Dresdner Protonenkanone von Ardenne werkelt bis heute in Europas Kernforschungszentrum CERN
Dresden/Genf, 1. Juni 2015. Mit dem europäischen Kernforschungszentrum „CERN“ bei Genf assoziiert man meist neueste Hightech, tiefgekühlte Supraleiter und die Weltantwortmaschine namens LHC. Was nur wenige wissen: Bis zum heutigen Tage werkelt dort auch originale DDR-Technik, nämlich eine von Manfred von Ardenne entwickelte Protonenquelle, die ab 1950 im VEB RFT Messelektronik Dresden in Serie ging.
Er sei auch ganz verblüfft gewesen, als er das Gerät bei einem CERN-Besuch entdeckt habe, berichtete Astronom Prof. Dieter B. Herrmann, der zu DDR-Zeiten durch seine Wissenschaftssendung „Aha“ bekannt geworden war und kürzlich auf einem Ardenne-Symposium der Urania in Dresden über seinen Fund berichtete. Auf Anfrage hätten ihm die CERN-Forscher bestätigt: Ja, es handele sich um ein DDR-Duoplasmatron nach Ardenne-Entwurf und ja: Diese Protonenkanone sei immer noch betriebsbereit.
Roter Baron entwickelte Protonenquelle am Rande von Stalins Kernwaffen-Programm
Der Erfinder und Forscher Manfred von Ardenne (1907-1997) hatte dieses „Duoplasmatron“ 1948 entwickelt, als er am sowjetischen Atombomben-Programm mitarbeitete. In diesem Gerät entreißen gebündelte Elektronenstrahlen den eingeschlossenen Wasserstoff-Atomen ihre Elektronen. Übrig bleiben die Atomkerne, die in diesem Fall aus einzelnen Protonen bestehen. Solche vergleichsweise schweren Elementarteilchen können dann vom unterirdischen „Large Hadron Collider“ (LHC) unterm CERN in einem 26,7 Kilometer langen Kreis bis nahe an die Lichtgeschwindigkeit beschleunigt und dann gegeneinander geschleudert, um zu erkennen, was die Welt im Innersten zusammenhält, was beim Urknall passierte und ähnliche Fragen zu beantworten.
Serienproduktion später bei Messelektronik Dresden
Von Ardenne zog nach seiner Zwangsrekrutierung für Stalins Kernwaffenprogramm nach Ostdeutschland um, baute in Dresden das einzige private Forschungsinstitut der DDR auf und wurde später oft auch „Der Rote Baron vom Weißen Hirsch“ genannt. Die Entwürfe für seine Protonenkanone nahm er mit. Auf dieser Basis fertigte der VEB RFT Messelektronik Dresden dann das „Duoplasmatron“ in Serie. „Es wurde in alle Welt exportiert und ist im CERN noch heute konkurrenzlos aktiv an der Front modernster Forschung“, betonte Prof. Herrmann.
Autor: Heiko Weckbrodt
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