ardenne im CERN. Foto: Dieter B. Herrmann

DDR-Technik für die Weltantwortmaschine: Die Protonenquelle von Manfred von Ardenne im CERN. Foto: Dieter B. Herrmann

Dresdner Protonenkanone von Ardenne werkelt bis heute in Europas Kernforschungszentrum CERN

Dresden/Genf, 1. Juni 2015. Mit dem europäischen Kernforschungszentrum „CERN“ bei Genf assoziiert man meist neueste Hightech, tiefgekühlte Supraleiter und die Weltantwortmaschine namens LHC. Was nur wenige wissen: Bis zum heutigen Tage werkelt dort auch originale DDR-Technik, nämlich eine von Manfred von Ardenne entwickelte Protonenquelle, die ab 1950 im VEB RFT Messelektronik Dresden in Serie ging.

Prof. Dieter B. Herrmann. Foto: privat

Prof. Dieter B. Herrmann. Foto: privat

Er sei auch ganz verblüfft gewesen, als er das Gerät bei einem CERN-Besuch entdeckt habe, berichtete Astronom Prof. Dieter B. Herrmann, der zu DDR-Zeiten durch seine Wissenschaftssendung „Aha“ bekannt geworden war und kürzlich auf einem Ardenne-Symposium der Urania in Dresden über seinen Fund berichtete. Auf Anfrage hätten ihm die CERN-Forscher bestätigt: Ja, es handele sich um ein DDR-Duoplasmatron nach Ardenne-Entwurf und ja: Diese Protonenkanone sei immer noch betriebsbereit.

Der 16-jährige Manfred von Ardenne präsentierte 1933 eine von ihm verbesserte Braun'sche Röhre - eine Schlüsselkomponente für die Entwicklung des elektronischen Fernsehens. Fotograf unbekannt, Quelle: ADN, Bundesarchiv, Wikipedia, CC3-Lizenz

Der 16-jährige Manfred von Ardenne präsentierte 1933 eine von ihm verbesserte Braun’sche Röhre – eine Schlüsselkomponente für die Entwicklung des elektronischen Fernsehens. Fotograf unbekannt, Quelle: ADN, Bundesarchiv, Wikipedia, CC3-Lizenz

Roter Baron entwickelte Protonenquelle am Rande von Stalins Kernwaffen-Programm

Der Erfinder und Forscher Manfred von Ardenne (1907-1997) hatte dieses „Duoplasmatron“ 1948 entwickelt, als er am sowjetischen Atombomben-Programm mitarbeitete. In diesem Gerät entreißen gebündelte Elektronenstrahlen den eingeschlossenen Wasserstoff-Atomen ihre Elektronen. Übrig bleiben die Atomkerne, die in diesem Fall aus einzelnen Protonen bestehen. Solche vergleichsweise schweren Elementarteilchen können dann vom unterirdischen „Large Hadron Collider“ (LHC) unterm CERN in einem 26,7 Kilometer langen Kreis bis nahe an die Lichtgeschwindigkeit beschleunigt und dann gegeneinander geschleudert, um zu erkennen, was die Welt im Innersten zusammenhält, was beim Urknall passierte und ähnliche Fragen zu beantworten.

Im unterirdischen Ringbeschleuniger LHC tief unter dem CERN werden Protonen fast bis auf Lichtgeschwindigkeit beschleunigt und stoßen dann zusammen. Damit werden Zustände wie nach dem Urknall simuliert. Die dabei entstehenden Fragmente werden an Großanlagen wie hier dem Atlas-Detektor ausgewertet. Abb.: MPG

Im unterirdischen Ringbeschleuniger LHC tief unter dem CERN werden Protonen fast bis auf Lichtgeschwindigkeit beschleunigt und stoßen dann zusammen. Damit werden Zustände wie nach dem Urknall simuliert. Die dabei entstehenden Fragmente werden an Großanlagen wie hier dem Atlas-Detektor ausgewertet. Abb.: MPG

Serienproduktion später bei Messelektronik Dresden

Von Ardenne zog nach seiner Zwangsrekrutierung für Stalins Kernwaffenprogramm nach Ostdeutschland um, baute in Dresden das einzige private Forschungsinstitut der DDR auf und wurde später oft auch „Der Rote Baron vom Weißen Hirsch“ genannt. Die Entwürfe für seine Protonenkanone nahm er mit. Auf dieser Basis fertigte der VEB RFT Messelektronik Dresden dann das „Duoplasmatron“ in Serie. „Es wurde in alle Welt exportiert und ist im CERN noch heute konkurrenzlos aktiv an der Front modernster Forschung“, betonte Prof. Herrmann.

Autor: Heiko Weckbrodt

Repro: Oiger, Original: Madeleine Arndt